Liebe LeserInnen und RatgeberInnen,
ich fang direkt an. Ich brauche eine genauere Erklärung, warum er mich plötzlich verlassen hat. Er sagt vieles und doch gar nichts.
Die Geschichte dahinter:
Ich bin mit meinem Partner seit über 9 Jahren zusammen gewesen. Wir haben einen Altersunterschied von zehn Jahren. (Ich habe ein Kind aus meiner ersten Ehe.)
Wir haben nie zusammen gewohnt. Beruflich ist er vor über 2 Jahren in eine andere Stadt gezogen die fast 300 km entfernt ist. Kurz vorher hatten wir besprochen zusammen zu ziehen, dann war er aber plötzlich weit weg.
Unsere Beziehung war die ersten zwei Jahre schön, mit Höhen und Tiefen, mit beidseitigen Freiräumen. Ich klammere nicht, ich habe ihm die Freiheiten gegeben sich zu entwickeln und das hat er mir auch gelassen. Dennoch kam immer wieder ein sehr egoistisches Verhalten von ihm und er machte manchmal phasenweise Dinge, die ich einfach nicht verstanden habe. Manchmal war es auch schon recht respektlos. Wir konnten darüber reden und er verstand mich. Legte das Verhalten dann temporär ein wenig ab, aber dann kam nach Monaten ein anderer Brüller...
Natürlich machte sich manchmal der Altersunterschied schon bemerkbar in gewissen Bereichen. Die Zukunftsplanung konnte die ersten Jahre noch nicht fest besprochen werden, weil er ja wesentlich jünger ist, aber uns war klar, dass wir zusammen bleiben möchten. Aber die letzten Jahre kamen von mir immer wieder mal Fragen der Zukunftspläne,gemeinsame Wohnung, Kinder, aber er wich immer mit windigen Aussagen aus wie:ja, das werden wir, erstmal muss ich genug Geld verdienen, wir haben ja noch Zeit... und ich habe mich in der Warteschleife begeben und fest vertraut.
Er steckte noch mitten in der Ausbildung/Studium und ich war voll berufstätig und halt Mutter. Wir hatten uns 3-4 mal die Woche gesehen und dann fand auch Familienleben statt. Kochen, einkaufen, putzen, spielen, Veranstaltungen, Ausgehen, Fernseh gucken, was jedes Paar mit oder ohne Kind halt macht.
Sind uns immer treu gewesen, hier und da normale Alltagsprobleme und ja, ich war schon eher der erwachsenere Part.
Nun führten wir die letzten Jahre eine Fernbeziehung. Telefonierten fast täglich, haben uns 2-3 mal im Monat am WE besucht, Unternehmungen gemacht, Alltag etwas gelebt. Eigentlich lief das recht gut nachdem ich meinen Schmerz über diese plötzliche Entfernung überwunden habe.
Letzten Sommer haben wir dann gesagt, dass wir diesen Sommer in seine neuen Stadt zusammen ziehen. Ich habe einen guten Job dort gefunden durch permanentes Pendeln hin und her, habe hier alles gekündigt, mich verabschiedet, mental war ich schon in der anderen Stadt, wir haben die letzten Monate gemeinsam Wohnungen gesucht. Sehr stressig die letzten drei Monate!
Er wurde dann in den letzten zwei Monaten sehr respektlos mir gegenüber. War oft gereizt, berührte mich kaum noch, antwortete auf eine sms nur noch oberflächlich, Telefonate waren distanziert kühl oder einfach gar nicht telefoniert. Manchmal war er dann aber wieder sehr lieb und aufmerksam.
Ich habe dann natürlich immer gefragt was denn los ist und das sein Verhalten so nicht geht. Wenn er ein Problem hat, dass wir das besprechen sollten. Wenn er nicht wirklich den Zusammenzug möchte, dass er das sagen soll.
Ich wusste manchmal gar nicht mehr wie ich mich noch verhalten soll. Mal wurde ich wütend, mal konnte ich noch auf ihn eingehen...Wir haben uns öfters gestritten und ich hab auch einmal nachts das Bett verlassen. Darüber ist er sehr empört gewesen und verletzt so wie er sagte und nimmt das nun als Aufhänger, als Schlüsselmoment
Seine Antwort war IMMER: Es ist alles ok. Ich weiß auch nicht.
Nun ruft er mich letztens an und sagt plötzlich, dass er sich mit mir nicht mehr so sicher ist, das er nicht weiß ob er mich noch genug liebt, dass das alles sehr viel ist wenn wir alles für ihn aufgeben, er nicht weiß ob er die Verantwortung tragen kann, was ist wenn wir uns nach kurzer Zeit trennen, er nicht zu hundert Prozent hinter dieser Entscheidung steht, er mich ja wohl noch liebt, aber nicht weiß, ob es reicht. Wir ja einen so großen Altersunterschied haben und was ist mit der Familienplanung, er möchte ja noch Kinder. Er kann es nicht ertragen mit uns eine Lüge zu Leben. Er will immer für uns da sein, aber er kann das alles nicht. Er macht sich schon länger Gedanken und hat sich nicht getraut etwas zu sagen, weil er dachte, dass das wieder weg geht.
Jetzt habe ich alles vor zwei Monaten gekündigt und sitze auf gepackte Kartons, weil es eigentlich in 3 Wochen losgehen sollte...
Er ruft weiterhin alle zwei Tage an, weil er mir jetzt aus der Situation raus helfen will. Macht aber nichts produktives.. bla bla...
