Zwei Themen stehen im Vordergrund:
1. Was ist Fremdgehen, bzw. Untreue?
2. Was ist der Grund für die Trennung, die Strafe für ihn oder der Schutz für dich? Zu 1:In den wenigsten Beziehung wird klar definiert, welche Grenzen der Partner oder die Partnerin einzuhalten hat und womit diese Grenzen überschritten werden. Es gehört nun mal zum Bild einer liebevollen Beziehung, dass man sich treu ist, dass man nicht ausbricht und dass man eine gewisse „Ausschließlichkeit“ definiert.
Aber wo fängt diese Ausschließlichkeit nun wirklich an und wo hört die auf? Welche Rolle spielt da das Vertrauen? Ist es schon Betrug, wenn einer von beiden sich selbst befriedigt? Die meisten würden darüber lachen, aber eben nicht alle. Es gibt Menschen, die in ihrem gesamten Vertrauen zutiefst erschüttert sind, wenn sie das beim anderen entdecken. Sie haben also für sich und aus ihrer Geschichte heraus Bedingungen gestellt, die vielleicht nicht ausgesprochen wurden, deren Einhaltung sie aber trotzdem selbstverständlich erwartet haben. Bedingungen, die ziemlich unrealistisch sind. Und dasselbe gilt für diesen Fall, denn er hat ja nicht mal die andere Frau berührt und von Verliebtheit oder gar Liebe kann überhaupt nicht die Rede sein.
Womit betrügt ein Partner denn nun? Mit Umarmung, mit Kuss, mit Berührungen oder erst mit dem Geschlechtsverkehr? Oder doch schon mit der SB? Oder sogar mit dem Verschicken von Bildern?
Dein Partner war also im klassischen Sinn gar nicht untreu, obwohl das die meisten hier anders sehen. Er hat es möglicherweise so gesehen, dass er „kompensiert“ hat, eine Ausweichmöglichkeit gewählt hat, die nicht zu euren Vereinbarungen gehörte. Das das naiv war, brauchen wir nicht zu diskutieren, es war sogar dämlich. Aber muss es durch Trennung bestraft werden?
Und nun zu 2:Siehst du die Trennung als Sanktion, als Strafe, weil er etwas getan hat, was in deinen Augen „Untreue“ ist und was nicht ungestraft bleiben darf? Dann solltest du nicht vergessen, dass du dich selber ebenso bestrafst wie ihn. Denn dein Lebensplan war ein anderer, der ist ab jetzt hinfällig. Und zwar nicht, weil er dich verlassen hat, sondern weil DU dich getrennt hast. Du hast die Beziehung beendet, nicht dein Partner. Es ist nur DEINE Interpretation, dass du dich trennen musstest um ihm klar zu machen, dass er in deinen Augen untreu war. Und da kommt wieder das Bild von der Biene ins Spiel. Die kann stechen und das tut sehr weh. Aber dann stirbt sie. Und sie hat keinerlei Vorteil von dem Stechen. Bei euch stirbt die Beziehung, die Liebe, der Lebensplan. Wenn es also eine Strafe sein soll, dann solltest du dir es noch mal gut überlegen, ob es das wert ist.
Wenn die Trennung aber ausschließlich dazu dienen soll, dich vor künftigen ähnlichen Dämlichkeiten durch den Expartner zu schützen, dann kann das sinnvoll sein. Denn das passiert dann nicht mehr. Er kann dann tun was er will, auch wenn er der Vater eines Neugeborenen ist. Es bleibt abzuwägen, ob ein Kind, dass nicht in der Familie aufwächst und sein Leben lang mit der Tatsache leben muss, dass die Mutter sich während der Schwangerschaft getrennt hat, wirklich glücklich aufwächst, ob es also die Trennung wert war. Oder willst du dem Kind später genau erzählen, was der Vater getan hat, als du ihn verlassen hast und ihn – deiner Meinung nach – verlassen musstest? Soll das Kind das wirklich erfahren? Oder wenn du es nur andeutest, wird der Vater nicht versuchen es klarzustellen, wenn das Kind älter ist und darauf hinweisen, dass nicht er die Trennung wollte sondern du?
Das sind eine Menge wichtiger Fragen, die du dir beantworten solltest, bevor du die Trennung als endgültig ansiehst. Und natürlich kann ein professioneller Helfer dabei dienlich sein, egal ob man das Paarberatung oder Paartherapie nennt. Mit Hilfe eines Profis können diese Fragen noch mal von allen Seiten betrachtet werden und dann wird erst entschieden. Ich finde, das Ungeborene hat ein Recht darauf, dass diese Trennung nicht leichtfertig geschieht, sondern gut überlegt und gut begründet. Oder eben auch gar nicht.