Liebe Charlotta,
ich kann Dich so gut verstehen und es tut mir so leid, dass Du das durchmachen musst. Ich habe in den ersten Wochen auch furchtbar an mir gezweifelt und genauso gedacht wie Du: Wie soll ich jemals wieder jemanden vertrauen, wie soll ich mir selbst vertrauen, wo ich mich doch scheinbar so sehr in diesem Menschen getäuscht habe?
Mittlerweile denke ich ein bisschen anders darüber, das liegt aber wahrscheinlich zum großen Teil daran, dass ich generell jemand bin, der immer versucht, sein Gegenüber zu verstehen und auch dessen Sichtweise mal zu betrachten. Neben der Trennung und der Eifersucht war es das Schlimmste für mich, dass ich mich zutiefst in meinem Ex getäuscht hatte.
Durch viele Gespräche mit meiner Familie und Freunden und letztendlich auch noch mit meinem Ex bin ich nun zu einer anderen Überzeugung gekommen. Familie und Freunde sagen mir, dass ich mich nicht getäuscht habe. Mit einigem Abstand fällt es nun auch mir leichter, einige seiner Wesenszüge so zu sehen, wie sie sich auch jetzt darlegen. Grundlegend war und ist mein Ex genau der Mensch, für den ich ihn gehalten habe. Nur macht uns die Nähe in einer Beziehung doch ein bisschen blind für Dinge, die ich nun, mit Abstand und durch Gespräche, sehen kann.
Ich habe zwei Gespräche mit meinem Ex geführt, eins nach 2 Wochen, eins gerade vorgestern nach 5 Wochen. Es gab einfach so viel zu klären und es gab einen Vorfall, der mich zur Klärung und diesem letzten Treffen nötigte. Ich kann eine Entwicklung bei ihm verzeichnen, die mir zumindest momentan die Gewißheit gibt, dass ich mich nicht komplett in ihm getäuscht habe. Vor 2 Wochen hat er eher noch gereizt darauf reagiert, dass ich ihm solche Vorwürfe gemacht habe, dass er mich DIREKT ausgetauscht hat. Vor 3 Tagen hat er meiner Meinung nach zum ersten Mal überhaupt begriffen, WAS er mir wirklich damit angetan hat. Er bereut es, so vorschnell gehandelt zu haben und es tut ihm leid. Ich denke Männer im allgemeinen und mein Ex im Besonderen sind Meister im Verdrängen, bzw. gehen mit Gefühlen einfach anders um. Er war neu verliebt, alles andere wurde ausgeblendet. Er hat ja korrekt Schluß gemacht, dann kam erstmal nur Egoismus.
Er hat mir interessanterweise auch noch gesagt, dass außer mir und einen Tag vorher eine gute Freundin und meine Schwester, die sich alle bis dato rausgehalten hatten, noch NIEMAND gesagt hat, wie Ar., fies und gemein die Aktion war. Konnte ich erst gar nicht glauben, aber möglich ist es schon. Ich will ihn nicht in Schutz nehmen, denn für mich ist selbstverständlich, dass man sowas nicht macht und es sagt einem der gesunde Menschenverstand, dass das ein no-go ist und sehr verletzend. Da brauche ich nicht jemand anderen, der mir das sagt. Wenn die Umwelt aber eher zurückhaltend ist und sich niemand ausführlich darüber ausläßt, was man sich denn um Himmels Willen dabei gedacht hätte, dann kann ich mir gut vorstellen, dass man sich selbst einredet, es wäre gar nicht so schlimm.
Als meine Freundin ihn angerufen hat und er wohl zum ersten Mal von jemanden mit Kritik auf sein Verhalten angesprochen wurde, da hat es meiner Meinung nach Klick gemacht. SIe hat sogar angefangen zu weinen, weil es sie auch so mitnimmt. Darüber war er sicher sehr schockiert.
Mittlerweile erscheint er mir etwas ernüchtert, die erste Verliebtheit ist weg und mit der Neuen gitb es wohl auch schon Probleme. Er sagt es wächst ihm alles über den Kopf und es ging so schnell.
Ob ich es ihm jemals verzeihen kann, das weiß ich noch nicht. Aber ich habe wieder ein bisschen Vertrauen gefasst, dass der Mensch, den ich über alles liebe, vielleicht doch nicht ein 100%iges Hinterteil ist, sondern nur zu 75%. Ich weiß, viele werden den Kopf schütteln und es kann sehr gut sein, dass ich in ein paar Tagen erneut total enttäuscht sein werde, weil ich mir wieder etwas vorgemacht habe.
Aber man kennt den Menschen doch, man hat viele Jahre zusammen verbracht und momentan kann ich nicht anders, als zu glauben, dass er seine Vorgehensweise sehr bereut. Natürlich heißt das nicht, dass er zurückkommt, dass musste ich erneut sehr schmerzlich erfahren. Aber ich kann mit einem besseren Gefühl abschließen. Für den Moment...
Liebe Charlotta, es wird noch ein paar Tage dauern, bis Du wieder einigermaßen auf dem Damm bist. Aber es wird. Sprich mit Freunden, Deiner Familie, nimm auch deren Kritik an Deinem Freund, vielleicht auch an Deinem Verhalten während der Beziehung, an. Mir hat das tägliche! Sprechen und Reflektieren darüber bereits sehr viel geholfen, ich sehe mich, ihn und unsere Beziehung schon viel klarer, und das nach knapp 5 Wochen. Einige Charaktereigenschaften von ihm treten nun in ein anderes Licht. Niemand soll ihn beschimpfen oder Eure Beziehung mit den Worten das wäre sowieso nie was geworden abtun. Bitte Deine Freunde und Familie, ehrlich, aber nicht verbittert oder voller Hass mit Dir darüber zu sprechen. Ich bin über jede Sichtweise von Außen überaus dankbar. Ich stimme nicht mit allen überein, denn nur ich kenne meinen Ex schließlich in- und auswendig. Aber es ist erstaunlich, wie sehr sich manche Aussagen von verschiedenen Personen ähneln. Es gibt viel zum Nachdenken, manches wird Dir wehtun, das Meiste ist aber einfach nur hilfreich.
Es tut sauweh, jeden Tag. Ein Leben ohne ihn, schwer vorstellbar, ja, unerträglich.
Aber ich glaube, dass ich eines Tages so weit sein kann, dass ich ihm, wenn nicht verzeihen, so doch wünschen kann, dass er sein Glück findet. Du und ich, wir müssen lernen, dass WIR nicht das Glück für unsere Expartner sind, so wie sie es scheinbar für uns waren.
Schreib weiter in dieses Forum, lies die anderen Schicksale, und halte Dir immer vor Augen: ES WIRD BESSER! Es wird lange, lange wehtun, aber die Hoffnungslosigkeit, die Sinnlosigkeit und die Einsamkeit gehen irgendwann vorüber.
Halt die Ohren steif und fühl Dich gedrückt!
03.08.2011 10:59 •
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