Hallo zusammen,
Ich hatte gestern das erste mal seit langem einen guten Tag und dachte, ich poste in diesem vor Traurigkeit triefenden Thread auch mal etwas Positives.
Ich war im Büro und es waren tatsächlich alle Kollegen da, die mein kläglich kleines Team zu bieten hat, wir waren gemeinsam Mittagessen und dann habe ich nachmittags sogar noch einen alten Bekannten im selben Gebäude getroffen, welchen ich noch von der Ausbildung kenne und den seit Jahren nicht mehr gesehen habe.
Anschließend hatte ich eine sehr gute und aufschlussreiche Therapiesitzung und abends sogar noch die Muße, mir etwas zu essen zu machen, Wäsche zu waschen und eine Runde spazieren zu gehen.
Heute morgen hatte ich dann mein inzwischen übliches Tief, konnte mich allerdings irgendwann aus dem Bett schälen und meinen Tag bisher halbwegs produktiv gestalten.
In der gestrigen Therapiestunde ist mir beim Erzählen bewusst geworden, wie sehr die Vorwürfe meiner Ex über mich jenen Vorwürfen ähneln, welche sie mir gegenüber über ihren ExEx (also der Ex vor mir) berichtet hatte.
Emotionale Distanz, Gefühlskälte, pipapo.
Jetzt könnte man sagen, dass meine Ex sich einfach zwei Mal an demselben Typ Mann die Finger verbrannt hat - ihr ExEx hat eine ähnliche Familienhistorie wie ich - oder man könnte annehmen, dass meine Ex vielleicht einfach an gesteigertes Bedürfnis an Aufmerksamkeit, Anerkennung und Wertschätzung hat.
Auch sie kommt aus etwas zerütteten Verhältnissen, war bereits als Jugendliche länger in Therapie (auch stationär) und hatte immer das Gefühl - zumindest habe ich das ihren Erzählungen so entnommen - nie das Gefühl, bei ihrer Mutter (und beim Vater sowieso nicht) an erster Stelle zu stehen.
Ich will meine Versäumnisse damit nicht unter den Teppich kehren, aber diese Charaktereigenschaft von ihr wird da sicherlich als Verstärker gewirkt und dafür gesorgt haben, dass sie über so etwas schlechter hinwegsehen konnte.
Und je mehr sie diese Zuneigung einforderte, während sie sich mir aber zeitgleich körperlich mehr und mehr entzog, haben nur dazu geführt, dass ich mich zeitgleich eingeengt und abgewiesen zugleich gefühlt habe.
Ich habe nochmal ein wenig in Joeyjo's Beitrag gestöbert und konnte durchaus einige Parallelen ausmachen, auch wenn das bei meiner Ex jetzt nie in Richtung krankhafter Eifersucht samt Kontrolle und Stalking ausgeartet ist.
Trotzdem gab es am Anfang unserer Beziehung, wo ich natürlich der tollste Hecht für meine Ex war und sie extrem meine Nähe gesucht hatte, durchaus ein paar red flags, über die ich damals aber wissentlich hinweggesehen habe.
1. Nach ca. 4 Monaten Beziehung waren wir gemeinsam auf einem Stadtfest, wo ich sie meiner Mutter und einigen Freunden vorgestellt habe. Eigentlich war das ein super Abend, nur leider neigte meine Ex dazu, bei zuviel Alk. (nicht, dass sie viel getrunken hätte, sie verträgt einfach nix) dazu, extrem emotional zu werden und am Ende des Abends ist sie einfach heulend davongelaufen und ich musste meine Freunde stehenlassen, um sie nicht allein nachts durch die Stadt geistern zu lassen und um erstmal zu verstehen, was abgeht. Leider weiß ich das bis heute nicht und sie vermutlich auch nicht und als ich sie am nächsten Morgen darauf ansprach meinte sie nur, es gebe nichts, wofür sie sich entschuldigen müsse. Ok.
2. Ein paar Monate später waren wir abends mit Freunden und Arbeitskollegen feiern und als ich mich länger mit einer ehemaligen Arbeitskollegin unterhielt, hat sie sich darüber bei mir echauffiert und ist anschließend wieder weinend abgezogen. Ich hinterher, ihr gesagt, dass das einfach nur ne alte Arbeitskollegin war und ich diesen Stress jetzt nicht jeden zweiten Monat gebrauchen kann mit Heulerei und Davonlaufen. Sie schlief bei mir und sagte mir am nächsten Morgen das erste Mal, dass sie mich liebt.
