@leilani1801
Wie Du ja richtig angemerkt hast, ist Vertrauen vor allem eine Entscheidung. Das bedeutet doch aber, daß in erster Linie Du eine Entscheidung triffst, in zweiter Linie Dein Partner (s)eine Entscheidung trifft.
Nun ist es so, daß Du aus Deinem Erfahrungsbereich schöpfend, behauptest, daß die Mehrzahl von den Männern, die Du kennst, sich auf die eine oder andere Art und Weise entgegen des von Dir vertretenen Wertekodex verhalten haben.
Damit werden sie unbrauchbar für dich als Partner und darüber hinaus ziehst Du denn Schluß, daß es vielleicht überhaupt keinen Mann gibt, der Deinen Anforderungen genügen kann.
Das läuft aber schon irgendwie der Aussage, Vertrauen ist Entscheidung entgegen. Die Frage ist doch, bist Du bereit, die Entscheidung des Vertrauens trotz (!) Deines Erfahrungsbereichs zu treffen.
Ich mag jetzt falsch liegen, aber ich lese aus Deinen Beiträgen heraus, daß dies nicht der Fall ist. Weißt Du, ich finde Du zäumst das Pferd aber auch irgendwie von hinten auf.
Ich glaube, daß die meisten Menschen (andere abgesprochene Lebensmodelle ausgenommen) durchaus mit der Vorstellung von Monogamie und Treue eine Bindung eingehen. Darüber hinaus glaube ich auch, daß (wieder von einigen Sonderexemplaren abgesehen) die überwiegende Mehrheit der Menschen ganz sicher anfänglich mit dem Vorsatz in eine Beziehung geht, den anderen nicht verletzen zu wollen.
Und dennoch kann das eben passieren. Es passiert eben, daß sich Partner auch fremdverlieben. Es passiert, daß Menschen fremdgehen. Und es passiert, daß Beziehungen auch scheitern. Es passiert aber auch genauso, daß zwei Menschen weiter in einer gescheiterten Beziehung verbleiben, weil sie weder vor sich selbst noch vor dem jeweils anderen zugeben können, daß sie am eigenen Wertekanon nicht (mehr) festhalten können.
Weißt Du, oftmals ist es doch so, daß nicht das Fremdgehen beklagt wird, sondern das Verheimlichen des solchen. Wenn man aber mal hinschaut, warum zumindest am Anfang verheimlicht wurde, dann doch häufig unter Argumentation des den anderen nicht verletzten wollen.
Natürlich lässt sich einwenden, daß, wenn dies stimmen würde, dann wäre man überhaupt nicht fremd gegangen Aber ich glaube wirklich, daß das gar nicht so einfach ist. Ich glaube nicht, daß die Mehrheit der Menschen bewußt entscheidet, so und nun bin ich nicht mehr treu, so und nun verliebe ich mich, so und nun verletzte ich meinen Partner Ich glaube, das sind alles Entwicklungen, manchmal gehen die schneller und manchmal langsamer von der Hand; manchmal bewußter und manchmal unbewußter.
Was ich aber auch glaube, ist, daß in den meisten Fällen eine Überidealisierung der Beziehung, und vor allem von Monogamie, eine offene und ehrliche Auseinandersetzung der Partner miteinander eher verhindert, denn fördert und damit wird das Problem eigentlich verschlimmert.
Wenn ich weiß, daß (schon) ein Fremdflirt oder ein Lächeln für jemand anderen, gegen die Werte meines Partners verstößt, dann werde ich es vermutlich schneller verheimlichen.
Das bedeutet natürlich nicht, daß ich Freifahrscheine für Untreue verteilen möchte oder würde. Allerdings würde ich die doch eindimensionale Vermischung von Vertrauen ist gleichbedeutend mit lebenslanger Monogamie anzweifeln.
Weißt Du, wenn wir über Liebe reden wollen und die soll ja schon irgendwie Grundlage einer Beziehung sein, dann bedeutet für mich Liebe, den anderen als Ganzes, mit all seinen Vorzügen wie Schwächen anzunehmen und selbst mit diesen angenommen zu werden. Eine Beziehung ist für mich zum einen Bekenntnis zu dieser Liebe und zum anderen die gemeinschaftliche Übereinkunft dies dauerhaft zu versuchen. Auch wenn ich selbst nicht frei von Fehlern bin oder der andere eben Fehler macht.
Ich vertraue nicht darauf, daß der andere für immer frei von Fehlern ist, sondern daß wir versuchen, gemeinsam mit den jeweiligen Schwächen und Fehlern umgehen zu lernen.
Weißt Du, Vertrauen ist für mich nicht Resultat oder Schlußfolgerung, nach abschließender Beweiskette. Vertrauen ist für ein Geschenk, wie eine kleine Pflanze, daß ich jemandem am Anfang mache, egal ob Freundschaft, Partnerschaft, kollegiale Beziehung usw. und dann kommt es drauf an, wie gut man sich gemeinschaftlich um dieses Pflänzlein kümmert. Manchmal wird daraus über Jahre ein Baum und manchmal dümpelt das Pflänzlein einfach so vor sich hin, dann ist es an mir, es wieder an mich zu nehmen, ein bißchen auf Vordermann zu bringen und eben jemandem anderes zu schenken.
Die Entscheidung zu vertrauen ist meine und sie steht für mich am Anfang. Was dann passiert und ob ich eigentlich eine gute Gärtnerin für das Pflänzchen des anderen bin, kann nur die Zeit zeigen.
Und weißt Du, natürlich gibt es da draußen Menschen, die haben einfach einen schwarzen Daumen, dann gibt es da draußen haufenweise Menschen, die halt besser beraten wären, sich um eine Orchidee oder einen Kaktus zu kümmern, die sind dann halt nicht so gut darin, meine hübsche kleine Kastanie zu pflegen.
Das ist natürlich sehr, sehr schade, wenn man den Gärtner eigentlich wirklich mochte und ein anderes Mal ist es auch verdammt schmerzhaft, einsehen zu müssen, daß man vielleicht den Bock zum Gärtner gemacht hat. Und dann muß man halt seine Pflanze nehmen, sich ein bißchen um diese kümmern, bis sie wieder stark genug ist, so daß man sie jemandem anderen schenken kann
Und weißt Du, weil es ja meine Pflanze ist und noch dazu so eine wunderbare Kastanie, ist mir eigentlich wirklich völlig egal, wie gut derjenige, dem ich sie als nächste am Anfang schenke, vorher mit dem Kaktus oder der Orchidee umgegangen ist.
Wenn der so einen richtig schwarzen Daumen hat, versuche ich den natürlich vorher auszusortieren. Manchmal klappt das. Aber eben auch nicht immer.
Verstehst Du?
Ich kann sehr gut verstehen, daß es Dir schwerfällt, in einer Welt, die Dir beweisen will, daß das, was Du suchst, nicht existiert, nicht den Glauben zu verlieren. Aber so und genau so ist das eben mit dem Glauben, mit dem Vertrauen, beiden ist Hoffnung (!) auf positiven Ausgang immanent.
Wenn dem nicht so wäre, hieße es eben nicht Vertrauen, sondern Wissen . Das aber hat eben keiner. Wir können uns dazu entscheiden auf die Zukunft, den Gärtner, den guten Ausgang zu vertrauen, wir können aufmerksam bleiben und ehrlich, um gegenteilige Anzeichen zu erkennen. Aber wissen können wir es nicht.
Weil es niemand kann.
Auf das wir alle zu guten und fähigen Gärtnern werden, für unsere Pflänzchen und die, die man uns anVERTRAUT.
24.07.2017 13:09 •
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