Stefanie Stahl nennt es mit etwas identifiziert sein, wenn man zu sehr an einem Glaubenssatz festhängt. Das scheint mir hier sehr zu passen. Die Frage, die du aufdröseln solltest, ist, was das für ein Glaubenssatz bei dir ist.
Es tut mir leid für dich, dass du das mit mehreren Therapeuten noch nicht konntest!
Gib trotzdem nicht auf!
Irgendwas an der Tatsache, dass du eine Affäre warst, hat dich so sehr getriggert, dass du es nach so vielen Jahren nicht aufdröseln konntest. Du identifizierst dich mit dem, was es scheinbar über dich aussagt. Weil es da einen tiefen Glaubenssatz in dir anstößt. Zum Beispiel kein guter Mensch zu sein, wenn du nicht moralisch richtig handelst. Und dann auch nicht liebenswert sein zu können.
Du wurdest durch die Lüge deines Mannes dazu gezwungen, eine Rolle einzunehmen, die dir nicht gehört und die du in der Tiefe so vehement ablehnst, dass sich nach 23 Jahren immer noch alles gegen sie streubt.
Wenn sich jetzt dein Mann entschuldigt und du ihm verzeihst, dann fühlt sich das wahrscheinlich so an, als würdest du diese Rolle annehmen. Als würdest du akzeptieren, dass du eine Person bist, die du gleichzeitig von deinen unbewussten Glaubenssätzen her gelernt hast komplett abzulehnen.
Untreue=böse=nicht liebenswert.
Das ist das, was irgendwo auf deiner Festplatte irgendwann mal festgelegt wurde.
Dein Mann hat dich nicht nur belogen, er hat dich auch nicht gesehen. Er hat nicht verstanden, wer du bist. Nämlich jemand, mit bestimmten moralischen Werten.
Er und du zwingen dich seit Jahren dazu, außerhalb deiner Komfortzone zu sein. Eine Person zu imitieren, die dir aber nicht entspricht.
Du spielst eine Rolle und deine Seele wehrt sich dagegen.
Jetzt liebt dich dein Mann aber offensichtlich. Und ihr seid grundsätzlich ein gutes Paar. Und die Rolle, die dir passender erscheint, nämlich die moralische, die ist dir auch nur aufgrund deiner falschen Glaubenssätze zueigen.
Und da musst und kannst du ran.
Spüre, was genau dir weh tut, wenn du an dich als eine Frau, die eine Ehe zerstört hat, denkst. Spüre, was es in dir antriggert. Diese ganz tiefen Gefühle, die nichts mit dem was du als Erwachsene getan hast zu tun haben, sondern die da drunter liegen und aus der Kindheit kommen. Das Gefühl funktionieren zu müssen um geliebt zu werden. Das Gefühl angepasst sein zu müssen. Das Gefühl nur wertvoll zu sein, wenn du funktionierst. Das Gefühl wertlos und ungeliebt zu sein, wenn du Fehler machst.
Dieser Prozess hat nichts mit deinem Mann und seinen Entschuldigungen und Taten zu tun. Denn du bist es, der du verzeihen musst. Du bist es, die hinsehen muss, welche Rolle ihr in der Kindheit zugeschrieben wurde, von der sie jetzt seit Jahren abgewichen ist und was sie sich nicht verzeihen kann.
Und dann darfst du aufarbeiten, wer du bist und wer du eigentlich sein willst und dich von all diesen Rollen lösen.
Und im hier und jetzt glücklich sein. Auch wenn du mal einen Fehler gemacht hast. Wissentlich oder unwissentlich. Was der Seele und den Glaubenssätze ja leider piepegal ist. Denn denen kannst du nicht mit Logik kommen.
13.03.2024 19:11 •
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