Zitat von Sternchen0: Ich verstehe es selbst nicht, nach dem ersten Schock war es so, dass ich gespürt habe wie sehr ich ihn liebe.
Sternchen, das war nur eine Reaktion auf den Schock. Da kommt einem das, was man verloren hat, immer wertvoller vor, als es tatsächlich ist. Bevor in dir nicht alles zur Ruhe gekommen ist, wirst du keine Klarheit haben.
Konzentrier dich nicht so sehr darauf, die Schwere des Vertrauensbruchs abzuwägen oder das Maß deiner noch vorhandenen Gefühle.
Es ist egal, ob du ihn noch liebst (und wenn du es davor getan hast, tust du es natürlich noch).
"Wer liebt verzeiht" oder "wer liebt, kämpft um den anderen" sind nette Haltungen.
Fakt ist aber auch "wer liebt, hintergeht nicht"
Überleg dir, wie weit du dich innerlich von ihm entfernen müsstest, um das zu tun, was er getan hat.
So weit hat er sich von dir entfernt.
Jetzt wo er dich verlieren könnte, sieht er, was er an dir hatte / hätte haben können, wenn er sich nicht abgewendet hätte. Das ist auch bei ihm möglicherweise nur eine Schockreaktion. Nicht zwingend der Schock, dich verlieren zu können. Eher der Schock, aufgeflogen zu sein, denn das hat er sicher nicht erwartet.
Das verblasst, sobald er dich wieder sicher hat und dann ist er eben, wer er ist, jemand, der sich aus einer bestehenden Partnerschaft stillschweigend entfernt, weil er den Beziehungsvertrag als optional betrachtet.
Ob er wieder chatten würde (oder weiter gehen würde), ist nicht relevant. Ob er dich wieder stillschweigend wegschieben würde, weil sein Wort dir gegenüber nichts wert ist, ist wichtig. Und wieso du das bisher akzeptierst hast (oder es dir nicht aufgefallen ist, wie weit weg er war)
Hier ist dein Anteil an der Situation. Entweder kennst du es nicht anders, oder du glaubst irgendwo in den Tiefen deines Unterbewusstseins, dass du nicht mehr verdienst oder dass du nichts besseres findest.
Da solltest du ansetzen. Ich würde, wenn jemand sich über einen längeren Zeitraum innerlich distanziert, direkt gehen. Wenn derjenige etwas hat, was ihn belastet, kann er ja wohl Bitteschön das Gespräch suchen. Wenn er das nicht tut, nehme ich das als Aussage und handle danach. Ich bin nämlich niemandes Mami. Wenn dann vom Anderen spätestens jetzt etwas sinnvolles kommt, kann man eventuell weitersehen. Aber da müsste schon verdammt viel Reflexion kommen. Wenn nicht, auch recht. Wer nicht genug investiert, um sich zu erklären, ist uninteressant für mich und meine Zeit nicht wert. Beziehungsarbeit müssen beide aktiv leisten. Ich sehe meine Rolle nicht darin, einen erwachsenen Menschen zu gängeln, seinen Part zu erfüllen. Wie gesagt, ich bin niemandes Mami.
Ob ich dann noch Gefühle habe, ist irrelevant. Das ist nämlich kein Freibrief und schon gar keine Verpflichtung, sich lieblos behandeln zu lassen.
Das ist Teil der Schuldumkehr, mit der uns von Egoisten das Gehirn gewaschen wird. "Wenn du mich lieben würdest, würdest du mir verzeihen" soll von "wenn ich dich lieben würde, hätte ich das nicht getan" ablenken und ist inzwischen schleichend zu einer gesellschaftlichen Forderung geworden, die letztlich dem "Opfer" die Verantwortung für den Scherbenhaufen zuschiebt.
Viel wichtiger ist hier "wenn du dich selbst lieben würdest, würdest du dir das nicht abverlangen, mit ihm jetzt zusammen zu bleiben"
Dass er die Beziehung gerne fortsetzen würde, ist klar. Er hat jemanden gefunden, von dem er sich lieben lassen kann, ohne wirklich emotional zu investieren, dem es genug ist, wenn er im Alltag nett und hilfsbereit ist. Er "liebt" dich, mag euer gemeinsames Leben. Warum soll er das aufgeben?
Aber bist du mehr, als das bequeme Lieblingssofa? Mit Menschen, mit denen man eine Beziehung auf Augenhöhe hat, redet man nämlich, statt sie zu hintergehen, oder?
Sieh da bitte genau hin, da ist in seiner Haltung zu dir und seiner Zuneigung für dich eine mächtige Schieflage.
Verzeihen solltest du, allein für deinen Seelenfrieden. Aber würdest du jemandem, der dich beklaut hat, wieder unbeaufsichtigt mit deiner Geldbörse alleine lassen, selbst wenn du ihm verziehen hast?
Das alles zu begreifen wird Zeit brauchen, Zeit, in der du wachsen und deine Defizite aufarbeiten kannst.
Das kannst du alleine oder mit ihm zusammen in einer Paartherapie. Letzteres ist eventuell sogar effektiver, weil ihr euch in euren Defiziten spiegelt.
Die Entscheidung über eure Zukunft, sollte aber erst danach stattfinden und bis dahin solltest du noch auf nichts einlassen, wozu du zu 100% ein gutes Gefühl hast.
Wenn er am Ende dieses Prozesses seine Defizite auch glaubhaft aufgearbeitet hat, findet ihr vielleicht auf einer neuen Ebene zusammen. Das ist dann aber wahrscheinlich nicht mehr so wichtig, weil du dich bis dahin weiter entwickelt hast.
Zwing dich nicht, etwas zu überwinden, was in dir vorgeht, das tut es nämlich aus gutem Grund. Bleib bei dir und setze dich nicht unter Druck.
Behandle dich, wie du jemanden behandeln würdest, den du aufrichtig liebst. Das sollte unter allen Umständen Priorität haben.