Heute ist Samstag. Heute vor einer Woche bist Du ausgezogen. Es kommt mir viel länger vor, weil so viel passiert, weil ich so viel Dinge erledigen muss. Am liebsten wäre ich in mein bewährtes Verhalten zurückgefallen: mit total zurückziehen, den Kopf in den Sand stecken. Aber dann würde ich am nächsten 1. ohne einen Cent dastehen. Also musste ich machen.
Am Tag nach Deinem Auszug hast Du mir gleich morgens eine WA geschickt. Wie die Nacht für mich war. Dass Du vor lauter Umzugskartons nichts findest, deswegen auswärts frühstücken musstest. Hast mir Fotos von Deinem Frühstück geschickt. Erzählt, was Du an dem Tag vorhattest.
Ja, ich weiß. 20 Jahre lang, haben wir das zusammen gemacht. Nach dem Aufstehen geplappert, Pläne für den Tag gemacht, waren einfach da. Es hat Dir gefehlt und Du hast dann von Deiner neuen Wohnung aus einfach mal per WA damit weiter gemacht. Wolltest sogar vorbeikommen, um den Fön zu holen, den Du vergessen hattest. Ja, Du hast alles vermisst, ist mir schon klar. Ich war noch voller Hoffnung, dass Du mit jedem Tag, an dem Du Deine vertraute Umgebung, die Katzen, an dem Du mich nicht mehr hast, Sehnsucht bekommen, zu mir zurück kommen würdest.
Ab Montag haben wir uns jeden Tag gesehen. Montag brachtest Du mir das Auto, weil ich bis spät abends viel zu erledigen hatte. Als Du hier im Flur standst und ich Dich ansah, war ich überrascht, denn ich empfand nichts. Du wolltest unseren Kater streicheln, doch er ging weg. Jeden Schritt, den Du auf ihn zugingst, ging er von Dir weg. Und 'Deine' Katze lag schlafend auf einem Stuhl. Sie hat Dich registriert, jedoch kaum auf Dich reagiert. Es tat mir leid für Dich. Das muss schlimm gewesen sein
Dann, auf dem Weg zu Dir, um Dich abzusetzen, kamen doch Gefühle auf. Oder nein, es war dieser Druck, der da kam. Den ich seitdem Du Schluss gemacht hattest, jeden Tag so unheimlich stark gespürt habe. Der Druck, Dich immer wieder zu fragen, ob Du es Dir anders überlegt hast. Dir irgendwie klar zu machen, dass das ein Fehler ist und Du doch zurück kommen müsstest. Ich habe es jedoch für mich behalten, wollte es mir nicht wieder geben, ein Nein zu hören.
Während des ganzen Tages dachte ich an die Situation im Flur, dass ich nicht in Heulen ausgebrochen bin, eigentlich nichts gespürt hatte. Dachte weiter, stellte mir die Frage, ob auch ich Dich vielleicht gar nicht mehr so sehr lieben würde, wie ich es glaubte. Fand Indizien dafür, dachte an Situationen der vergangenen Jahre, die darauf hindeuten. Insbesondere, das 'kein S. mehr mit Dir zu wollen'. Wen man jemanden liebt, will man auch körperlichen, S. Kontakt. Bedeutet es im Umkehrschluss, dass man jemanden, mit dem man keinen körperlichen Kontakt mehr will, nicht mehr liebt? Dieser Gedanke hat mir so unheimlich Angst gemacht. Ich schrieb an dem Tag etwas über diese Angst hier im Forum. @Femira antwortete, dass sie diese Angst ebenfalls spürt, wenn sie ans Loslassen denkt. Ist es das? Habe ich Angst davor, Dich loszulassen? Ich wollte nicht mehr darüber nachdenken, denn wenn ich Dich loslasse, ist es so endgültig. Denn eigentlich will ich das doch gar nicht. Eigentlich hoffe ich doch noch immer, dass mit uns irgendwann, irgendwie wieder alles gut wird?
