Hallo zusammen! Ich weiß gerade echt nicht weiter und erhoffe mir von euch Hilfe bei meiner (Selbst-)Reflexion und vielleicht Lösungsvorschläge.
Ich bin nun seit Anfang des Jahres nach 5 Jahren Beziehung mal wieder single. In den ersten Monaten hatte ich aufgrund eines traumatischen (Verlust-)Erlebnisses sowieso keinen Kopf für und kein Interesse an Männern - ich war wie in der Zeit erfroren, voller Schuldgefühle. Als der Frühling kam, taute ich ganz langsam wieder fürs Leben auf, war aber immer noch sehr stark mit mir selbst und meinen eigenen Problemen beschäftigt.
Ich habe einen besten Kumpel, den ich seit über 20 Jahren kenne. Wir waren mal zusammen, hat nicht geklappt, seither sind wir freundschaftlich (ohne +) sehr eng verbunden. Er ist quasi sowas wie mein Bruder, meine Familie hier, da meine eigentliche Familie in einem anderen Land lebt. Das Gleiche gilt auch umgekehrt für ihn. Nach meinem traumatischen Verlust konnte ich nicht alleine in meiner Wohnung weilen und durfte erstmal ohne zeitlichen Limit zu ihm ins Gästezimmer ziehen. Er hat mich durch diese Phase sehr stark unterstützt, da ich anfangs alleine so gut wie einfach verhungert hätte.
Besagter Kumpel arbeitet in einem Lokal. Als das Wetter mal besser wurde, habe ich angefangen, 1-2-3 Mal die Woche dorthin zu gehen. Sie haben eine Art Lounge draußen und ich fühlte mich dort sicher aufgehoben - ich konnte meinen Kaffee oder einen Drink ohne Zeitdruck genießen, Buch lesen o.Ä. und war gleichzeitig unter Leuten, aber eben auch mit einem gewissen Abstand zu diesen. So kam es, dass ich dort einen neuen Kollegen von meinem Kumpel kennenlernte. Er warb anfangs um meine Aufmerksamkeit, aber ganz sanft, so dass ich das viel zu spät als Flirt bemerkte. Ich bin in der Regel leider etwas blind für so was, daher gehe ich davon aus, dass ich einiges an Signalen übersehen habe. Als ich ihn angefangen habe zu sehen, habe ich mich in ihn und seine Art verliebt. Eine Woche, nachdem mir das bewusst wurde, war er schon von jetzt auf gleich weg - einer der Chefs hatte ihn immer wieder schikaniert, er ist Italiener und wohl zu stolz, um das herunterzuschlucken.
Für mich fing ab da eine Art Hölle an. Ich war verliebt und das Objekt meiner Begierde war einfach weg. Es hat ca. eineinhalb Monate und sehr viel Mühe seitens meines besten Kumpels gedauert, bis ich ihn wieder gesehen habe. Das war Mitte August. Wir haben uns bis Ende August noch 3-4 Mal gesehen - zweimal haben mein bester Kumpel und ich ihn an seinem neuen Arbeitsplatz besucht (das eine Mal sind wir danach noch was trinken gegangen), einmal kam er seeeehr spät zu einer Party, die wir bei meinem Kumpel zu Hause veranstaltet hatten (fast alle anderen waren schon weg) und einmal war ich mit einer Freundin im Lokal essen, wo er jetzt arbeitet. Ich muss dazu sagen, dass der Typ teilweise 6-7 Tage die Woche arbeitet, von denen locker einige Tage in Doppelschicht, da er sich als Ziel gesetzt hat, sein eigenes Lokal aufzumachen und das Geld dafür braucht.
Dann war ich 3 Wochen weg bei meiner Familie im Ausland. Das, was als Urlaub und Erholung gelten sollte, wurde zum Albtraum. Meine Oma ist verstorben, bei meinem Vater bestand Krebsverdacht, ich hatte total Stress mit meiner Familie und es blieben Dinge von mir liegen, die ich dringend hätte erledigen müssen, um weitere Probleme zu vermeiden. Ich kam zurück und mein Kumpel und ich besuchten wieder das Objekt meiner Begierde. Nach seinem Feierabend gingen wir noch in eine Bar was trinken. Er kam mir etwas distanzierter als die Male davor vor, ich war ziemlich angespannt und wohl von Verlustängsten getrieben. Ein Kollege von ihm kam dann auch noch dazu, was mich noch mehr genervt hat. Mein Kumpel ist dann mit dem Rad nach Hause gefahren, ich bin mit den beiden Männern Richtung Haltestelle gegangen. Der Kollege ist auf dem Weg in eine andere Bar, ich und der Italiener gingen noch die letzten paar Hundert Meter zur Haltestelle. Dort musste ich runter zur S-Bahn und er hoch zur Tram. Bislang hatten wir uns immer mit Umarmungen verabschiedet, die sich jedes Mal sehr natürlich und etwas innig anfühlten. Nach der Party bei bei meinem Kumpel hatte ich ihn sogar etwas länger umarmt als sonst, woraufhin er quasi für eine zweite Umarmung zurückgekommen war, die wiederum nochmal länger dauerte - min. 10-15 Sekunden. Also initiierte ich an der Haltestelle eine Abschiedsumarmung, die von seiner Seite aus aber relativ kurz ausfiel. Dann hat er sich noch vergewissert, dass ich die Telefonnummer von meinem Kumpel hätte, falls es auf meiner Heimreise irgendwelche Probleme geben sollte - ich dachte mir dabei nur WTF?! und war völlig verwirrt, was ich mit noch einer Umarmung versucht habe zu überspielen. Diese fiel wie die vorherige aus.
