Ich schaffe es nicht loszulassen

Hi liebe Community.

Ich wende mich an euch, da ich es nach einem halben Jahr immer noch nicht schaffe, loszulassen.

Ich habe mich Anfang des Jahres nach 10 Jahren Beziehung getrennt, weil ich meiner Meinung nach keine Gefühle mehr hatte. Auch hatte ich keine Lust mehr auf ihn und fühlte mich nicht mehr zu ihm hingezogen.
Es fühlte sich eher wie eine gute Freundschaft an als eine Beziehung.
Wir hatten alles, tolles Haus, tolle Familien, Haustiere, tolle Urlaube, nur das mit dem Kinderkriegen habe ich immer hinausgezögert.

Die ersten Wochen nach meiner Trennung waren okay und ich war im Reinen mit meiner Entscheidung.
Dann urplötzlich wurde mir allerdings der Boden unter den Füßen weggerissen, als ich sah, dass er mit einer anderen Frau schreibt. In diesem Moment haben wir noch zusammen im Haus gewohnt und auch ich habe mit anderen Männern geschrieben.
Irgendwie ging es von da an nur noch bergab. Ich hab 10 Kilo abgenommen, konnte nichts mehr essen, nicht mehr schlafen, weinte jeden Tag und kam überhaupt nicht mehr klar.
Ich habe wohl aus Verzweiflung und aus Angst vor dem Alleinsein mehrere Versuche gestartet, ihn zurückzugewinnen, doch er wollte sich Zeit lassen, da er sich nicht mehr sicher war.
Während meiner psychisch schlechten Phase hat er mir so einiges an den Kopf geworfen, zB dass er jetzt weiß, dass er interessant für andere Frauen ist, dass ich erstmal einen Neuen finden muss, der mit mir klar kommt und dass ich keinen Besseren finden werde als ihn.
So ging das eine ganze Zeit lang, bis meine Familie mich aus dieser Situation herausholen musste, weil ich einfach nicht mehr konnte.

Nun sitze ich hier, es gibt Phasen, wo es mir gut geht, allerdings auch solche, wo ich mich schrecklich fühle, weine und mich nur selbst bemitleide.
Antidepressiva nehme ich seit zwei Monaten.
Ich möchte einfach von ihm loskommen und nach vorne schauen können.
Seit 3 Monaten halte ich auch komplette Kontaktsperre, hab alle Fotos und Erinnernungen gelöscht, trotzdem wird es nur ganz langsam und phasenweise besser.

@Ginko30

Liebe Ginko,
zehn Jahre lassen sich nicht einfach so auslöschen und ihr habt ja auch schöne Zeiten miteinander gehabt.

Ich habe das Gefühl, dass du jetzt, wo du merkst dass er auch für andere Frauen interessant ist, deine Entscheidung bereust.

Wie lange dauerte es denn, bis du diese Entscheidung zur Trennung getroffen hast ?

In jeder Beziehung gibt es Phasen wo es einfach in einen Trott gerät. Man kennt sich, weiß fast alles vom anderen und man bemüht sich nicht mehr so, wie am Anfang.

Wenn du ihn nur zurückhaben möchtest, weil du Angst vor dem alleine sein hast, wäre das der falsche Weg.

Dass er verunsichert ist, kann ich verstehen.
Lass ihm doch noch ein bisschen Zeit und dränge nicht in ihn, denn das wäre im Moment zuviel Druck.

Fühl dich mal gedrückt.

Hey,

erstmal tut es mir leid, dass es dir so schlecht geht - gehst du denn, neben der Medikamenteneinnahme, zur Therapie?

Ich habe erst gestern wieder einen Satz gehört, der mir schon vor einiger Zeit die Augen geöffnet hat: Veränderung fühlt sich selten gut an, meistens sogar ziemlich übel. Alles Ungewohnte muss erstmal verarbeitet und nach und nach integriert werden. Selbst wenn du also von dir aus eine Entscheidung getroffen hast, mit der du in ein neues Leben starten wolltest, heißt das nicht, dass es dir sofort und immer damit super gehen muss. Mir hat diese Erkenntnis damals sehr geholfen, und das tut sie immer noch.