Dienstag mussten wir den Sperrmüll raustragen. Schon nach ein paar Minuten warst Du extrem genervt, hast mich angemacht. Das hätte ich auch allein tragen können, wäre alles mein Müll... Ich wusste gar nicht, was los war. Das alles hatte höchstens 20 Minuten gedauert und Du hattest schon vor Wochen gesagt, dass Du natürlich helfen würdest.. Als wir fertig waren, kamst Du noch mit in die Wohnung. Hast mich gefragt, ob ich genug zu essen habe. Hatte ich nicht, Du wolltest dann für mich einkaufen. Ich erinnerte Dich, dass ich Vollmilch und keine H-Milch möchte. Das war ja immer so ein Punkt zwischen uns. Du drehtest Dich zu mir und lachtest. Da war es für ein paar Sekunden so wie früher. Wir beide spürten das.
Später, als Du wieder zuhause warst, hast Du Dich für Dein Verhalten entschuldigt. Du müsstest Dich erst an die neue Situation gewöhnen und es hätte so weh getan. Weil es zuhause so vertraut ist und dass die Katzen Dich schon nach ein paar Tagen nicht mehr mit dem Ar. ansehen würden. Ich schrieb Dir, dass Du nun doch das hättest, was Du so unbedingt wolltest. Deine Antwort war, dass Du das nicht gewollt hast, es aber keinen anderen Weg gegeben hätte. Ich antwortete, dass es immer mehrere Wege geht, beließ es dann aber dabei, denn darüber haben wir in den letzten Wochen immer wieder gesprochen und Du hast immer nur den Weg der Trennung gesehen. Ich wollte mich nicht mit noch mehr Wiederholungen dieser Gespräche im Kreis drehen.
Am Mittwoch wartete schon morgens wieder eine Nachricht per WA auf mich. Ob Du eins der Telefone haben könntest, da Deins erst nächste Woche kommt. Bist dann gekommen, um es abzuholen und hast mir das Auto zum Einkaufen überlassen. Wäre gar nicht nötig gewesen, hatte noch von Deinem Einkauf am Tag zuvor genug im Haus.
Donnerstag habe ich Dich zum Bahnhof gebracht, da Du bis Montag nach München gefahren bist. Du kennst hier ja kaum jemanden, Deine Freunde und Familie wohnen in Bayern. Auf der Fahrt zum BHF redeten wir erst nicht. Dann fragtest Du, wie es den Katzen geht, sagtest, dass Du sie vermisst. Ich sagte nur, dass es ihnen gut geht. Am Bahnhof nahmst Du Dein Gepäck aus dem Kofferraum und sahst mich an. Ich vermied es, Dich anzusehen. Und ich sah, spürte, dass Du gern noch ein paar Minuten mit mir dort gestanden und geredet hättest. Doch ich sagte nur Tschüß und setzte mich ins Auto. Du kamst an die Tür, fragtest, ob das nun immer so bleiben würde. Als ich antwortete, dass ich nicht wüsste, warum ich mit Dir reden sollte, konnte ich in Deinem Gesicht sehen, wie traurig Dich das machte.
Ich schrieb Dir später, dass ich mich falsch ausgedrückt hatte. Dass ich einfach nicht wüsste, was ich mit Dir reden soll. Das ja schon alles gesagt sei. Und dass mir Dein weiteres Hintergehen mit diesem Ungesicht gezeigt hat, welchen Stellenwert ich in Deinem Leben habe. Wie gleichgültig es Dir war, dass Du mich damit wieder verletzen würdest, es Dir egal war, wie ich mich damit fühlen würde. Du sagtest, dass es Dir leid täte, dass mit ihr nichts weiter gewesen sein und Du nur jemanden zum Reden brauchtest. Dann die Frage, warum wir das nun per WA machen, wenn wir doch vorhin am BHF hätten reden können. Ich wusste es auch nicht. Wünschte Dir viel Spaß mit Deiner hässlichen Ente. Du sagtest, dass Du sie nicht treffen würdest. Ich glaubte Dir nicht. Wenn sie wirklich Deine beste Freundin ist und ihr mal für ein paar Tage nicht 900 km voneinander entfernt seid, ist es doch eigentlich klar, dass Du sie triffst. Du hast darauf nicht mehr geantwortet, nur gesagt, dass Du nicht mehr streiten möchtest.
