Hi,
ich bin zur Zeit ziemlich verzweifelt und weiß nicht weiter.
Ich habe meinen Freund kennen gelernt im Februar.
Ich kannte seine Schwester, wir haben uns zweimal zufällig getroffen, auf der Straße, als ich mit ihr unterwegs war.
Er hatte sie immer über mich ausgequetscht und es nach einem Monat dann doch mal geschafft, mich nach der Arbeit allein abzufangen und mich anzusprechen.
Seit dem Treffen danach sind wir eigentlich unzertrennlich gewesen.
Es lief sehr gut.
Allerdings stehen wir nun vor einem großen Problem.
Er ist kein Deutscher.
Er ist damals her gekommen, um seinen Master hier zu machen, etwas zu arbeiten, sich etwas aufzubauen.
Gewohnt hat er bei seiner Tante. Jetzt ist er eigentlich viel mehr bei mir. Oder bei seiner Schwester.
Alles, aber auch wirklich alles, was er angefasst hat, ist schief gegangen.
Er hat den Sprachtest für's Studium nicht geschafft (könnte ihn aber wiederholen).
Er darf nicht arbeiten, bzw. nur in den Ferien, findet aber nichts.
Er hat keinen Studienplatz gefunden zum Wintersemster.
Die Ausländerbehörde blockiert irgendwie alles, jedesmal ist es ein Krampf, das Visum wieder für drei Monate zu verlängern, wir stehen jedes Mal wieder vor diesem Problem.
Seine Familie und ich kommen finanziell für ihn auf.
Er wird immer unmotivierter, frustrierter und ich glaube, er hat schon aufgegeben daran zu glauben, dass er hier jemals ein normales Leben führen kann.
Am 30.09. jetzt ist sen Visum mal wieder abgelaufen.
Ich war bis zum 26. beruflich in Norwegen unterwegs und hatte ihm gesagt, was er machen muss, um es verlängert zu kriegen.
Er hat sich um nichts gekümmert.
Montag Abend ist mir so der Kragen geplatzt, dass ich ihn rausgeschmissen habe.
Er ist dann zu seiner Schwester gelaufen (5 km).
Ich bin total traurig gewesen, war Dienstag noch arbeiten, hatte gestern und heute frei und habe nur depressiv auf der Couch gelegen, bis meine Freundin mich gestern auf eine Party geschleppt hat, auf der ich mich dann extrem abgeschossen habe.
Jetzt geht's mir natürlich noch schlechter, aber zumindest war ich mal abgelenkt und kam mal raus.
Ich weiß nicht, ob es ein kultureller Unterschied ist, aber wir haben total verschiedene Ansichten zu dem Thema.
Meine Meinung dazu ist: Jeder muss sein Leben irgendwie selbst regeln.
Er soll sehen, dass er einen Studienplatz bekommt, dann darf er auch arbeiten und hat keinen Ärger mit dem Visum mehr.
Er meint, es gehr nur darum, dass wir irgendwie zusammen bleiben.
Und hat auch schon das Thema heiraten angesprochen.
Bei denen ist das so, die haben alle sehr schnell geheiratet, sein Bruder, seine Schwester, seine Cousins und Cousinen- alle verheiratet, manche mit Landsleuten, andere mit Deutschen.
Ich weiß auch, dass er mich liebt.
Er macht alles für mich.
Ich muss nur einmal sagen, dass ich etwas brauche, oder irgendwann mal in der Wohnung oder im Garten etwas haben will - am nächsten Tag ist das gemacht.
Ob das eine Lampe ist, die mir noch gefehlt hat, neue Badmöbel, meine kaputte Spülmaschine, Ersatzteile am Auto, Bäume im Garten schneiden, Bepflanzung der Terrasse.
Ein Wort und er macht das alles.
Er hilft auch sehr viel im Haushalt, wenn er da ist.
Unsere Beziehung ansich ist rundherum harmonisch.
Aber zusätzlich zu dem Stress bricht es mir das Herz, ihn dann so zerknirscht zu sehen.
Immer diese Angst zu haben.
Nie richtig planen zu können.
Ich halte ihn für einen sehr fähigen Menschen.
Er hat ja schon studiert und auch in seinem Beruf gearbeitet.
Er ist ein Macher.
Wenn irgendwo irgenwas geplant, umgebaut, repariert werden muss: Jeder gibt das meinem Freund, der bekommt das unter Garantie wieder hin.
Hat er ein Projekt, ist er auch total engagiert, sehr ideenreich.
Nur halt in der Organisation und Planung seines eigenen Lebens, damit scheint er überfordert.
Und ich stehe immer unter dem Druck, dass ich ihn einerseits nicht verlieren will, andererseits aber auch nicht seinen ganzen Kram erledigen kann.
Natürlich helfe ich ihm mit der Besorgung von Unterlagen, mit Bewerbungen bei der Uni und so.
Aber man muss auch ehrlich sagen, dass er sich viel zu spät darum gekümmert hat.
Damals war ich schon extrem sauer, weil ich mich dann (am letzten Tag!) nach der Arbeit hinsetzen konnte und ihm seine Studienunterlagen zusammen suchen und alles schicken, bis elf Uhr abends.
Da hatten wir schon diese Gespräche.
Ich verstehe nicht, wie er sich so auf mich verlassen kann, warum er alles von mir abhängig macht.
Klar, nach seiner Aussage bin ich DIE Frau für ihn.
Er hat noch nie eine Freundin mit zu seiner Familie gebracht.
Ich bin die erste.( Er wird bald 29, ich 28.)