Außerdem ist ein halbes Jahr aus meiner Sicht keine lange Zeit, vor allem für so eine lange Beziehung. Sowieso hat jeder sein eigenes Tempo, manche brauchen länger, manche eben nicht. Das wichtigste ist, sich nicht dafür zu verurteilen und den Schmerz durch selbstzerstörerische Gedanken zu verstärken. Sei gut zu dir selbst und erlaube dir zu trauern, versuche aber trotzdem, regelmäßig zu essen - etwas, was du gerne magst (und am besten halbwegs gesund ist). Der Sommer gilt zwar immer als tolle Jahreszeit, aber gleichzeitig triggert er auch viel, weil die Menschen draußen Spaß haben und das im großen Kontrast zum leeren Inneren steht - so geht es mir zumindest häufiger mal.

Ich wünsche dir viel Kraft und bin mir sicher, dass bessere Zeiten kommen werden!

Weißt Du, ich kann nachfühlen, wie es Dir geht. Auch ich habe irgendwann meine Entscheidung hinterfragt und alles vermisst. Du siehst nun, dass er raus geht und interessant für andere ist. Das weckt den Besitzerinstinkt und ja, auch Eifersucht macht sich breit. Bitte setze Dich hin und hinterfrage, warum Du Dich getrennt hast. Ob man das wieder hin bekommen könnte. Genau das hab ich seinerzeit auch getan und wir haben es nochmal versucht. Doch bereits nach kurzer Zeit merkte ich dass es wirklich nicht mehr passt und wir trennten uns erneut. Heute bin ich froh darüber. Das soll aber kein Maßstab sein. Natürlich könnte es bei Euch anders sein. Aber letztendlich müsst ihr beide dies entscheiden und im schlimmsten Fall, entscheidet er sich nun auch gegen Dich.

Danke erstmal für all eure Kommentare.

Ich habe meine Entscheidung gut überdacht und war schon seit einiger Zeit nicht mehr zufrieden in der Beziehung. Ich hatte mich selbst dabei erwischt, wie ich nach Wohnungen gesucht habe, als wir noch zusammen waren, dies allerdings immer wieder verdrängt.
Auch habe ich mir manchmal gewünscht, dass er mir einen richtigen Grund liefert, mich zu trennen, was ja bereits darauf hindeutet, dass es einfach nicht mehr richtig war.
Ich vermisse ihn seit der Trennung immer noch nicht, ich vermisse nur die Gewohnheit, dass jemand da ist.
Ich weiß ganz genau, dass zu ihm zurück zu gehen der falsche Weg ist.
Sowieso ist bereits so viel Zeit vergangen und ich möchte auch nicht zurück zu ihm.
Irgendetwas hält mich allerdings immer noch zurück und so kommt es oft, dass ich alles in Frage stelle.

Zudem gerate ich dann in diese Gedankenspirale, aus der ich nicht herauskomme. Ich vergleiche mich dann mit anderen und sage mir oft, dass andere Paare es doch auch hinbekommen.
Ich habe soviel, worüber ich mich freuen könnte, allerdings kann ich mich im Moment überhaupt nicht freuen.

Ich gehe auch zur Therapie, was mir weiterhilft, allerdings schaffe ich es immer noch nicht, endgültig abzuschliessen.
Auch habe ich keine Motivation, irgendetwas zu tun, was mir Spaß machen könnte, am liebsten würde ich mich den ganzen Tag zuhause verkriechen..

Laß Dir doch einfach ein bißchen mehr Zeit - emotionale Heilungen geschehen nicht über Nacht. Und man muss sich von lieb gewordenen Gewohnheiten, wie nicht allein zu sein, usw., erst entwöhnen.
Es braucht einfach Zeit- gib sie Dir .