Dann ging ich runter zur S-Bahn, um festzustellen, dass diese nicht fährt. Dann kam mir die tolle Idee, zu ihm hoch zu gehen und ihm ganz offen und demütig eine Umarmung anzubieten, mich quasi verletzlich zu machen und ihm zu zeigen, dass ich ihn mag. Das war auch das erste Mal, wo wir überhaupt jemals alleine zu zweit geblieben waren. Ich hatte in der Vergangenheit schon eine ähnliche Flirt-Geschichte mit einem anderen Freund von meinem besten Kumpel gehabt, wo immer wieder über Jahre gegenseitiges Interesse da war und eine Annäherung an den Zweifeln des Mannes und seiner Eifersucht auf die Freundschaft von mir und meinem Kumpel gescheitert war. Da waren auch immer wieder so Bemerkungen gekommen, die mich völlig unnötig mit meinem Kumpel in einen Topf warfen als ob er mein Partner wäre. Also bin ich hoch, er saß an der Haltestelle. Ich sagte, dass meine S-Bahn nicht fährt und habe ihn angeschaut und den einen Arm für eine Umarmung ausgestreckt, im anderen hielt ich meine Jacke. Er stand auf, umarmte mich (wieder) kurz und fragte, wie ich denn jetzt nach Hause fahren will. Ich sagte mit dem Taxi. Er war irgendwie irritiert, schaute nach der Anzeigetafel, wann seine Tram kommt (in 13 Minuten), dann hat er sich seitlich von mir gestellt, während ich gefühlt ins Leere starrte und versuchte, das irgendwie einzuordnen. Dann fragte er Was hast du heute gemacht?. Ich habe ihn angeschaut und ihm geantwortet An . gearbeitet. Warum? und dann ist mir noch in einem vielleicht leicht verächtlich-überrascht-enttäuschten Ton direkt im Anschluss daran rausgerutscht Smalltalk?. Er wusste wohl nicht, wie er darauf reagieren soll. Ich habe noch wenige Sekunden ins Leere gestarrt, Gute Nacht gewünscht, ohne ihn anzusehen und bin gegangen. Ich denke im Nachhinein, ich konnte einfach die Unsicherheit oder die Zurückweisung nicht aushalten und habe deshalb so gereizt reagiert.
Nun, dass ich absolut falsch gehandelt und ihn sehr unfair behandelt habe, ist mir relativ schnell klar geworden und es tut mir furchtbar leid. Ich habe mir eine Woche nach diesem Vorfall ein Herz gefasst, bin alleine ins Lokal, wo er arbeitet, und habe mir einen Kaffee bestellt. Er war höflich-distanziert. Ich habe ihn dann darauf angesprochen, dass ich ihn zuletzt etwas blöd behandelt habe, er meinte Alles gut, ich war auch müde. Mir war aus seinem Verhalten klar, dass nicht alles gut ist (Wie denn auch?! Ich hatte ihn ungerechtfertigt blöd behandelt) und fragte, ob er mit mir irgendwann in den nächsten Tagen VOR seiner Schicht einen Kaffee trinken oder ein Eis essen gehen mag, damit wir das aus dem Weg räumen. Ich wollte mich bei ihm entschuldigen und ihm erklären, wie es dazu kam. Er meinte nein, er sei müde. Ich habe nochmals betont, dass ich VOR seiner Schicht meine, da sein Deutsch noch einiges zu wünschen übrig lässt. Er meinte wieder Nein, ich bin immer müde, dann fügte er noch hinzu Wir reden später und ist weggegangen. Ab da hat er einen großen Bogen um meinen Tisch gemacht und mir kaum noch in die Augen geschaut. Ich habe noch kurz telefoniert, bis ich meinen Kaffee ausgetrunken habe, habe bezahlt und bin gegangen. Ich hatte das Gefühl, ihm wäre am Liebsten gewesen, wenn ich gegangen wäre ganz ohne Tschüss zu sagen.
Kann mich bitte jemand virtuell in den Arm nehmen und mir sagen, wie ich das wieder in Ordnung bringen könnte? Mir tut es so leid, wie ich ihn behandelt habe. Als ob er mir was schuldig wäre, nur weil ich den 3. Todesfall in diesem Kalenderjahr zu betrauern habe, mein Leben sich für mich seit Jahren total instabil anfühlt und ich totale Angst hatte, ihn auch noch wegen irgendwelcher Missverständnisse zu verlieren. Also habe ich das eigenhändig volle Kanne gegen die Wand gefahren. Dabei hat er mich fast immer gut behandelt, halt eben nicht so offensiv und deutlich, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich wollte mehr. Für meine Erwartungen und Sehnsüchte kann er aber nichts, wir waren ja noch beim Flirten.
07.10.2023 20:20 •
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