Ich habe vor ein paar Monaten einen Mann in einem Aufzug kennengelernt. Es war ganz romantisch. Wir stellten fest, dass bei uns beiden da etwas gefunkt hatte. Leider war ich beruflich in Übersee unterwegs und mein Aufenthalt war dort schnell beendet. Wir hatten eine schöne Zeit zusammen. Waren uns sehr sympathisch.
Da wir beide sehr sehr weit auseinanderleben, blieb zunächst nichts weiter als uns zu schreiben oder miteinander zu skypen. Auch in dieser Zeit war es ein auf und ab. Mal wollten wir recht viel Kontakt, mal war es eher still, was eher an ihm lag. Zugegeben hat er nicht den leichtesten Rucksack zu tragen, was vergangen Beziehungen angeht.
Aber ich ließ ihn gewähren, weil ich der Meinung bin, dass man mit Druck nicht viel erreicht. Jeder bleibt ja doch in seinen Grenzen. Ja und ich akzeptierte seine Möglichkeiten, seinen Rahmen. Emotional war schon diese Zeit sehr anstrengen für mich. Ich gehöre leider nicht zu den Menschen, die ihre Gefühle so schnell weglegen können. Aber mein Herz sagte mir, dass ich bei diesem Mann wirklich dranbleiben sollte, auch wenn es nicht ganz leicht wird. Er ist einwenig schrullig, in manchen dingen eher unbeholfen aber ausgesprochen liebenswürdig und auch fürsorglich.
Vor drei Monaten meinte er dann, dass er in Europa sein wird. Wir mieteten uns also eine kleine Wohnung am Wasser, weil wir das beide so gern mögen. Diese Wochen waren wunderschön. Es war erstaunlich, wie sehr wir auf einer Welle schwammen. Es war gleich ein ganz enger Draht zueinander, eine Vertrautheit, die ich auch in vorherigen Beziehungen nur bedingt hatte. Weil wir es ja sonst nicht haben, waren gerade so alltägliche Dinge schön. Als er abreiste, weil er noch berufliche Termine hatte und zu seiner Mutter (sie lebt auch in Europa) reiste, bevor er zurückflog, war eigentlich noch alles ganz in Ordnung. Wir hatten beide Pläne, wie wir uns weiter kennenlernen können aber auch gucken könnten, wie wir unsere Leben so Schritt für Schritt zusammenbringen könnten. Das hatte mir gefallen. Alles darf seine Zeit haben aber man definiert trotzdem einen gemeinsamen Plan.
Nach der Abreise begannen wir also wieder zu schreiben, wobei schon die ersten Nachrichten nüchterner, kurz angebunden wirkten. Zunächst machte mich das nicht stutzig, weil ich weiß, wie voll sein Terminkalender ist. Die Woche, die er bei seiner Mutter war schrieben wir nicht. Diese Zeit gehört ihnen, da sie auch schon sehr alt und krank ist. Zurück bei sich zu Hause schrieb er erneut, wie schön er es fand und dass er zwar bei seinem nächsten Aufenthalt in Europa nicht zu mir kommen kann, aber hofft, dass wir uns noch in diesem Jahr erneut sehen werden, weil ich eine Anstellung in Kanada bekommen habe. Danach folgten eher unterkühltere Nachrichten, die mich verwunderten.
Also nahm ich mir ein Herz und fragte, was sei und das mich seine Distanz traurig stimmt. Er antwortete wie immer prompt und sagte, dass er emotionale Distanz für besser hält, da ich ihm nicht aus dem Kopf gehen würde. Weil wir uns jetzt aber so lang nicht sehen, benötigt er seine Konzentration für seine Arbeit.
Was mir zwar einleuchtet, aber unglaublich weh tut.
Dazu muss ich sagen, dass ich eine ganz liebevolle Person bin. Mir sind meine Lieben wichtiger als meine Arbeit, wobei ich auch diese sehr gern habe. Jemanden aber versuchen wie eine Hose in den Schrank zurückzulegen, weil die damit verbundenen Gefühle kneifen, auf so eine Idee würde ich nicht kommen! Im Gegenteil ich würde daran arbeiten, dass ich meine Sehnsüchte in einer angemessenen Form ausleben kann. Das heißt nicht, wie eine Klette anrufen oder E-Mails im Minutentakt senden, aber ebenso gut es auf diese Entfernung geht, Rituale erarbeiten. Mal eine kleine Nachricht schreiben, sowas eben.
Von oben beschriebener Nachricht war ich geschockt, weil ich damit nicht gerechnet hatte. Das sagte ich ihm auch. Lieb und verliebt wie ich bin, nahm ich mir ein bisschen Zeit und suchte nach einem Kompromiss. Ich meinte, dass wir uns dann den Sommer eben nicht kontaktieren. Das war ihm nicht recht, weil er wolle ja selbst ab und an schreiben aber auch von mir wissen wie es läuft. Ich überlegte also wieder, wie ich die Situation gestalten könnte. Sagte ihm, dass seine unspezifischen Zeitangaben, die in seinen Nachrichten standen, für mich absolut unzumutbar sind. Mir es also recht wäre, wenn wir uns zumindest Zeiten ausmachen könnten. Er willigte ein und gab den Rhythmus vor den er dann nicht einhielt.
Nun bin ich in einer Zwickmühle und finde gerade meinen Weg nicht. Ich kann mich ganz schlecht auf meinen Alltag konzentrieren, schaffe meine Arbeit nicht, weil ich sehr auf diese Situation fokussiere. Er fehlt mir! Gleichzeitig versuche ich ihn, irgendwie aus meinem Kopf zu bekommen, was aber auch nicht gelingen will. Ich versuche mich auf schlechte Dinge zu konzentrieren aber auch das will nicht klappen, versuche meinen Alltag zu strukturieren, dass mir keine Zeit bleibt, um an diese Sache zu denken es klappt nicht. Ständig ist die Hoffnung da, dass sich doch noch alles zum Gutem wendet! Ich bin mir aber auch nicht schlüssig, ob ich an so einem Mann festhalten soll.
Kann mir jemand helfen? Was habt ihr in solcher Situation gemacht? Vielleicht fehlt mir auch einfach eine Bedienungsanleitung für Männer! Vielleicht sehe ich es schlimmer, als es ist oder bemerke ganz Offenkundiges nicht! Bitte helft mir!
Ich bedanke mich schon jetzt für jede Antwort!
12.07.2018 16:38 •
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