Zitat von Ginko30:

Dann urplötzlich wurde mir allerdings der Boden unter den Füßen weggerissen, als ich sah, dass er mit einer anderen Frau schreibt. In diesem Moment haben wir noch zusammen im Haus gewohnt und auch ich habe mit anderen Männern geschrieben.

Nach einer Trennung hat keiner der beiden mehr die emotionale Verpflichtung zur Treue. Also kannst du mit anderen Männern schreiben - was du ja auch getan hast. Wenn dir dann andererseits das Schreiben deines Ex-Mannes mit anderen Frauen den Boden wegzieht ist dann doch seltsam. Warum empfindest du so?

@ElGatoRojo ich glaube ich habe so empfunden, weil auf einmal alles konkret wurde und ich mir bewusst wurde, was ich alles aufgebe.
Dann kamen eben noch die Aussagen von ihm dazu, von wegen dass ich keinen Besseren finden werde usw, sodass ich mich und alles auf einmal in Frage gestellt habe
Tief in mir drin wusste ich ganz klar, dass die Entscheidung richtig war, allerdings habe ich mir alles etwas leichter vorgestellt
Nun bin ich 30 und alleine, alle meine Freundinnen stehen mit beiden Füßen im Leben, haben Kinder und führen, wie es aussieht, glückliche Partnerschaften.
Ich mache mir ständig den Vorwurf, warum es bei mir nicht so war und ob ich möglicherweise zu früh aufgegeben habe, obschon ich nicht mehr glücklich war.

Zitat von Ginko30:

Nun bin ich 30 und alleine, alle meine Freundinnen stehen mit beiden Füßen im Leben, haben Kinder und führen, wie es aussieht, glückliche Partnerschaften.

Ich verstehe dich, aber wenn du in dieser Beziehung nicht glücklich warst, warum dann noch Kinder in die Welt setzen und diese leiden dann unter der Trennung.

Zitat von Ginko30:

obschon ich nicht mehr glücklich war.

Genau das ist der springende Punkt. Deine Zweifel kamen, so ich dich richtig verstehe, erst, als du bemerkt hast, dass er mit anderen Frauen schreibt. Vorher war die Trennung für dich folgerichtig. Bist du sicher, dass da nicht irgendwo verletzter Stolz kickt, weil er so schnell wieder auf die Suche geht, während du als Verlasserrin noch damit zu kämpfen hast? Das wäre nämlich keine Liebe mehr und du hättest dich nicht falsch entschieden!

Ich habe mich nicht falsch entschieden, da bin ich mir sicher.
Ich habe bereits festgestellt, dass ich ihn als Person überhaupt nicht vermisse.
Ich vermisse lediglich die Geborgenheit, Sicheheit und die Gewissheit, dass jemand da ist.
Und ich möchte mich nun natürlich auch nicht auf den Erstbesten stürzen, der mir nur als Lückenfüller dienen würde.
Ich mache mir nur Gedanken, ob das normal ist, dass ich ich nach 6 Monaten noch manchmal unter Kopfkino leide und ich verstehe einfach nicht, was mich so zurückhält.
Andererseits sage ich mir, dass man 10 Jahre nicht einfach so vergessen kann und ich mir Zeit lassen muss, um über alles hinwegzukommen.
Wie gesagt, ich gehe fest davon aus, dass meine Entscheidung richtig war, ich verstehe einfach nicht, warum ich noch nicht weitermachen und nach vorne schauen kann. Die Vergangenheit holt mich öfter ein, wie mir lieb ist.
Ich setze mich selbst zu sehr unter Druck und verlange von mir, dass es endlich besser werden muss, aber ich glaube ich bin einfach noch nicht so weit..
Den Prozess würde ich allerdings sehr gerne beschleunigen, falls irgendwie möglich..

