Ich war mal das hässliche Entlein. Oder zumindest die graue Maus. Dachte, ich würde nie einen Menschen finden, der mich liebt.
Und dann kamst du. Hast etwas in mir gesehen, das kein anderer gesehen hat. Du warst mein Engel, der kam mich zu erretten. Ein Engel mit gebrochenem Flügel, freilich. Denn du hattest deine Wunden vom Leben davon getragen. Ich erinnere mich noch an diesen Moment, als du mir davon erzählt hattest. Mir deinen gebrochenen Flügel gezeigt hattest. Angst hattest, wie ich reagieren würde. Und ich hatte dich in den Arm genommen, und dir versprochen deinen Flügel zu heilen. Ich glaube du hattest mal gesagt, das wäre einer der schönsten Momente deines Lebens gewesen.
Das ist so die Sache mit Versprechen. Was man verspricht, sollte man auch halten.
Aber ich hatte einen giftigen Stachel in mir sitzen. Einen, von dem ich damals nur ahnte, von dem ich gar nicht wusste was es ist. Ich war der festen Überzeugung, deine Liebe alleine würde mich von diesem Stachel erlösen. Tat sie aber nicht. Der Stachel saß in mir drin, hat mich aufgewühlt. Hat mich schwierig gemacht, und manchmal auch echt nicht nett. Hat Gift in mich verströmt. Und ich war zu schwach, zu feige, zu unachtsam, zu rücksichtslos um zu verhindern, dass dieses Gift auch auf dich spritzte, dich verätzte. Und du hast mir vergeben. Denn ich war die Liebe deines Lebens.
Und dann wurde das Gift schlimmer. Ich lag darnieder, konnte nicht mehr aufstehen, konnte fast gar nichts mehr. Und keiner wusste, warum. Auch nicht Menschen, deren Beruf es ist zu heilen. Vielleicht weil ich ihnen nur das Gift gezeigt hatte, aber nicht den Stachel selbst. Denn ich ahnte, was dieser Stachel ist. Und hatte Angst davor. Und du? Du warst da für mich. Aufopferungsvoll. Ja, du hast Opfer gebracht. Es war so schwer, für uns beide. Aber du warst da.
Irgendwann wollte ich nur noch die Augen schließen. Nie wieder aufwachen. Ich konnte nicht mehr. Und dann tat ich das einzig Richtige: Ich habe die eitrigen Verbände beiseite gerissen, und mich dem gestellt was darunter war. Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben den Mut gefunden, mir den Stachel genau anzuschauen. Der Mut der Verzweiflung, weil ich merkte dass es einfach nicht mehr anders geht.
Und ich habe beschlossen, Heilung zu suchen. Hier könnte die Geschichte jetzt eine positive Wendung nehmen. Das Tragische ist nur: Für diese Heilung musste ich in ein anderes Land. Eines, in das du mir nicht folgen kannst. Wie viel haben wir geredet. Gestritten. Uns versöhnt. Geweint. Einander in den Armen gelegen. Und schließlich sagtest du: Ich lasse dich ziehen. Gehe. Finde deine Heilung.
Ich bin gegangen. Und ich heile. Ja, es war richtig zu gehen. Ich habe Leben gefunden. Vielleicht habe ich zum ersten Mal das Gefühl, überhaupt richtig zu leben. Aber es ist ein Leben ohne dich. Ich denke so oft an dich zurück. An meinen Engel. Ich denke an das Strahlen in deinen Augen, das ich da reingezaubert habe, um es dir dann wieder zu entziehen. Ich denke an all die Träume die du hattest, und bei denen du enttäuscht wurdest. Ich dich enttäuscht habe. Dein Flügel ist nicht geheilt. Er ist nochmal gebrochen, mehrmals, so dass er vielleicht nie wieder heile wird.
Ich werde stärker. Schüttele meine Krankheit ab. Ziehe mir den Stachel raus, Stück für Stück. Und wie gerne würde ich meine neue Stärke nun nehmen, um dich zu tragen. Um wieder gut zu machen, was du mit mir durchmachen musstest. Aber zwischen uns liegt nun ein Meer. Und wenn ich hinüber rufe: Lass uns gemeinsam reisen. Wir gehören zusammen., dann sagst du: Ich kann nicht. Natürlich kannst du nicht. Ich kenne deine Gründe. Ich verstehe sie. Und ich denke mir: Vielleicht könnten wir es trotzdem schaffen, wenn wir es nur wagen. Ich würde es wagen. Aber wie kann ich von dir verlangen es zu wagen, nachdem ich dich vorher so enttäuscht habe?
