Hallo zusammen und direkt mal eine kleine Vorwarnung: Das hier wird etwas länger. Ich freue mich über jeden, der bis zum Ende durchhält.
Meine Freundin (25) und ich (26) sind mittlerweile seit fast 5 Jahren zusammen. Es ist insgesamt auch eine wirklich gute Beziehung (meine erste, ihre zweite): Wir passen schon ziemlich gut zusammen, es ist nie irgendetwas schlimmes vorgefallen, wir sind treu, und streiten tun wir eigentlich auch nie bzw. früher nie, mittlerweile ab und zu mal, aber alles im Rahmen. Auch Familie und Freunde finden den jeweils anderen super.
Das Problem: Ich fühle es einfach nicht mehr. Bzw. sind es mehrere Sachen, aber das Hauptproblem ist, ich liebe sie einfach nicht mehr wirklich, jedenfalls definitiv nicht mehr so, wie ich mir das vorstelle. Ich würde super gerne noch mal neue Frauen kennenlernen, aber auch einfach Zeit für mich ganz alleine haben. Wir sind früh zusammengezogen, wohnen schon fast vier Jahre zusammen und dann war da auch noch die Corona-Zeit, wo wir entsprechend auch nicht wirklich raus konnten. Dazu hat sie nicht wirklich Hobbys, keinen Job und studiert, aber ist eigentlich fast fertig und geht schon lange nicht mehr zur Uni. Ergo: Sie ist die ganze Zeit da. Ich bin aber jemand - und ich weiß da sind viele Leute anders - der sehr gut alleine sein kann und auch eine gewisse Zeit alleine braucht. Damit meine ich nicht nur bei meinen Hobbys wie Fußball, wo ich ohne sie bin, sondern auch einfach Zeit für mich alleine zuhause. Die habe ich aber seit Jahren kaum. Entsprechend fühlen sich diese fünf Jahre Beziehung eher an wie 8 oder 9 Jahre.
Klar, Kommunikation ist die Lösung, warum sage ich ihr nicht einfach, ich brauche mehr Zeit für mich und versuche, mit mehr Quality Time zu zweit unsere gemeinsame Zeit wieder zu verbessern und aufregender zu gestalten? Alles versucht. Ich fasse mal zusammen, wie es lief, seit die ersten Zweifel aufgekommen sind:
Vor gut anderthalb Jahren haben wir uns zusammengesetzt und gesprochen, weil sich ihr Studium auch schon damals dem Ende geneigt hat und das entsprechend ein Anlass war, um die Zukunft zu besprechen. Wir waren uns beide einig: Wenn wir noch mal zusammen umziehen in eine größere Wohnung, was mit ihrem Studiumende der Plan wäre, dann bleiben wir auch zusammen! Klar kann immer was passieren, aber dann ist halt schon das feste Vorhaben, wir ziehen das durch, bis der Tod uns scheidet quasi. Die Alternative: Wir sagen, das war echt eine schöne Beziehung, aber jetzt reicht es dann auch, wir wollen uns noch mal neu umschauen. Als wir darüber gesprochen haben, hatten wir beide noch keine Antwort darauf und wollten da nun ausführlich drüber nachdenken. Ich bin sowieso jemand, der sich viele Gedanken macht, alle Möglichkeiten in Erwägung zieht und keine Entscheidung leichtfertig trifft.
Wenig später also noch mal drüber gesprochen: Ihre Tendenz: Zusammenbleiben. Sie möchte das nicht beenden. Ich war mir hingegen nach wie vor unsicher, hatte Zweifel. Ihr Wunsch: Wir geben uns jetzt noch mal richtig Mühe, hängen nicht einfach nur alle Tage irgendwie aufeinander, sondern versuchen wieder mehr Quality Time zu zweit zu haben und sie versucht, mir mehr Zeit für mich alleine zu geben. Dass ich die gerne hätte, hatte ich mehrmals angesprochen. Spoiler: Es hat nicht funktioniert.
Das mehr alleine lassen hat sie überhaupt nicht hinbekommen. Die Quality Time klappte vielleicht so zwei Wochen. Wobei ich da zugegebenermaßen das Problem bin. Sie will durchaus immer wieder was zu zweit unternehmen, aber ich habe halt keine Lust. Klar zwinge ich mich dann manchmal und dann ist es jetzt auch nicht furchtbar, wir verstehen uns ja gut, aber ich habe das Bedürfnis einfach überhaupt nicht mir ihr richtig auszugehen. Das ist ja schon mal kein gutes Zeichen, behaupte ich mal. Wenn ich mir auch schon ganz im Gegenteil wünsche, dass sie endlich mal wieder ein Wochenende oder länger zu ihren Eltern fährt (die wohnen ein paar Stunden entfernt), damit sie endlich mal weg ist.
