Mich kostet es viel Mut, meine Geschichte hier aufzuschreiben, aber der Leidensdruck ist immer noch groß.
Ich habe mich vor etwa 10 Jahren von meinem Mann getrennt, unsere Kinder waren noch relativ klein. Auslöser war, dass ich mich in einen Mann aus unseren Bekanntenkreis verliebt hatte. Bevor Ihr über mich urteilt, hier die Vorgeschichte:
Mein Ex-Mann war meine ganz große Liebe, ein interessanter, sehr intelligenter, aber auch extrem verschlossener Workoholic. Als wir uns kennenlernten war ich noch jung, hatte meine eigene Familiengeschichte noch nicht verarbeitet und hatte die weit verbreitete Vorstellung von der großen Liebe mit vollkommener Verschmelzung usw. usw. Dieser Mann war jedenfalls nicht zu knacken-wir waren über 20 Jahre zusammen und nach meinem Gefühl bin ich ihm die ganzen Jahre hinterher gerannt. Er hat wirklich jeden Konflikt ausgessen, nie etwas zugegeben und sich leider auch an die meisten Verabredungen nicht gehalten. Ich habe oft gedroht, ihn zu verlassen, es aber am Ende nie durchgezogen. Die letzten Jahre der Ehe hatte ich innerlich aufgegeben, ohne mir darüber im klaren zu sein. Da er die meiste Zeit beruflich auf Reisen war, war es sehr einfach, jeglicher Nähe aus dem Weg zu gehen. Merkwürdigerweise habe ich trotzdem immer geglaubt, wir würden uns nie trennen. Unfassbar.
Als sich dann der andere Mann um mich bemühte, bin ich wie eine reife Frucht zu Boden gegangen. Er ist das genaue Gegenteil von meinem Ex, spricht viel und interessant und ist absolut kein workholic, eher ein Schöngeist. Das ganze war eine emotionale Explosion für uns beide.
Jedenfalls hat mein damaliger Mann, als ich ihm nach einigen Wochen die Affäre beichtete einen wahnsinnigen Rosenkrieg entfacht, mit dem ich niemals gerechnet hatte. Mit einem Mal war die Liebe zu mir ganz groß und er wollte sich absolut nicht trennen, wir wurden in unseren Streiterein beide immer aggressiver, ich bekam Angst vor ihm und seinen Drohungen (das schaffst Du nie, ich mach dich fertig usw.), meine Kinder bekamen das ganze Theater leider teilweise mit.
Ich habe dann den Entschluss gefasst von heute auf Morgen in eine andere Stadt zu ziehen, habe alles im Haus gelassen und versucht eine volle Stelle zu finden, um meine Kinder ernähren zu können. Selbstverständlich war er nicht bereit Unterhalt zu zahlen, mir war das aber egal, ich wollte nur fort aus diesem Druck und weg von den Beschimpfungen. Die Affäre trat vollkommen in den Hintergrund, ich zog ja auch etliche hundert Km weg von ihm.
Es gab dann noch mal kurz einen Versuch von am Wochende Kinder wechselweise bei Vater/Mutter, ich will da nicht ins Detail gehen, aber er sagte z.B. zu seinen noch kleinen Kindern Eure Mutter ist ein Ar. und ähnliches.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich ziemlich erleichtert war, als er sich nicht mehr meldete. Meine Kinder und ich sind dann mehrere Wochen zusammen in den Urlaub gefahren und es gab endlich wieder Lachen, gute Stimmung und Entspannung. Von mir aus habe ich dann keinen Kontakt mehr zu dem Vater meiner Kinder gesucht und ihm auch nicht meine neue Adresse mitgeteilt (allerdings kannte er ihre Schule) - eine Schuld mit der ich bis heute nicht fertig werde.
Er hat sich von sich aus ebenfalls nicht wieder gemeldet, bis vor 1 Jahr über komplizierte Wege herauskam, wo er lebt. Ich habe dann den Kontakt hergestellt, seitdem hat er einige Male die Kinder gesehen und ihnen erzählt ich hätte sie vor ihm versteckt und er wäre fast gestorben vor Leid. Nun hat er wohl aber gerade wieder eine neue Liebe und hat keine Zeit mehr für sie übrig. Im Mai sprach er davon, dass sie sich ja mal Weihnachten sehen könnten. Beide hatten auf eine kurze gemeinsame Reise im Sommer gehofft.
Mein Problem sind meine gigantischen Schuldgefühle, die mir wie ein bleierner Gürtel die Luft abschnüren. Ich kann einfach nicht aufhören darüber nachzudenken, ob und dass ich mit ihm hätte zusammenbleiben müssen, dass ich nie mit einem anderen hätte was anfangen dürfen etc.
Ich habe immer noch das Gefühl, meine Familie verraten und meinen Kindern schwer geschadet zu haben. Von außen ist ihnen nichts anzumerken, sie sind sehr erfolgreich mit ihren Ausbildungen und auch sozial sehr eingebunden. Meine Tochter allerdings weint nun öfter über die Ablehnung, die sie in ihren Augen von ihrem Vater erfährt und ich tröste sie dann, obwohl ich ja eigentlich die Verursacherin des Problems bin. Das ganze vergällt mir das Leben und ich sehne mich entweder nach der Zeit zurück in der wir noch eine normale (ha,ha...) Familie waren zurück oder aber nach der Zeit, als die Kinder keinen Kontakt zu ihrem Vater hatten.
Vielleicht besteht auch ein Teil der Schuld darin, dass ich nicht genügend versucht habe, um die Ehe zu kämpfen.
Ich bin sehr gespannt auf Eure Meinung dazu.
09.08.2012 19:53 •
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