Also bleibt das Meer zwischen uns. Und auf deiner Seite sind die Farben verschwunden, und du versinkst im Grau. Ich wünschte das wäre nur etwas, was ich denke, was ich mir ausmale. Als würde ich mich selbst für dein Leben zu nehmen. Dass du vielleicht in Wahrheit schon längst jemanden anders gefunden hast. Aber dem ist nicht so. Du hast es mir selbst gesagt. Ich habe dich zurückgelassen. Dich, und deine Verzweiflung.
Du sagtest mal, du würdest niemals wieder jemanden so lieben wie mich. Ich werde auch niemals wieder jemanden so lieben wie dich. Aber vielleicht werde ich einmal dennoch einen anderen Menschen lieben. Nicht so wie dich, anders. Aber ebenfalls aus dem Herzen. Nur du? Bist du die Blume, die der Sonne entgegen gewachsen ist, nur dass die Sonne nun weitergezogen ist, und du verwelkst? Vielleicht ist das auch unglaublich selbstbezogen. Ich bin nicht die Sonne. Meine Freunde sagen, dass ich nicht die Verantwortung für dein Leben trage. Dass Menschen sich nun mal verlieben, und sich wieder trennen. Traurig, aber ich sollte nach vorne schauen. Vermutlich habe sie auch recht damit. Wenn ein paar zusammenkommt, weiß niemand wie lange es hält. Und es war deine Entscheidung, mir zur Seite zu stehen als du es nicht hättest tun müssen. Es war deine Entscheidung, mich ziehen zu lassen. Und es ist deine Entscheidung, mir nicht zu folgen.
Du sagtest mal, ich wäre das einzig Gute in deinem Leben gewesen. Vielleicht sollte ich glücklich sein, dass ich dir wenigstens das - und wenn auch nur für begrenzte Zeit - geben konnte. Aber es zerreißt mir das Herz, dass du nichts anderes Gutes in deinem Leben hast. Du willst, dass ich glücklich werde. Denn dann hätte es wenigstens einen Sinn gehabt. Aber wie kann ich glücklich sein, wenn du es nicht bist? Und wie kann ich damit leben, etwas so Wunderschönes wie dich zerbrochen und zerstört zurück gelassen zu haben?
Ich dachte mir mal, es braucht vielleicht einfach Zeit. So wie jede Trennung. Aber die Monate werden zu Jahren, und das Meer zwischen uns füllt sich immer noch mit Tränen.
Objektiv betrachtet war es richtig, uns zu trennen. Wir hatten beide unsere eigenen Probleme. Wir hatten gehofft, uns gegenseitig zu unterstützen, aber in Wahrheit waren wir Ertrinkende, die sich aneinander klammerten, und uns nur noch weiter hinab zogen. Meine Fehler sprechen für sich selbst, ich habe dir viel zu oft weh getan. Aber auch du hast es mir nicht leicht gemacht. Dass du das Glück deines Lebens so an mich kettest ist eine Verantwortung, die zu groß für mich ist. Das ist auch nicht gesund. Vielleicht war es von dir zu viel verlangt, dass ich allein die Sonne in deinem Leben bin. Die Wahrheit ist wohl, dass es einfach eine toxische Form der Liebe ist. Wir hatten beide viel zu viel Gepäck, und haben uns nicht gut getan.
Aber dennoch kann ich nicht loslassen. Denn ich habe dir etwas versprochen. Und ich habe es nicht gehalten. Und dass du es jetzt nicht mehr zulässt dass ich versuche es noch zu halten so gut wie es geht, macht es nicht leichter für mich.
Oh, mein Engel. Wenn du nicht glücklich sein kannst, dann sei es wenigstens in einem anderen Leben. Wenn es sowas gibt. Aber ich kann nicht glücklich sein, wenn du es nicht bist. Vielleicht finden wir ja irgendwie einen Weg, beide weiterzugehen, und unser eigenes Leben für den anderen mit Glück zu füllen. Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder. Wohl nur als Freunde. Aber als Freunde, die ein ganz besonderes, ein einmaliges Band verbindet. Vielleicht haben all die schmerzlichen Erinnerungen irgendwann wieder ein Happy End. Denn zwischen all dem Schlechten hatten wir auch so so viel Wunderschönes gemeinsam. Du und ich. Das soll nicht zu Asche werden. Warum nur ist Leben so grausam?
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Ich bitte um Entschuldigung, dass das alles so vage und metaphorisch gehalten ist. Details sind mir zu persönlich, und die Einzelheiten zu speziell und wiedererkennbar. Ich weiß gar nicht genau, was ich mir erwarte. Ich musste das nur einmal gerade loswerden und mir von der Seele schreiben.
Liebe Grüße und euch einen hoffentlich besseren Tag.
19.02.2019 11:05 •
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