Haben wir nach einer Weile also erneut gesprochen, diesmal mit deutlich mehr Gewissheit bei mir: Ich möchte Schluss machen. Das ist meine klare Tendenz, habe ich gesagt und dass ich neue Leute kennenlernen möchte und ehrlicherweise habe ich damit auch schon abgeschlossen und seitdem steht der Gedanke felsenfest. Habe ich natürlich nicht ganz so knallhart formuliert. Sie möchte absolut nicht Schluss machen. Sie sagt, wir haben es ja in der Zeit dann doch nicht richtig versucht, die Beziehung wieder mehr aufleben zu lassen, und die Beziehung sei es wert, um sie zu kämpfen. Stimmt absolut, sage ich. Ist auch so. Es war eine wirklich gute Beziehung! Aber wir haben es ja nach unserem letzten Gespräch versucht und das hat ja seine Gründe, dass das nicht geklappt hat. Sie bittet mich darum, bitte nicht Schluss zu machen bevor sie ihr Studium fertig hat (ihr fehlte fast nur noch die Bachelorarbeit), denn sonst kriegt sie das nicht auf die Reihe. Danach dann noch mal reden. Ich stimme zu. Ich bin ja nicht komplett unglücklich oder so und möchte ja auch nur das Beste für sie. Ich sage aber auch, dass das nur fair ist, wenn sie das jetzt nicht ewig aufschiebt. Dass das alles so in der Schwebe hängt, belastet mich schließlich auch.
Dann ist leider ziemlich viel Mist bei ihr passiert. Bei ihrer Mutter wurde Demenz diagnostiziert, bei ihrem Vater Krebs und ihre Freundinnen waren auch alle nicht super gut drauf, fielen teilweise in Depressionen. Sie deswegen dann auch. Sehr schlechter Zeitpunkt, um dann auch noch Schluss zu machen. Also schwiegen wir das Thema lange tot, bis es dann irgendwann doch noch mal aufkam, weil sie nun Klarheit wollte. Ich sage zwar dass ich das Gespräch lieber verschieben würde, wenn die ganze Situation bei ihr was besser ist, aber sie will eine Antwort. Also mache ich Schluss. Daraufhin versucht sie sich mit sehr vielen Schlaftabletten in der Badewanne umzubringen. Bzw. sie hat es letztlich nicht versucht sondern die Tabletten sofort wieder freiwillig ausgekotzt, aber das ist natürlich heftig. Sie sagt, ich wäre der einzige der ihr noch Kraft gibt und aktuell einfach alles was sie hat. Sie verbietet mir Schluss zu machen. Nicht, solange es ihr so schlecht geht. Ich sehe ein, dass ihre Situation deutlich schlimmer ist als meine und ich meine Bedürfnisse hinten anstellen sollte. Also nehme ich das Schluss machen quasi zurück und wir ignorieren die Thematik bis vor einer Woche.
In der Zwischenzeit hat sich viel gebessert. Ihr geht es besser und sie lässt mir sogar etwas mehr Freiraum als vorher. Die Bachelorarbeit hat sie übrigens aber immer noch nicht angefangen, was in ihrer Situation aber ja auch verständlich gewesen ist. Der Krebs von ihrem Vater wurde erfolgreich entfernt. Und sie ist seit einigen Wochen in Therapie. Ich hatte die Hoffnung, dass ihre Therapeutin ihr zu einem Neuanfang rät und dazu, ein völlig neues Kapitel aufzuschlagen, was sie von mir nämlich nicht hören will. Aber von wegen: Sie sagt, dass es in der Tat schlimm wäre, wenn mit mir jetzt auch noch ihr letzter Anker wegbricht. Übrigens war die Reaktion meiner Freundin auf das letzte Gespräch, dass sie statt den Kontakt wieder mehr mit ihren Freundinnen zu pflegen, die sie zuvor etwas vernachlässigt hat, lieber sich voll auf meine Freunde fokussiert hat. Sie war schon vorher gut in meinem Kreis integriert, aber sie hat alles daran gesetzt, sich da jetzt komplett zu integrieren. Eigentlich ja schön, aber in unserer Situation fand ich das natürlich nicht so toll. Da wir das ganze Thema bis zuletzt totgeschwiegen haben, konnte ich da nicht viel zu sagen. Meine Familie liebt sie auch sowieso. Das macht das Schluss machen halt alles auch noch mal deutlich schwerer.