Zu seiner Person:
Er ist eher der introvertierte sensible Typ. Intelligent. Pragmatisch und sehr bequem. Sympathisch. Mehrfaches Scheidungskind. Als jugendlicher traumatischen Todesfall erlebt.
Seinen ersten PC bekam er mit neun Jahren, wurde somit gut geparkt. Sein Hobby war damals schon das gamen mit oder ohne seine Freunde. egoshooter, WoW, Diablo, Rollenspiele etc. Hat aber mit meinem kennenlernen nur noch sporadisch gespielt. Abends mal zum abschalten oder auch mal am Wochenende..
Dann kamen die ersten Smartphones und es musste auch dort gezockt werden und jede App die für den Alltag nützlich sein könnte wurde getestet und immer häufiger auch genutzt.In den letzten Jahren hat es so entwickelt, dass sein erster Griff morgens das Handy ist, ob ich neben ihm liege oder nicht, dann steht er auf und fährt seinen Rechner hoch und checkt alles ab. Tagesnachrichten lesen, Emails checken, Chats checken, Kaffee kochen, etwas frühstücken, fertig machen und zur Arbeit. abends umgekehrt. Ab und zu trifft er sich mal mit einem Freund, geht eher wenig aus. Er greift mindestens alle 5 Minuten zu seinem Handy.. checkt dies, checkt das. Aber eine simple SMS beantworten ging plötzlich manchmal stundenlang nicht mehr.. :/
Dann kam ein Laptop dazu usw. Mit Arbeit kommt er auf bestimmt 14-17 Stunden am Tag, wo er mit seinem Pc und Handy beschäftigt ist in der Woche. Am Wochenende je nachdem ob wir bei ihm sind und was veranstaltet wird auch mehrere Stunden mindestens.
Sein Hobby hat er zum Beruf gemacht und ist Fachinformatiker und in einem gutem Job jetzt. Aber nicht glücklich, wie er selbst sagt. Nur zufrieden. Er hat wohl andere Visionen von seiner Arbeit gehabt. Er träumt davon in einem großen Unternehmen zu arbeiten, hat dazu auch einen sporadischen Kontakt, bewirbt sich aber nicht, weil er ja jetzt gutes Geld verdient und ja eigentlich alles okay ist. Er möchte auch unbedingt etwas erfinden, programmieren, entwickeln was jeder braucht...macht aber letztendlch dann doch fast nichts kreatives.
Er verdient sehr gutes Geld und gibt es für alle möglichen Kleinigkeiten aus oder Dinge, über die ich mich wunder, aber nichts sage.
Vor einem halben Jahr fing er plötzlich an seine jetzige Wohnung mehr einzurichten. Bilder die ewig nur herum standen hängen, eine neue Kommode kaufte er sich vor zwei Monaten..
Seit über einem Jahr macht er jetzt 2-3 mal die Woche etwas Krafttraining im Studio und geht mal etwas laufen.
Er hat ein großes Problem sich entscheiden zu können. Die Sache kann winzig bis groß sein. Er wägt Stunden, Tage, Wochen, Monate ab und in den meisten Fällen verläuft es im Sande. Wie z.B. einen Abschluss einer Versicherung, oder die Jacke die er so toll findet, aber vielleicht woanders billiger bekommt, ein paar Schuhe, einen Urlaub buchen, oder einfach nur ein Restaurant, Cafè, Wochenendplanung etc...
Wenn er dann nach einiger Zeit begreift, dass er nun die Chance vertan hat, weil er nicht direkt gehandelt/entschieden hat, dann verfiel er in Selbstmitleid.
Grundsätzlich hat er an seiner Person Selbstzweifel, hat großen Fremdscham und ist nicht unbedingt ein Gott und die Welt Redner. Er braucht lange um Vertrauen zu jemanden zu haben und ist schnell skeptisch, wenn eine soziale Interaktion mal in seinen Augen etwas merkwürdig läuft, lässt ihn das längere Zeit nicht mehr los und beredet das mit mir. Ist er aber in vertrauter Gesellschaft wirkt er manchmal plötzlich wie ein Clown. Redet viel, manchmal sehr viel, dass er manchmal nicht bemerkt, dass sein Gegenüber schon länger nicht mehr interessiert ist. Man mag ihn.
Er hat Ängste, unheimliche Prüfungsangst. Angst versagen zu können. Albträume, schlaflose Nächte, Gedankenkarussels, Verdauungs-und Essstörungen.
Er hat sich mir in all den Jahren sehr geöffnet und ich kenne ihn sehr gut. Nur wenn wir über seine Sorgen geredet haben, hat er danach nichts aktives unternommen. Er weiß von sich wohl selber, dass er depressive Züge hat. Seine Person hat schon sehr viel Raum in unserer Beziehung eingenommen, ob bewusst oder unbewusst. Mich nervten natürlich auch einige Dinge sehr. Vor allem, dass er Träume hat und eher nur faul rumsitzt und als Alibi vorschiebt, dass er doch einen geregelten Alltag hat und alles super ist. Das glaube ich ihm aber nicht.
Ich habe ihm auch wegen seines PC Verhaltens auch schon angesprochen, dass es einfach viel zu viel ist und er damit sich in eine Welt taucht und die Realität ihn doch immer wieder einholt und er unheimlich viele schöne lebenswerten Dinge verpasst und mich teilweise ignoriert..
Und nun hat er sich gegen uns entschieden. Warum auch immer.
Wer kann etwas hilfreiches dazu sagen? Wer hat Erfahrungen mit ähnlichen Mustern? Vielleicht liest das ja jemand, dem es ähnlich wie ihm geht?
07.07.2016 18:56 •
#1