Tja, wir lernen und leben durch unsere Erfahrungen.
Wir leben und erfreuen uns an dem Bild von uns, wie wir gerne wären - bis ins das Schicksal eines Besseren belehrt.
Dazu gehören auch Reaktionen, Antworten und Konsequenzen auf Geschehnisse, die wir uns worst case vorstellen.
Aber eine Vorstellung ist imaginär und eben nicht real und unsere gedachten Reaktionen sind es eben auch nicht.
Ist dieses worst case-Szenario dann plötzlich irgendwann Realität, lernen wir (zum Teil schmerzhaft), dass wir dann doch so ganz anders reagieren - nicht schlechter, sondern anders - eben korrigiert und der jeweiligen Situation entsprechend.
Und so lernen wir uns selbst tatsächlich kennen.
Eine Affäre zu verzeihen war für mich eines der schwierigsten, aber auch für mich persönlich bereicherndsten Erfahrungen, die ich in meiner Partnerschaft machte.
Versteht mich nicht falsch, ich bin nicht froh, die Affäre meines Mannes erlebt zu haben, aber ich erkenne es als eine meiner Lebenserfahrungen an und erkenne und achte ebenfalls, was es mich (uns) lehrte.
Ich denke, mein Mann würde dies ebenfalls komplett so unterschreiben.
Zitat von Trust_him: Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, würde mein Mann mich nochmal betrügen.
Tja, auch wenn es jetzt sicherlich ansatzweise spekulativ ist, würde ich dennoch behaupten, dass es keine weitere Chance von meiner Seite gäbe.
Die Affäre meines Mannes, die mittlerweile über 5 Jahre her ist, ist wirklich verziehen und spielt NIEMALS eine Rolle - auch nicht in kontroversen ind schwierigen Diskussionen.
Ich ziehe niemals diesen Joker - anderenfalls wäre es nämlich in meinen Augen nicht verziehen.
Auch sehe ich unsere jetzige Beziehung zueinander als deutlich tiefer, enger und ehrlicher.
Es ist so viel bereichernder und besser, dass ich mich manchmal frage, mit wie wenig ich damals zufrieden war.
Wir sehen uns heute viel klarer und sind uns bewusst, nicht selbstverständlich füreinander zu sein.
Leider war diese leidvolle Krise notwendig, um dies zu ermöglichen. Trotzdem würde ich mir diese schwierige Zeit nicht zurück wünschen.
Aber auch mein Mann würde sich lieber auf den Mars wünschen.
Auch er musste akzeptieren, dass er nicht ohne Fehl und Tadel ist.
Er musste akzeptieren, dass ich ihn lügend sah - mit anderen Worten, dass er vor meinen Augen nie wieder der Mensch sein wird, der nicht lügen und betrügen kann.
Dies zu erkennen und zu akzeptieren, war und ist nicht leicht für ihn.
Aber, das ist sein Preis, den er zu zahlen hat
Nun, er bat mich um Verzeihung.
Was bedeutet es denn, zu verzeihen?
Schließt es ein, dass der, dem verziehen wird, damit dann vollständig rehabilitiert ist?
JEIN!
Auch wenn ich verzeihe, vergesse ich nicht!
Trotzdem würde es nicht funktionieren, wenn ich nicht erkennen könnte, dass derjenige, der um Verzeihung bittet, auch ganz klar das, was geschehen ist, bedauert.
Es ist so wichtig, dass er ab jetzt ehrlich und aufrichtig ist und dass er glaubwürdig erklärt und willens ist, dies nie wieder zu wiederholen.
Somit. . .
Wenn ich verzeihe, erkenne ich an, dass mein Partner aus ganzem Herzen bedauert und mich um Verzeihung bittet.
Wenn ich verzeihe, bin ich bereit, dies alles hinter mir zu lassen und unserer Partnerschaft eine neue Chance einzuräumen.
(Naja, vielleicht können auch manchmal Menschen verzeihen, die trotzdem zu keiner weiteren Chance bereit sind. Auch das ist zu akzeptieren.)
Wenn ich verzeihe bin ich aber auch bereit, einerseits die Rolle des Opfers als Betrogene und andererseits die Rolle der Richterin zu verlassen.
Denn dann bemühe ich mich um Augenhöhe.
Denn Opfer sein hieße tiefer und
Richter sein hieße höher zu stehen.
Beides funktioniert langfristig nicht.
Nur Bemühen ist keine Einbahnstraße.
Wir bemühen uns beide umeinander.
Ich kann dazu nur sagen, dass es bei uns seit etlichen Jahren funktioniert.
Ja klar, ist und war es nie bedingungslos.
Mein Mann musste ne Menge liefern.
Aber auch ich musste viel lernen und letztendlich auch liefern.
Zuerst einmal musste ich verstehen, erkennen und verzeihen, dass er so egoistisch handeln konnte.
Denn. . .
Entgegen vieler Aussagen hier im Forum, die besagen, dass das Eingehen einer Affäre jeden treffen könnte, behaupte ich jetzt einfach mal, dass ich mich NIEMALS zu einer Affäre hätte hinreißen lassen.
Damit sage ich aber nicht, dass ich ohne Fehler bin und immer nur tadellos reagieren.
Übrigens, das ist auch etwas, was ich dabei gelernt habe - nämlich, dass auch ich nicht fehlerfrei bin.
Aber eine Affäre wäre ich trotzdem nie eingegangen.
Und somit hatte und hätte ich auch NIEMALS versucht, einer anderen Frau ihren Partner auszuspannen - no way!.
Und - glaubt mir - ich weiß wovon ich spreche. Denn genau das hatte meine damals beste und längste und vertrauteste Freundin versucht - nämlich mir meinen Mann auszuspannen.
Ich sage ganz bewusst nicht wegzunehmen denn er gehörte mir nie.
Dennoch war mein Leben eng mit seinem verwoben. Dies zu lösen, wäre niemals ohne Verletzungen möglich gewesen. Dies spielte für sie damals aber keine Rolle. Sie wäre weitergegangen, wenn mein Mann nicht zu guter Letzt die Reißleine gezogen hätte.
Nun, sie, als meine beste Freundin agierte super egoistisch und mein Mann als ihr damaliger AP ebenfalls.
Auch wenn ich heute anerkenne, dass beide mittlerweile ihre damaligen Handlungen zutiefst bereuen und bedauern (eine lange Geschichte), bin ich mir dessen dennoch bewusst,
Aber es hinterlässt keinen Groll mehr.
Denn fehlerfrei sind wir alle nicht - kein einziger von uns.
Auch ich nicht!
Und auch das ist eine für mich wichtige Erkenntnis.