@Ginko30
Wenn du mehr beschleunigen willst, machst du nur noch mehr Druck. Das ist keine gute Idee.
Geh es in Ruhe an und schau wie es wird. Akzeptanz ist wichtig um weiter zu machen. Aber diese ist bei dir, einfach noch nicht so vorhanden, wie du sie brauchst.
Du brauchst einfach Zeit und die, solltest du dir auch geben.

@Ginko30 hm, ich will jetzt niemandem zu nahe treten, aber jede Beziehung flaut mit der Zeit ab, erst hält der Alltag Einzug in die Beziehung und dann wird sie selbst zum Alltag und auf die Frage warum denn andere Paare glücklich sind, nun es kommt eben darauf an, was einem selbst wichtig in einer Beziehung ist, jemand der sich immerwährend begehrt fühlen möchte hat eben in langjährigen Beziehungen kein Glück, anderen reicht das Gefühl der Geborgenheit und/oder das Wissen dass immer jemand da ist um glücklich zu sein. Was Deine Gefühlswelt angeht, auch der sich trennt trauert, denn er verlässt etwas Gewohntes und die 5 Phasen der Trauer sind nunmal Nicht-Wahrhaben-Wollen, Zorn, Verhandeln, Depressionen, Zustimmung, wobei das nicht als Linie zu sehen ist, sondern als ineinander verschlungenes Gebilde, man kann bestimmte Phasen sehr oft durchlaufen und andere dafür nur am Rande berühren und wie lange dieser Zyklus dauert ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, manche bewältigen es innerhalb von Wochen oder Monaten, andere brauchen ein Jahr oder länger dafür

Zitat von Ginko30:

Ich vergleiche mich dann mit anderen und sage mir oft, dass andere Paare es doch auch hinbekommen.

Andere Paare kämpfen aber an einer Seite zusammen, statt auf zwei Seiten gegen einander

Zitat von Ginko30:

von wegen dass ich keinen Besseren finden werde usw, sodass ich mich und alles auf einmal in Frage gestellt habe

Meist muss der verletzte Part noch mal nachtreten - sieh es als kleine Rache - nur das dieser Eissplitter dich tief traf?
Magst ergründen, warum?

Zitat von Ginko30:

Nun bin ich 30 und alleine, alle meine Freundinnen stehen mit beiden Füßen im Leben, haben Kinder und führen, wie es aussieht, glückliche Partnerschaften.

Schau nicht auf die Anderen, die könnten, wenns blöd läuft in 5, 10 oder 15 Jahren wieder geschieden sein.

Zitat von Ginko30:

Ich vermisse lediglich die Geborgenheit, Sicheheit und die Gewissheit, dass jemand da ist.

Das solltest du dir selbst vermitteln können. Wer dazu einen Zweiten braucht, wird immer Probleme haben

Zitat von Ginko30:

dass man 10 Jahre nicht einfach so vergessen kann und ich mir Zeit lassen muss, um über alles hinwegzukommen.

Man muss diese Jahre nicht vergessen, denn sie sind ein Teil von dir - und machten Dich zu dem, der du heute bist.

Zitat von Ginko30:

Den Prozess würde ich allerdings sehr gerne beschleunigen, falls irgendwie möglich..

Das wünscht sich jeder - und auch wenn es billig klingt, da gibt es keine Abkürzung.

Du hast es beendet, weil du dich nicht mehr wohl gefühlt hast, weil er nicht dem entsprach, was du nach 10 Jahren für dich als Partner wolltest. Passiert.
Weiterentwicklung von Menschen nicht gleichzeitig und nicht linear erfolgt - und du weißt auch, das man selten in die gleiche Richtung geht, vieles in Partnerschaften nur funktioniert, weil man Kompromisse eingeht - und da sich Prioritäten ändern, auch Kompromisse fallen.

Dank ihm, für schon 10 Jahre. Wünsche ihm und Dir Glück für die Weiterentwicklung von Beziehung als solches und reife an deiner Entscheidung - für dich einen anderen besseren Weg zu finden.