Scarlett2016
- 1682
- 1981
Zitat von Wendra:Hallo Waldfee, vielen Dank für deine Worte.
Ich habe durchaus ähnliche Gedanken. Es ist nicht so, dass er ein schwacher oder nehmender Mensch ist. Er hat viel auf sich genommen, um zu wachsen. So hat er es aus eigenem Antrieb geschafft, endlich Auto zu fahren (was er wegen eines Unfallstraumas vor 20 Jahren nie mehr tun wollte). Jede Fahrt setzt ihm nervlich zu, aber er tut es trotzdem. Äußerlich ist er ein Macho, der mit beiden Beinen fest im Leben steht, und darauf bin ich eben hereingefallen. Erst über die Jahre hat er nach und nach Dinge offenbart, von denen bis heute kaum jemand etwas weiß. Die Wurzeln liegen natürlich in der Kindheit.
Ich habe viele große und kleine Versuche gestartet, ihn zur Unabhängigkeit zu verhelfen (natürlich bin ich darin kein Experte).
So war ich für ein halbes Jahr in Frankreich als räumliche Trennung (er hat mich permanent angerufen, bis ich das Handy ausschaltete). Als ich zurückkam, war er ein nervliches Wrack; er hatte das Konsulat, die Gendarmerie und die französischen Hells Angels alarmiert, damit die mich ausfindig machten. Ich habe ihn gebeten, beispielsweise eine autarke Outdoor-/Backpackertour zu machen, um wieder zur eigenen Stärke zu finden, oder einen Schreibkurs speziell für sein Defizit zu belegen, damit er allein klar kommt. Ich habe ihm Vorschläge zur Selbständigkeit in allen möglichen Bereichen unterbreitet, auf die er nicht reagiert. Meine anfängliche Weigerung, seine ausstehenden Posten zu zahlen oder seinen Bürokram zu erledigen, endete damit, dass er in völlige Handlungsunfähigkeit verfiel und gar nichts mehr tat.
Sobald er gezwungen ist, seine winzige Komfortzone zu verlassen, ist Schluss. Er lässt sich schnell aus der Bahn werfen. Ich bezweifle, das es mit gewachsener Abhängigkeit zu tun hat. Seine Art, auf Schwierigkeiten zu reagieren, ist schlicht anders als meine. Er ist auf Anerkennung von außen angewiesen, um sich gut zu fühlen. Ablehnung macht ihm schwer zu schaffen.
Er ist lethargisch und hofft allen Ernstes auf einen Lottogewinn. Ihm fehlen Lebensziele, die ihm einen langfristigen Antrieb geben. Sein einziger Fokus liegt darauf, die Beziehung, die nach seinen Worten sein einziger Lebenszweck ist, nicht scheitern zu lassen. Ein Schlussmachen würde er als Quittung für seine Defizite sehen, obwohl ich versucht habe, zu erklären, dass ich mich in der Verantwortung des Scheiterns sehe, weil ich dieser Beziehung nicht länger gewachsen bin und es zu lange habe schleifen lassen.
Eine Beratungshilfe will er nicht annehmen, da ihn das in seinen Augen noch kleiner macht. Er hat bereits Erfahrung mit Psychologen/Therapeuten gesammelt und die haben ihm nicht helfen können. Seine letzte Trennung verlief extrem dramatisch für ihn und er ist bis heute nicht darüber hinweg, trotz Aufenthalt in einer entsprechenden Einrichtung.
Wendra
Zitat von Scarlett2016:
So wie Du ihn beschreibst vermute ich eine Persönlichkeitsstörung.
Du bist doch ganz klar in Deinen Gefühlen, Gedanken und konntest gut in Worten fassen, was Du willst und was nicht.
Was hindert Dich jetzt genau daran, Dich zu trennen?
Ringelblume2
Ex_Mitglied
Wendra
Zitat von Failed:Ja, Du fühlst Dich in der Verantwortung.
Und dieses Gefühl wirst Du auch nicht so einfach abstreifen können.
Ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht wie ich an Deiner Stelle damit umgehen würde.
Denk an Dich, trenn Dich, er alleine ist für sich und sein Leben verantwortlich ist immer einfach gesagt. Und im Grunde ist es ja auch richtig.
Es umzusetzen, im sicheren Wissen was dann mit dem Menschen passieren wird den man verlässt und der einem ja dennoch wichtig und alles andere als egal ist, super schwierig.
Andererseits kannst Du nicht bleiben ohne selbst kreuzunglücklich dabei zu sein.
Ich glaube ich würde, trotz allem Verständnis und Mitgefühl für ihn, auch eine große Wut empfinden.
[…]
Zitat von Wendra:Du hast vollkommen Recht und das ist mir höchst bewusst. Mir fehlt einfach die Härte, um Nach mir die Sintflut - Das war's mit uns beiden zu sagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Trennung für ihn schlimm endet, setzt mir höllisch zu. Ich will, dass es ihm gutgeht, auf welche Art auch immer, denn trotz allem habe wir vieles geteilt, was wir mit anderen Menschen nie teilen würden.
Über die Jahre lebt man ja kein oberflächliches Leben, da sind natürlich Verbindungen entstanden, die sich nicht mal eben so kappen lassen. Die Dinge, die ich von ihm weiß, hat er nie anderen offenbart. Seine Lese-/Schreibschwäche und seine Versagensängste hat er bis heute erfolgreich vor der Außenwelt verbergen können.
Vermutlich bin ich also in so eine Art Verantwortungs-Abhängigkeit geraten. Ich hätte eher die Reißleine ziehen sollen, aber so schlau war ich leider nicht.
Zitat von finita:Sieh es mal von der anderen Seite. Solange Du ihm alles abnimmst, alles ausbügelst, alles für ihn regelst, hat er gar keine Not, das selbst zu tun. Und in seinem Alter sollte er das tun, vor allem sollte er sehen, dass er einfach krank ist. Das was Du da beschreibst, ist ne manifestierte Depression, mit der er nur so gut durchkommt, weil Du alles vereinfachst.
Letztendlich stehst Du irgendwie auch der Chance im Weg, dass er an seinen Problemen arbeitet (ob er es dann tut oder nicht steht auf einem anderen Blatt).
Wendra
Zitat von BillePuppe:Hey Wendra,
[…]
Wollte dir einfach mitteilen: Du bist nicht alleine mit deinem grossen Problem.
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