Zitat: Das Gefühl, dass ich nicht genug für ihn war, es aber hätte sein können wenn ich mich nur getraut hätte.
Das gilt andersherum für IHN genau so. An der Qualität einer Beziehung haben immer BEIDE einen Anteil, im Guten wie im Schlechten.
Seinen eigenen Anteil zu leugnen bringt einen nicht weiter. Den anderen auf ein Podest zu stellen und alle Schuld allein auf sich zu nehmen aber auch nicht.
Zitat:Mir wurde vor langer Zeit (ich war gerade 20) das Herz gebrochen, zudem habe ich als Kind nie die Erfahrung machen dürfen, wie es sich anfühlt, geliebt zu werden. Meine Mutter war bei meiner Geburt schwer krank und konnte keine Bindung zu mir aufbauen, das prägt mich bis heute.
Natürlich prägt so etwas. Das ist ein Päckchen, das man nicht so einfach los wird. Selbst Menschen, die in einem liebevollen Elternhaus aufwachsen, sind vor Beziehungskonflikten nicht gefeit und müssen ihre Erfahrungen machen und lernen. Mit Vorbelastungen aus der Herkunftsfamilie tut man sich da noch schwerer. Aber es ist auch etwas, woraus man Kraft schöpfen kann, was einen antreiben kann: der Wunsch und Wille, es besser zu machen. Und nach dem, was Du über Dich und Deinen Sohn schreibst, bist Du da auf einem sehr guten Weg:
Zitat:zum Glück kann ich meinem Sohn all meine Liebe geben, das war meine größte Angst in der Schwangerschaft.
Zitat:All das weiß mein (noch) Freund, aber nach einem knappen Jahr Beziehung, fehlt ihm wohl endgültig so viel von meiner Seite, dass er sich eben neue Kontakte sucht. Das zu realisieren ist hart. Fakt ist, ich habe mein Leben im Griff und stehe mit meinem Sohn auf eigenen Füßen. Trotzdem wünsche ich mir tief im inneren jemanden an meiner Seite. Ich schaffe es nur nicht, das zu transportieren. Mein Partner warf mir oft vor, zu sehr mein eigenes Ding zu machen und ihn außen vor zu lassen. Damit hatte er wohl recht.
Ich bin also zusammen gefasst selbst Schuld an der Misere und das auszuhalten, ist das allerschlimmste!
Und noch mal: an der Misere haben BEIDE ihren Anteil, nicht nur Du allein.
Bei euch haben sich, so mein Eindruck, zwei Menschen gefunden, die beide verunsichert und bedürftig sind. Du mit Deinem Päckchen aus der Vergangenheit, der Schwierigkeit, Dich einzulassen. Er belastet durch die noch nicht verarbeitete Trennung von seiner Frau und den laufenden Scheidungskrieg.
Etwas überspitzt gesagt: zwei Nichtschwimmer, die zusammen ins tiefe Wasser gesprungen sind in der Hoffnung, der Erwartung und dem Wunsch, sich gegenseitig zu retten. Sowas geht selten gut.
Man könnte jetzt noch beliebig lange analysieren, was genau da schief gegangen ist bei euch. Da solltest Du Dir noch mal vor Augen halten, worüber wir weiter oben geschrieben haben… dass die „Augenhöhe“ offenbar ab dem Moment verloren gegangen ist, wo Du angefangen hast, Dich auf ihn einzulassen. Dann läge das Problem weniger darin, dass Du ihn aussen vor gelassen hast. Sondern darin, dass Du vom einen Extrem (ihn nicht an Dich heranlassen, deutliche Grenzen setzen) ins andere Extrem (emotionale Abhängigkeit, Verlustangst, keine Grenzen mehr setzen) übergegangen bist. Du bist vom Beckenrand ins tiefe Wasser gesprungen, hast gemerkt, dass plötzlich der Boden unter Deinen Füssen weg ist, und Dich in Deiner Panik an ihn geklammert... an jemanden, der auch nicht schwimmen kann.
Der Plan für die Zukunft sollte also sein: Schwimmen lernen. Erst mal allein für Dich (quasi im Nichtschwimmerbecken) bis Du Dich etwas sicherer im Wasser fühlst. Dann kannst Du den Schritt ins tiefe Wasser wagen mit jemandem an Deiner Seite, der schwimmen kann. Das muss kein Profi sein, der alle Schwimmstile beherrscht – DAS könnt ihr dann zusammen üben. Aber er sollte in der Lage sein, sich selbst ohne Hilfe über Wasser halten zu können.
Dein „noch Freund“ kann das offenbar nicht. Sonst würde er erst mal seine beiden „offenen Baustellen“ bearbeiten, den Scheidungskrieg und eure kriselnde Beziehung. Statt dessen lässt er das beides irgendwie mehr schlecht als recht laufen und macht die dritte Baustelle (Date mit einer anderen) auf.
Ich verstehe sehr gut, dass Du Dir jemanden an Deiner Seite wünschst. Aber noch mal die Frage: soll das SO ein „Partner“ sein?
Und rede Dir nicht ein, Du hättest nichts Besseres verdient weil Du selber so viele Fehler hast. An diesen „Fehlern“ kannst Du arbeiten. Du kannst schwimmen lernen - und dann klappt das beim nächsten Mal auch im tiefen Wasser schon deutlich besser.
Aber als Allererstes musst Du zur Ruhe kommen. Dich beruhigen, Deine Gedanken sortieren, den Schock überwinden. Das braucht Zeit, hab Geduld mit Dir.
Zitat:Ich habe ihn systematisch von mir weg getrieben…
Ihr habt euch beide nicht gut getan. Es gibt Menschen, die bringen das Beste in uns hervor. Und Menschen, die unsere Schwächen und Fehler ans Licht zerren. Festzustellen, dass man an einen solchen Menschen geraten ist, tut verdammt weh. Aber es ist auch eine Chance, sich dieser Schwächen bewusst zu werden und sich ihnen zu stellen. Trau Dich das. Trau es Dir zu.
Und mach nicht denselben Fehler wie er… vor seinen Schwächen weglaufen und sich übergangs- und besinnungslos in die nächste Beziehung stürzen.
Zitat:…und bin jetzt ins Mark erschüttert, dass er mir signalisiert, dass er mich nicht mehr will.
Hat er Dich je gewollt? Habt ihr euch je gewollt? Und nochmal: WOLLEN ist etwas anderes als BRAUCHEN.
Zitat: Zu realisieren, dass er nicht mehr da sein wird, ich nie mehr in seinen Armen finde, was ich so dringend brauche. Dass er nicht mehr der Teil ist, der mich vervollständigt und ich alleine es vermasselt habe....
Du hast es nicht allein vermasselt. Konzentriere Dich auf Deinen Anteil, aber übernimm nicht für alles die Schuld.
Zu Deinem Anteil gehört, von diesem Bild wegzukommen, dass Du „unvollständig“ bist. Du bist vollständig, mit Stärken und Schwächen, wie jeder Mensch. Und Du kannst einen Partner finden, der selbst auch vollständig ist. Keine zwei Hälften, die sich ergänzen und eins werden. Sondern zwei vollständige Menschen, die zusammen eine Beziehung pflegen, die MEHR ist als die Summe ihrer Teile.