Ich erwiderte das damals nicht sofort, weil das für mich nichts ist, was man im Affekt nach so einem Abend sagt und erklärte ihr das auch so.
Ein paar Tage später erwiderte ich das Ich liebe Dich aufrichtig und aus ganzem Herzen und unsere Beziehung ging in die nächste Runde.
3. Sie wollte Silvester 2018/2019 - da waren wir ein gutes halbes jahr zusammen - unbedingt mit mir gemeinsam feiern und auch unsere getrennten Freundeskreise zusammenbringen. Ich wollte das eigentlich nicht, da ich mich auf einen Männerabend mit meinen Jungs gefreut hatte, doch sie sagte mir, dass sie dann nicht wüsste, wo sie sonst Silvester feiern sollte, also lenkte ich ein.
4. Als nach einem guten Jahr das Thema Zusammenziehen von ihr forciert wurde und ich zögerte, war ihre Antwort darauf, dass sie sich schon Gedanken um unsere Beziehung machen würde, wenn wir nicht langsam den nächsten Schritt gehen.
Man kann also durchaus sagen, dass sie sich nach und nach erfolgreich angezeckt hatte und das auch konsequent nach ihrem Tempo und ihren Vorstellungen durchziehen wollte.
Ich war damals eigentlich sehr zufrieden mit dem Status quo und den getrennten Wohnungen und hätte auch noch ein halbes oder ganzes Jahr mit dem Zusammenziehen warten können, um die Verliebtheitsphase erstmal komplett durchzuspielen und danach zu schauen, wo genau wir eigentlich stehen.
Tja und viele turbulente Jahre später stand ich ähnlich da wie Joeyjo.
Ich hatte den Zugriff völlig verloren und durfte mir im letzten halben Jahr unserer Beziehung auch durchaus einige Respektlosigkeiten anhören, so als wäre ich der letzte Larry.
Naja, ich will meine Anteile an der Trennung auf keinen Fall unter den Teppich kehren, aber vielleicht hatte es wirklich seinen Grund, dass ich mich über die Jahre emotional etwas zurückgenommen habe.
Am Ende bleibt meine Unfähigkeit, darüber zu sprechen und genau das gilt es anzugehen.
Mir graut es leider etwas vor den nächsten (und letzten) beiden Hundeübergaben.
Ich habe Angst vor den Gefühlen, die garantiert hochkommen werden, wenn ich sie sehe und auch unseren Hund, in dem Wissen, dass ich ihn dann vorerst nicht mehr haben werde.
Ich habe
a) Das Bedürfnis ihr zu sagen, dass ich sie liebe, weil ich das immer noch nicht getan habe und ich das als meinen letzten Trumpf sehe, noch etwas in ihr auszulösen.
Andererseits weiß ich selbst nicht, was ich mir davon erhoffe. Ich habe bereits zwei Mal das Gespräch gesucht und wurde komplett abgebügelt und will am Ende auch nicht als übergriffiger Creep dastehen.
b) Das Verlangen, sie zu fragen, wie lange das schon mit dem Next läuft, da mir dieser Gedanke keine Ruhe lässt und ich mir insgeheim eine Antwort erhoffe, die in mir wenigstens ein kleines bisschen Wut auslöst, um besser loslassen zu können.
Was meint ihr?
Puh, eigentlich sollte das ein kurzes positives Update werden, aber ihr seht, ich stecke noch voll drin.
Meine vorläufige Diagnose ist auch nicht ohne und ich spiele sogar mit dem Gedanken, mich mal für ein paar Wochen rauszunehmen und in eine stationäre Klinik zu gehen, um mich wieder aufpäppeln zu lassen.
Keine Ahnung, ob das übertrieben oder angemessen wäre. Ich müsste ohnehin mehrere Monate warten, bis ich aufgenommen werden könnte.
Gestern in der Therapie musste ich in einem Moment kurz lachen und direkt danach flossen die Tränen.
Ich konnte und kann es einfach nicht fassen, wie ich in den letzten Monaten so abschmieren konnte, während meine Ex ihr Leben einfach weiterlebt.
Es fühlt sich so an, als würde ich unfassbar viel Zeit vergeuden und wieder bei 0 anfangen müssen.
Grüße gehen trotzdem raus.
06.11.2024 15:51 •
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