Zitat von c_minor: Wenn du es sowas wie Bindungsangst hättest würdest du im ganzen Leben keine Freunde haben, weil das auch Bindungen sind,
Das ist schlichtweg falsch. Unbestritten sind auch Freundschaften Bindungen, aber eben solche, die einen emotional nicht so stark berühren wie eine Liebesbeziehung. Im Gegenteil sind bindungsvermeidende oder bindungsängstliche Menschen sogar oft sehr gut in der Lage, Freundschaften zu führen, da sie unverbindlicher sind. Man kann Freunde treffen oder auch nicht, mit ihnen kommunizieren oder auch nicht, wenn man gerade keine Lust darauf hat. Aber die Verbindlichkeit einer Beziehung hat eine Freundschaft keinesfalls und wird daher weniger als Einengung empfunden.
Und mancher Bindungsängstler ist sogar mit Familien befreundet und geht dort ein und aus, weil es ihm gut tut und er sich da auch ein Quentchen Nestwäre abholt, weil er innerlich meist einsam ist.. Er hat hier aber keinerlei Verantwortung und Zuständigkeit und genau daher werden Freundschaften durchaus gerne auch von bindungsängstlichen Menschen eingegangen und gepflegt.
Im Grund genommen strebt jeder Mensch nach Bindung, nach Zugehörigkeit, nach Vertrauen, aber manche Menschen haben aufgrund schlechter Erfahrungen damit ihre liebe Not, wenn eine Bindung eng wird.
Der aktive Bindungsvermeider entwickelt entsprechende Verhaltensweisen, die ihn eine Beziehung noch erträglich machen. Z.B. anderweitige Kontakte, die er alleine trifft und ohne Partner. Auch zeitaufwändige Hobbies, denen er ohne Partner nachgeht, sind eine Möglichkeit. Oder das Reinsteigern in die Arbeit, weil das Arbeitsleben als Fluchtmöglichkeit gefühlt wird. Oder er ist physisch anwesend, psychisch und emotional aber abwesend und zieht sich daher z.B. gerne hinter seinen PC oder sein Smartphone zurück oder schraubt Stunden lang an seinem Auto rum.. Einschlägige Fragen des Partners nach Liebe, werden nicht adäquat beantwortet. Stattdessen kommen schwurbelige Aussagen wie, Du weißt doch, dass ich Dich mag und die keinen satt machen.
Und dann noch langfristige Planungen, oh Gott, Finger lieber weg davon. Die Planung eines gemeinsamen Urlaubs kann ihm ein Greuel sein, weil er da ja feste Zusagen eingeht und 24/7-Beziehung zu befürchten ist.
Es gibt auch durchaus bindungsängstliche Menschen, die eine Ehe führen und eine Familie haben, aber eben doch schauen, dass sie sich ihre Freiräume schaffen können.Wenn der Partner damit leben kann, kann das durchaus auch funktionieren.
Leider geraten aktive Vermeider meist an die passiven Vermeider. Das sind dann diejenigen, die auf der bewussten Ebene einen starken Wunsch nach einer Beziehung haben. Wenn sie aber greifbar ist, driften sie ab oder geraten zumindest in Selbstzweifel. Oder aber sie empfinden eine Liebe zu einem Partner, von dem sie ungewusst wahrnehmen, dass er nicht so zieht, besonders stark und leiden dann entsprechend.
Solche Menschen sind auch oft Meister darin, sich in nicht erereichbare Personen zu verlieben. Da ist der angeschmachtete Partner entweder zu jung oder zu alt oder gar vergeben oder hat schlicht weg kein Interesse. Wenn ich da meine Jugend so ansehe, erkenne ich mich hierin deutlch wieder. Helmut hätte ja Interesse an mir, aber leider langweilt er mich und reizt mich nicht. Das kann ein Schutzmechanismus des Unterbewusstseins sein, das vor Bindungen Angst hat. Aber auf Sven habe ich schon lange ein Auge geworfen, aber leider zeigt er kein Interesse an mir. Also kann ich meine unerwiderte Liebe sozusagen gefahrlos pflegen, ja mich sogar hinein steigern.
Und was als klinische Erkrankung definiert wird, spielt eigentlich keine Rolle. Nur weil es in einem Index nicht verzeichnet ist, heißt es nicht, dass es die Erscheinung nicht gibt.
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