Liebes Regenwürmchen,
seit gestern lese ich hier mit und....vieles von dem, was du geschrieben hast, kommt mit bekannt vor.
Vor zwei Jahren war ich an der gleichen Weggabelung wie du, Regenwürmchen. Ich hatte mich über ein gemeinsames Hobby in einen Mann verliebt, der ebenfalls verheiratet war, dessen Ehe ebenfalls stressfrei und reibungslos, aber lieblos war, der ebenfalls Kinder hatte, der ebenfalls ein großes Anwesen (=Villa?) hatte, der ebenfalls gesellschaftlich etabliert war, etc. Ich war wie du strikt gegen eine Affäre, obwohl ich mich von Anfang an richtig in ihn verliebt hatte. Und er sich in mich. Gestern abend habe ich eine meiner ersten mails an ihn herausgesucht um nochmal zu lesen, wie ich ihm meine Prinzipien damals geschrieben hatte. Es ging mir vor allem darum, dass ich mir damals gar nicht vorstellen konnte, wie so eine heimliche Beziehung, die gar keine richtige sein darf, überhaupt funktionieren soll. Ich konnte mir nicht vorstellen, ihn mit einer anderen Frau zu teilen....
Wir trafen uns also über ein halbes Jahr ohne dass es zu S. gekommen wäre, sondern unternahmen alles mögliche zusammen, telefonierten und schrieben täglich stundenlang. In diesen Monaten war es immer wieder Thema, wie sehr ihm einige Dinge fehlten in seiner Ehe und wie wichtig ich ihm sei. Er hat mir gleichzeitig aber schon damals immer wieder gesagt, dass er an seiner Ehe festhalten möchte. Grund: Er wollte weder an seiner finanziellen (Häuser etc.) noch an seiner familiären (Kinder...) noch an seiner gesellschaftlichen Situation (Ansehen....)Abstriche machen. So, jetzt stand ich an der Weggabelung an der heute DU stehst, Regenwürmchen. Aber: ich habe mich anders als du entschieden. Weil ich ihn so sehr geliebt habe, dass ich sicher war, dass es niemals nur bei einer Affäre bleiben würde, trotz aller Hindernisse und trotz seiner Haltung, sich nicht von seiner EF trennen zu wollen. Ich war mir absolut sicher. Er war DER Partner, den ich mir immer gewünscht hatte. Und so wurde also aus der vorerst nur emotionalen eine auch s. Affäre. Wie ging es dann weiter?
Das Positive zuerst: Wir hatten eine wunderschöne Zeit, nie zuvor habe ich so intensive Tage, Nächte, Wochenenden, Kurzurlaube mit einem Mann verbracht. Wir schwebten auf Wolke 7. Verbrachten so viel Zeit wie möglich zusammen. Teilten Träume, Hoffnungen, Wünsche. Und: Nach etwa einem Jahr kam das Thema Scheidung bei ihm auf. Ich weiß noch, wie aufgewühlt ich war, als wir zum ersten mal konkret darüber gesprochen hatten, welche (auch finanziellen) Konsequenzen dies für ihn haben würde. Denn ich hatte zwar immer tief im Herzen irgendwie gehofft, dass wir eines Tages auch offiziell zusammen leben könnten, aber nicht wirklich daran geglaubt. Eher hatte ich die Zeit und den Anteil, den ich an ihm hatte, einfach genossen und das beste daraus gemacht. Und insgeheim natürlich von einem happy end geträumt. Und nun sollte sich mein Traum erfüllen. Er wollte raus aus seiner Ehe.
Nun kommt der Negative Teil meiner Geschichte: Wir sprachen also über das wann und wie. Es gab heftige Auseinandersetzungen mit seiner EF, von denen er mir erzählte. War er vorher immer gut gelaunt und voller Pläne, optimistisch und voller Tatendrang, so wurde er jetzt von Woche zu Woche in sich gekehrter, gereizter und wehleidiger. Begann wieder zu rauchen. Hatte schlaflose Nächte, nahm Schlafmittel. War jede zweite oder dritte Woche krank. Ich verstand die Welt nicht mehr. Er litt, das konnte ich sehen, zum ersten Mal unter seinem Doppelleben. Und zwar genau jetzt, wo unsere gemeinsame Zukunft scheinbar zum Greifen nah war. Wir diskutierten über die Folgen, die seine Scheidung in jeder Hinsicht für ihn mit sich bringen würde. Wir sprachen über Bekannte, die sich von ihren EP getrennt hatten und welche Konsequenzen das für sie hatte, im Positiven wie im Negativen. Ich spürte, wie er mir Tag für Tag ein Stück mehr entglitt, ich weiß nicht wie ich es anders nennen soll.
Regenwürmchen, Du fragst Dich nun: wie ging die Geschichte aus? Wir haben uns vor drei Wochen getrennt. Das ist der Grund, warum ich hier im Forum bin. Wie Dir schwirren mit 10000 Gedanken durch den Kopf: was hätte ich anders machen sollen/können/müssen? Zwei wunderbare Jahre hatten wir zusammen. Aber es waren zwei Jahre, die uns noch näher gebracht haben, noch mehr Liebe und noch Hoffnungen hervorgebracht haben. Um dann doch festzustellen: er schafft es nicht, sich aus seiner Ehe zu lösen. Jedenfalls im Moment nicht. Er hat den emotionalen Stress völlig unterschätzt.......
Ich bin von ihm nicht getäuscht oder hingehalten worden, nicht belogen worden (hoffe ich jedenfalls) und nicht unter Druck gesetzt worden. Trotzdem bin ich unglaublich traurig. Weil ich gelernt habe, dass nicht man eben nicht alles schaffen kann, was man sich wünscht.
So Regenwürmchen, nun entscheide: Welchen Weg hättest du eingeschlagen an meiner Stelle, damals als ich an der selben Kreuzung stand wie Du?
Alles Gute wünscht Dir
die Schimmelreiterin (übrigens auch mit Pferd wie du)
03.11.2017 16:41 •
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