Wahrscheinlich hast Du sie getroffen, vielleicht hast Du sie nun endlich im echten Leben und nicht nur virtuell gepoppt. Ich weiß, dass es Dir da nur um Deine S. Befriedigung geht. Weil Du sie äußerlich grottenhäßlich findest und sie nie als dauerhafte Partnerin nehmen würdest. Was ich bei dem Gedanken fühle? Irgendwie nichts, vielleicht etwas Ekel. Und auch, dass es ein weiterer Schritt ist, mit dem ich mich von Dir entfernt habe.
Gestern hatte ich unheimlich viel zu tun, zu erledigen. War abends sehr geschafft. Die Katzen verlangten ziemlich aufdringlich nach Futter und auch ich musste etwas essen. Als ich gegessen hatte, kam wieder Hoffnungslosigkeit auf. Denn Du hast Dich nicht gemeldet, seit Du in München bist. Das genaue Gegenteil der letzten Tage seit Deinem Auszug. Und es hat mich geärgert, traurig gemacht. Klar, Du hast da jetzt unheimlich viel Ablenkung - auf welche Weise auch immer. Und ich musste wieder weinen.
Du willst hier Deine Therapie abschließen und dann vielleicht wieder nach München gehen. Hier wärst Du nie richtig angekommen. Und jetzt hatte ich einen Vorgeschmack, wie es wäre, wenn Du nach München zurück gehst. Dann gibt es kein brauchst Du das Auto?, kein Ich möchte die Katzen sehen mehr. Dann sind wir sehr weit voneinander entfernt, werden uns wohl nie mehr wiedersehen. Der Kontakt würde langsam einschlafen. Und ja, davor habe ich Angst, große Angst. Denn dann wäre es endgültig vorbei. Aber vielleicht beschließt Du nach diesem Wochenende in der Heimat auch schon, dass Du genauso gut jetzt schon wieder zurück gehen könntest. Mir zerreißt es gerade das Herz bei dem Gedanken
Heute hast Du mir geschrieben, wann Du Montag wieder hier bist und ob ich es schaffe, Dich dann abzuholen. Ja, passt sogar gut, weil ich zu der Zeit in der Stadt bin. Ich hatte eigentlich beschlossen, dass ich das Auto danach nicht mehr nehmen würde. Ja, das bedeutet, dass ich mindestens einen Tag in der Woche spät abends für 50 Minuten auf den Anschlussbus warten muss und dann im Dunkeln auch noch einen guten Weg zu Fuß zurücklegen muss. Und ich hatte beschlossen, den Kontakt am besten ganz einzustellen. Aber solange Du noch hier bist, wirst Du mich kontaktieren. Denn auch Du hast Schwierigkeiten ganz loszulassen, hast immer noch Hoffnung, wie Du mir sagtest.
Erst, wenn ich Dir klipp und klar sagen würde, dass ich keinen Kontakt mehr möchte, würdest Du es lassen. Aber dann wärest Du sehr traurig und wohl auch wütend werden. Wir würden dann streiten, im Streit auseinander gehen. Das möchte ich nicht. Ich möchte Dir nicht weh tun. Ich möchte doch eigentlich, dass alles wieder gut wird. Denn wenn ich meine Wut darüber, dass Du mich verlassen hast, dass Du weiter mit dieser Unke Kontakt hattest, zur Seite schiebe, weiß ich, dass ich Dich trotz allem immer noch liebe. Diesen Mann liebe, der Du ohne Deine Borderline Erkrankung bist. Der, der immer aufmerksam, liebevoll und fürsorglich war. Der so sehr an mir hing, mich liebte, immer hinter mir stand. Der, der weder auf Alk., Dro. oder ständig Party machen stand. Der, der uns so sehr wollte
22.09.2018 11:42 •
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