Vor einer Woche dann das bis jetzt letzte Gespräch. Sie freut sich, dass es alles wieder was besser zwischen uns gelaufen ist. Stimmt auch durchaus. Ändert an meinem Entschluss leider trotzdem nichts. Die Gefühle sind nicht mehr so da, es ist nicht mehr so wie ich mir das alles vorstelle, ich will neue Leute kennenlernen und auch immer noch einfach eine Zeit für mich alleine sein. Sie ist geschockt, dass sich das nicht geändert hat, obwohl es wieder besser lief. Sie bekommt nach langer Zeit wieder eine kurze Panikattacke. Ich ärgere mich über die Sache mit meinen Freunden. Sie sagt, sie hätte das gemacht, um mehr Zeit mit mir zu verbringen in Situationen in denen ich wirklich glücklich bin - bei meinen Freunden eben. Sie hat jetzt hier in unserer Wohnung alles umdekoriert und meint, auch das soll jetzt dazu beitragen, dass wir uns hier wieder mehr wohlfühlen. Ich beklage, dass ich nicht das Gefühl habe, ich könne frei entscheiden ob ich Schluss machen möchte oder nicht, sondern habe eigentlich keine Wahl. Zumindest nicht, wenn ich will dass das auch nur halbwegs versöhnlich endet. Und das möchte ich. Denn ich betone es noch mal, es war eine tolle Beziehung mit einem tollen Menschen. Aber so langsam scheint es die Option kaum noch zu geben, dass die Beziehung nicht in einem Drama endet.
Denn meine Entscheidung steht nach wie vor. Gegenwärtig ist alles nicht so schlimm, ich bin jetzt nicht super unglücklich - aber halt auch nicht glücklich. Und ich sehe die gemeinsame Zukunft einfach schon länger nicht mehr. Ich weiß, dass es normal ist dass die Gefühle irgendwann nicht mehr so da sind, wie früher. Aber das heißt ja nicht, dass man das so akzeptieren muss. Ich würde mich wahnsinnig gerne noch mal verlieben, noch mal die ganzen tollen Momente durchmachen - mit einem anderen Menschen. Ich würde gerne zum ersten Mal alleine wohnen, denn wie gesagt ich brauche diese Zeit für mich einfach, ich komme gut alleine klar, ich muss nicht sofort jemand neues kennenlernen. Aber auf Dauer gesehen will ich eben jemand neues kennenlernen. Und ich werde in ein paar Monaten 27. Ich würde jetzt schon gerne endgültig den Schlussstrich ziehen. Also was soll ich tun?
Vielleicht hat ja jemand irgendeine clevere Idee, auf die ich trotz aller Grübelei einfach nicht komme. Offene Beziehung ist für uns keine Option. Auseinanderziehen aber zusammenbleiben auch nicht. Einfach knallhart Schluss machen und es halt im Drama enden lassen? Würde ich wirklich gerne vermeiden. Aber ich sehe nicht, dass sie mich einfach so Schluss machen lässt. Es geht ihr zwar jetzt besser, aber ich bin immer noch der einzige Anker in ihrem Leben. Bei ihrer Familie ist sie nicht gerne. Ihre Freundinnen wohnen weiter weg und die sieht sie nur selten und zurückziehen will sie auf keinen Fall. Die Freundinnen die hier in der Nähe wohnen gehen ihr nur auf die Nerven. Die Bachelorarbeit hat sie immer noch nicht angefangen. Das Problem ist halt auch, dass sie mit der aktuellen Situation zufrieden ist. Nach ihr könnte man die Beziehung wohl einfach so wie sie ist für immer durchziehen. Einen kompletten Neuanfang, der ihr meiner Ansicht nach gut tun würde, will sie auf keinen Fall. Also einfach nicht Schluss machen und in einer für mich semi-glücklichen Beziehung weiterleben und meine Bedürfnisse komplett hinten anstellen? Das kann doch auch nicht die Lösung sein. So trist wie es hier vielleicht teilweise klingt ist es aber auch nicht. Wir lachen nach wie vor viel zusammen und haben Spaß. Ich würde sie auch gerne freundschaftlich in meinem Leben halten. Denn genau das ist sie für mich inzwischen nur noch: Eine gute freundschaftliche Freundin, für die ich schon länger leider nicht mehr das empfinde, was es für eine Beziehung bräuchte.
Respekt wer bis hierher gelesen hat und sorry für die ausführlichen Schilderungen, aber ich wollte die ganze Situation so gut wie möglich greifbar machen. Ich hoffe, jemand hat einen Rat. Vielen Dank schon mal!
15.01.2024 04:15 •
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