Vielleicht hilft es Dir, Dir das Folgende bewusst zu machen (das gilt für derartige Beziehungen sowie für Engagement im Privatleben, in Ehrenämtern usw.):
Was Menschen geben, geben sie vor allem für sich selbst und nicht für das Gegenüber.
Damit meine ich nicht, dass jeder Mensch, der sich engagiert, es ausschließlich tut, um sich an seiner Bedeutung zu laben, aber eben auch. Mir jedenfalls verleihen meine freiwilligen Aktivitäten einen gewissen Sinn und Spaß machen sie außerdem. Aber ich weiß nicht, ob ich ihnen nachgehen würde, wenn sie mir nicht auch einen gewissen Stellenwert verleihen würden in der Gesellschaft. Und ich bin mir nicht sicher (doch bin ich), ob das, was ich für die eigene Bedeutsamkeit daraus ziehe, nicht deutlich stärker ist als die damit einher gehende vermeintliche Selbstlosigkeit. Was Ehrenämter o.ä. angeht, finde ich das gar nicht schlimm, denn da ist ja beiden Seiten damit geholfen. In zwischenmenschlichen Beziehungen hingegen sieht das anders aus. Da ist Dir damit nicht geholfen, denn das Verhalten Deines Bekannten lässt Dich, obwohl Du Dich anbietest und aufopferst, immer wieder das Gefühl der Bedeutungslosigkeit spüren. Das tut Dir nicht gut.
Was ich damit sagen will: was Ihr Euch da gegenseitig gegeben habt, ist vermutlich weniger für den jeweils anderen als für Euch selbst. Also liegt auch der Schlüssel in Dir selbst.
Da stellt sich doch die Frage; warum hast Du Dich so aufgeopfert? Was hat es Dir gegeben und wie anders kannst Du diese Lücke füllen? Was gibt es Dir, jemandem beweisen zu wollen, dass Du ein Fels in der Brandung bist? Was willst Du dafür von ihm bekommen?
Du erwartest für Deine Eigenschaft als Fels Gegenleistungen. Wenn Du das tust, wird es zwangsläufig schwer, nicht verletzt zu werden, sobald diese Gegenleistungen ausbleiben.
Erwartungen abzulegen, ist ganz schwer und ich kenne nur wenige Menschen, die das fast ganz und gar können. Ich tappe auch oft in diese Falle. Frei nach dem Motto: Wenn ich das und das mache, dann muss der oder die andere doch dies und das machen. Wenn ich eine Enttäuschung verspüre, weil das nicht eintritt, hilft es mir, mir bewusst zu machen, dass ich diese nur verspüren kann, weil ich für eine ganz und gar freiwillige Leistung eine Gegenleistung erwartet habe, die der andere aber gar nicht zu geben verpflichtet ist und die für ihn womöglich auch gar nicht logische Folge meines Verhaltens ist. Oder es ist ihm schlicht egal, weil er den Standpunkt vertritt, ich würde meine Leistung ja freiwillig erbringen. Und so ist es ja auch.
Langes Geschreibe, kurzer Sinn. Such bei Dir selber nach Lösungen dafür, wie Dein Leben sich rund anfühlt, und nicht bei anderen bedürftigen Menschen.
Meine persönliche Ansicht ist, dass i.d.R. über kurz oder lang nichts als Leid dabei heraus kommt, wenn zwei verlorene Seelen sich gegenseitig zu retten versuchen. Deswegen ist m.E. eher Rückzug als Offensive angesagt, wenn man selber nicht stabil ist.
Es gibt noch einen weiteren Ansatz, den ich Dir mitgeben möchte. Ich weiß nicht genau, ob er richtig ist, aber es lohnt sich vielleicht über diesen Perspektivwechsel nachzudenken und Dich infolgedessen weniger als Opfer zu sehen.
Meine Therapeutin sagte, aus ihrer Sicht gäbe es so etwas wie Hochsensibilität gar nicht und das wäre nur eine neue Kuh, die durchs Dorf getrieben wird (wie zuvor das Thema Burnout o.ä). Sie sagte, was als Hochsensibilität verstanden wird, ist häufig die fehlende Fähigkeit, sich abzugrenzen und anzupassen. Das habe es schon immer gegeben.
Ich gebe das nur wieder. Wie gesagt, ich weiß nicht, ob es stimmt, denn ich habe das nicht weiter verfolgt. Aber ich finde, es hat durchaus etwas für sich, sich nicht einem aufgedrückten Stempel zu ergeben, sondern den Versuch zu machen, fehlende Fähigkeiten zu erwerben. Mit Zielen vor Augen statt Akzeptanz ins vermeintlich Unausweichliche kommt man wohl eher dahin, für sich Veränderungen zu erwirken. Also Abschichtung, Abgrenzung, Relativierung etc.
Sorry, ich glaube, das war einer meiner umständlichsten Beiträge, die ich hier jemals geschrieben habe. Vielleicht war trotzdem etwas dabei für Dich.
03.04.2020 16:15 •
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