Die Wahrheit ist, dass ich vor Aufgeregtheit vor dem Besuch nächste Woche und die aktuellen Einsamkeitsgefühle erst völlig irritiert war, jetzt für das WE keine guten Ziele für mich finden konnte, obwohl ich ganze zwei Tage Zeit habe, die Sonne scheint und ich Vieles tun könnte. Ich habe mich jetzt schon den dritten Tag mit Essen zugekloppt, zugenommen und bin ganz verzagt,was ich da mit mir mache.
Im neuen zusätzlichen Job als Psychologin gebe ich so viel und kümmere mich so intensiv um die Belange anderer, und wenn das WE kommt bin ich ein Häufchen einsames Irgendwas. Aber ich will mich nicht in dieses schreckliche Gefühl von Unzulänglichkeit und Einsamkeit fallen lassen. Ich gehe erst mal davon aus, dass meine Empfindungen die Projektionen aus meiner Vergangenheit sind und gar nicht klar ist, was mit dem Besuch nächste Woche für Themen entstehen.
Notfalls kann ich bei überschäumender Angst immer noch absagen.
Aber mal ganz ehrlich...durch meinen neuen Job mache ich Hausbesuche, und was ich da an Reichtum bei den Familien sehe...unglaublich. Als ich Kinder hatte war ich Studentin, jahrelang, viel zu lang, weil es alles andere als einfach war, mehrfach traumatisiert und ganz allein, keine Eltern, keine Freunde, bis heute. Und wir waren arm und kamen da nicht raus. Im Jahr konnte ich zweimal 50 Euro sparen, und die gingen dafür drauf, dass der Tierarzt für die Meerschweine bezahlt wurde.Wir warwn weit unterhalb des Arge-Satzes, weil ich als Studentin natürlich selber für meinen Bedarf aufkommen musste, ich war stundenweise selbstständig. Es war wie ein ewiger Kreislauf von Ausgeliefertsein und Aushalten, Erdulden, Anpassen, Stillhalten, Verzagen und sich ganz fürchterlich schlecht fühlen. Unsere Möbel waren vom Sperrmüll und die Kleider alle gebraucht. Ich konnte meinen eigenen Bedarf nicht ganz allein verdienen und es gab keinen Unterhalt von Vater der Kinder, ich traute mich keinesfalls, einen Rechtsstreit zu beginnen. Das hatte mit den Traumata zu tun. Nichts fordernnzu können ist ja als Thema damals schon zentral gewesen, und ich habe versucht, mit diesen seelischen Behinderungen ganz bewusst andere Wege zu gehen, eben durch Anpassung auf einem niedrigen Niveau, nichts von anderen fordern und sich nicht bemerbar zu machen. Bis zur unglaublichen Erschöpfung hat das funktioniert, ich war wie ausgehölt, habe aber nie eune Kur oder Ähnliches gemacht. Man kann aber nicht mehr an sich selber glauben, auch wenn man mal mit ganz anderen Träumen gestartet ist. Familie gegründet und studiert habe ich ja mit positiven, zukunftsorientierten Zielen, mit umfassenden Hoffnungen auf eine gute Zukunft.
Wie wir das alles geschafft haben, meine Kinder haben mir nie Vorwürfe gemacht. Meine Tochter hat sich sogar mal bei mir bedankt, dass sie durch die masive Armut gelernt hätte, mit möglichen gesellschaftlichen Krisen besser zurecht zu kommen. Na toll .
Warum kommt das jetzt alles hoch? Ich mache mir immer noch Vorwürfe. Habe immer noch das Gefühl, Schuld auf mich geladen zu haben oder mich für das alles verteidigen zu müssen. Weiß ich ja, dass das nicht stimmt.
Keine Ahnung warum das alles hoch kommt. Ach so, ich glaube, wenn ich sehe, wie selbstverständlich die Familien auf ihre Bedürftigkeit pochen, Psychologen und Sozialpädagogen etc. en masse in Anspruch nehmen, noch Geld fordern usw. usw., dann fällt mir da eine starke Diskrepamz zu meinem eigenen Leben damals auf. Und während der Woche kommt es nicht so durch, aber am WE fällt mir doch sehr stark auf, dass ich einige Lebensbereiche immer noch nach diesem Credo von damals lebe. Ja nicht nach außen gehen und meine Bedürfnisse in die Welt tragen. Wohin auch. Das fällt mir komplett auf die Füße.
Mir eine schöne Zeit mit angenehmer Wohnatmosphäre und leckerem, gesundem Essen, schöner Musik, einem schönen Hobby zu bereiten - das habe ich heute versucht, aber ich habe weitergehende Bedarfe. Muss ich weiter in mich hineinfühlen.
Ich stelle mir jetzt einfach vor, es gäbe mich zweimal. Und die imaginäre A. steht wachsam und stark neben mir und hält meine Hand und hat keine Angst. Und wenn ich kuscheln möchte und Nähe und Trost spüren möchte, ist diese imaginäre Erwachsene da. Ich bin für mich da.
09.03.2024 20:06 •
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