Die verstehen natürlich das Problem gar nicht- wir könnten ja heiraten und dann lösten sich alle unsere Probleme in Wohlgefallen auf.
Meine Eltern mögen ihn auch unheimlich.
Die unterstützen auch die Idee vom Heiraten.
Meine Freunde sehen das skeptisch und sagen: Bloß nicht so früh heiraten.
ICH selbst wollte früher überhaupt nie heiraten.
Ich war auch lange Single und habe mir selbst alles aufgebaut.
Eine kleine Wohnung gekauft mit Garten, ich habe einen Job, den ich mag und der mir jedes Jahr viele tolle Reisen ermöglicht.
Ich habe immer nur Männer kennengelernt, mit denen es irgendwie nicht passte.
Mit denen man keinen Spaß haben konnte, die meine Lebensweise nicht mittragen würden, die mir zu unselbstständig waren oder sich einfach nicht genug bemüht haben.
Wiir passen sehr gut zusammen.
Auch seine Vorstellung vom Leben ist sehr freundlich und er ist sehr hilfsbereit und aufmerksam.
Er würde niemals jemandem seine Hilfe ausschlagen und er bietet sie auch Fremden aktiv an.
Letztens hat ne Oma ihren Führerschein verloren, da läuft der durch den ganzen Laden für und sucht diese Frau, statt den einfach abzugeben.
Bei meinen Eltern war ein Tor kaputt, irgendwann fiel mir auf, dass er weg ist, da sitzt er da, hat sich Werkzeug gesucht und hat es repariert.
So etwas passiert ständig
Und das Tolle ist: Er sagt sowas dann nicht mal.
Er meint, Hilfe ist keine Hilfe, wenn man sich dann damit brüstet.
Er will später mal ehrenamtlich in Asylheimen Kram reparieren und er möchte eine Patenschaft für ein armes Kind übernehmen.
Ich liebe diese Seiten an ihm unwahrscheinlich.
Ich war immer so stolz auf ihn.
Aber ich kann ihn jetzt nicht heiraten.
Nicht nach so kurzer Zeit.
Ich möchte, dass er über das Studium sein Visum bekommt.
Nicht durch eine Hochzeit, ich würde mich immer fragen, ob er das nur dafür wollte.
Ich komme mir selbst schäbig vor bei diesem Gedanken, weil ich weiß, dass er mich liebt.
Ich habe mich seit Montag Abend (nachdem ich ihn rausgeschmissen hatte und auch gesagt, dass das so nicht weiter geht) nicht gemeldet, bzw. ich habe ihn Dienstag kurz angerufen, weil ich mir totale Sorgen gemacht hatte, dass er richtig Ärger bekommen hat, weil sein Visum ja einen Tag abgelaufen war.
Am Montag war er wohl bei der Behörde, aber die Sachbearbeiterin nicht.
Das ist alles total kompliziert...
Naja, war aber dann wohl kein Problem, er hatte ja die Unterlagen schon.
Dann war ich gestern Abend ja unterwegs, habe bei der Freundin geschlafen und musste auch länger warten, bis ich wieder fahren konnte.
Als ich zuhause war, hat er angerufen, ob er ein paar Sachen holen kann.
Er kam dann auch.
Ich habe, wie die Tage davor auf der Couch gelegen und er meinte die ganze Zeit, er macht sich Sorgen um mich, weil es mir wirklich mies geht.
Und ich sei stark, ich hätte die richtige Entscheidung für mich getroffen, er würde mich lieben, aber wir hätten es versucht und wenn ich nicht mehr könnte, dann ginge es nicht mehr.
Und dass ER eigentlich heulen müsste, weil ich ihn in so einem blöden Moment allein gelassen hätte, als eh schon alles schei. war.
Dann hat er gemeint, er geht nicht, bevor ich nicht wieder lache.
Und hat den Müll und die ganzen leeren Bierflaschen weggeräumt, weil er meint, er kann nicht sehen, wie ich hier so zwischen dem Müll liege.
Und er hat gesagt, dass er wahrscheinlich zurück geht. Also weg aus Deutschland.
Dass auch er so nicht mehr weiter machen kann. Weil er arbeiten will, er könnte nicht mehr den ganzen Tag nichts machen, andren auf der Tasche liegen.
Auch wenn ich sagen würde, es ginge nicht ums Geld, dass es natürlich auch darum geht und er so seine Persönlichkeit verliert.
Und ich ja auch daran kaputt gehe.
Dann hat er neben mir gesessen, hat sich die Haare gerauft und gesagt: Ich bin traurig. Du bist traurig. Wir lieben uns. Aber ich bin da alleine und du hier. Warum?
Ich weiß nicht mehr weiter.
Ich bin mir sicher, dass wir nie ein Problem gehabt hätten, wenn nicht die Situation so wäre, wie sie ist.
Wir verstehen uns so blind.
Ich vertraue ihm, was man auch kann.
Trotzdem haben wir jetzt dieses Problem und ich habe große Angst, dass ich ihn ganz verlieren werde.
Er ist doch derjenige, mit dem ich so vieles zusammen wollte.
Noch nie vorher habe ich mir mit jemandem so etwas vorstellen können.
Und jetzt funktioniert es nicht, wegen einem Visum?
Das ist doch nicht fair und das will ich auch nicht einfach so akzeptieren.
Es muss doch eine Lösung geben?!
Ich stehe vor einer Mauer und finde die Tür nicht.
Kann mir vielleicht irgendwer etwas dabei helfen?
Ich wäre für jede Meinung dankbar.
03.10.2013 19:35 •
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