Hey du,
diese Zeilen werden dich persönlich nie erreichen. Selbst wenn ich sie dir schicken würde, du würdest sie einfach ignorieren.
Als ich dich kennenlernte war es zunächst nur Freundschaft und im Nachhinein hätte es bei dieser Freundschaft bleiben sollen. Als es dir vor etwas über einem Jahr nicht gut ging, war ich für dich da und habe dir zugehört. Stundenlang. Mitunter Nächtelang. Über Tage und Wochen. Ich habe dich aufgefangen wenn deine Gedanken dunkel wurden. Wenn die Depression dich wieder zu überrennen drohte. Wir kannten uns zwar nur online, aber dennoch war da eine Verbindung zwischen uns. Zumindest dachte ich dass damals. Und dir ging es genau so. Irgendwann schriebst du mir, dass ich etwas Besonderes sei weil ich dich so akzeptierte wie du bist. Dass du in mir eine Seele gefunden hättest. Und ich glaubte dir.
Unsere Verbindung war intensiv. Wir hatten gefühlt 24/7 Kontakt. Haben uns Tag wie Nacht geschrieben. Sprachnachrichten gesendet. Deinen Namens frühmorgens vor der Arbeit auf dem Display zu lesen war der perfekte Start in den Tag. Es fühlte sich so schön an mit dir. Die vermeintliche Nähe zu dir, trotz der großen Entfernung unserer Wohnorte. Es war uns egal. Wir lebten in unserer kleinen Bubble. Nichts schien uns erschüttern zu können. Ich war für dich da, so wie du für mich da gewesen bist. Als du dann eines Tages mit einem Mal vor mir einer Tür stands glaubte ich mich in einer kitschigen Kinoromanze wiederzufinden. Es war so surreal und gleichzeitig so perfekt. In dem Moment glaubte ich wirklich den Richtigen gefunden zu haben. Immer teiltest du mir mit wo du dich gerade aufhältst, was du tust, was du machst. Du hattest mich selten über etwas im Unklaren gelassen. Ich schätzte diese Offenheit und wurde in meiner Überzeugung immer sicherer, dass du der Partner fürs Leben sein kannst.
Die ersten Risse kamen und ich bemerkte sie erst mal nicht als solche. Erst jetzt wurde mir bewusst, was im Nachhinein alles schief gelaufen ist. Aber wer will die Zeichen schon sehen wenn man die rosarote Brille trägt? Zum ersten Mal hätte ich bereits stutzig werden sollen als dein anfängliches, intensives Bemühen nach unserem ersten Treffen einen merklichen Knick bekam. Du schriebst mit einem Mal weniger gefühlvoll, eher distanziert, aber ich dachte mir nichts dabei weil ich wusste dass du allein arbeitstechnisch viel und die Ohren hast und auch, dass keine Krankheit dir immer wieder einen Strich durch die Rechnung machte. Ich hatte Verständnis. Deine liebevolle Seite kam dennoch immer wieder zum Vorschein und ich glaubte weiterhin an ein uns. Doch es sollte nicht dabei bleiben.
Als ich das Wochenende bei dir verbrachte wurde dein Bemühen wieder weniger. Erneut gingst du auf Distanz, wurdest kühler, aber nicht kühl genug dass es mir sofort aufgefallen wäre. Immer wieder ging es dir zwischendurch mental schlecht und ich war, wie so oft, für dich da. Wenn auch nur online, aber ich war für dich da. Und immer wieder blitzte zwischendurch deine liebevolle Seite auf. Ich liebte es wenn du mich überraschenderweise auf der Arbeit anriefst um mir zuzusprechen wenn mich der Stress überrollte oder es mir anderweitig schlecht ging. Du warst immer da und hast mir zugehört. Und doch hast du dich gleichzeitig immer weiter emotional von mir entfernt. Ich schob es auf deine Krankheit und deine Ängste. Zumindest auf die, von denen du mir in den wenigen Momenten wo du dich mir gegenüber geöffnet hattest, erzähltest.
Monate vergingen und seitdem du das eine Mal bei mir gewesen warst, hattest du nie wieder die Initiative ergriffen mal wieder für ein Wochenende zu mir zu kommen. Hätte ich unseren gemeinsamen Urlaub nicht selbst in die Hände genommen, dann hätte ich dich womöglich nie wieder zu Gesicht bekommen. Du stimmtest dem gemeinsamen Urlaub zu. Wieder war ich diejenige, die zu dir fuhr. Und es war schön. Es fühlte sich gut an. Und ich spürte wie gut dir dieser Urlaub tat. Mal rauszukommen. Was anderes zu sehen und zu hören. Zumindest hatte ich den Eindruck. Und doch gingst du wieder nur auf Distanz als ich weg war. Ich hatte es bereits im Gefühl und doch wollte ich es zu dem Zeitpunkt noch nicht wahr haben.
Aber was dann geschah zog mir den Boden unter den Füßen weg. Und wieder schob ich es auf deine psychische Erkrankung. Keine vier Wochen nach unserem Urlaub ging es mental für dich bergab. Du sagtest, dass du dich nicht gut genug fühlst, du für andere nur eine Last seist und du niemanden belasten wolltest. Und dann, von einem Tag auf den anderen warst du auf wie vom Erdboden verschluckt. Kein Wort. Keine Reaktion. Nichts mehr. War es ein Kontaktabbruch aufgrund deiner Depression? War es sogar Ghosting? Ich wusste nicht. Monatelang schwebte ich mehr oder weniger im Unklaren. Hätte ich dich nicht noch hin und wieder zumindest mal kurz online gesehen, ich hätte davon ausgehen können, dass dir was zugestoßen ist. Meine Ängste gingen in der Zeit durch die Decke und doch schon ich es wieder nur auf deine Krankheit. Dass du nicht kannst und nicht nicht willst. Ich redete es mir schön. Zeigte wieder Verständnis und noch mehr Geduld. Dass ist nicht er, es ist die Krankheit. So ging es mir immer wieder durch den Kopf.
Nach drei Monaten zeigtest du dann endlich wieder ein konkretes Lebenszeichen, aber du warst verändert. Du warst fast schon kalt, distanziert und ich hatte das Gefühl einen vollkommen anderen Menschen mir gegenüber zu haben. Dir sei alles zu viel, so deine Erklärung. Es sei alles viel zu viel. Mit einem Schlag sah ich mich am Rande einer Kluft, die sich zwischen uns aufgetan hatte. Der liebevolle und einfühlsame Mensch, den ich einst kennen- und lieben gelernt hatte, von dem schien kaum noch etwas übrig zu sein. Du hast noch Worten gerungen, wusstest nicht so recht was du sagen sollst. Überforderung. So hast du es bezeichnet. Und dann hast du das Ganze mit einem Mal beendet. Du könntest dass alles nicht. Es sei zu viel. Der Stress, die Beziehung, alles. Es traf mich schwer und dennoch musste ich es akzeptieren.
Seitdem sitze ich hier und denke über all dass nach was gewesen ist. Was du getan bzw. nicht getan hast. Die Art und Weise wie du dich von mir gelöst hast, hat mir weh getan. Auch wenn du sagtest es würde nicht an mir liegen, so habe ich mir dennoch den Kopf zerbrochen. Ich hatte geglaubt, dass zwischen uns alles gut ist. Dass wir uns wirklich lieben und eine Verbindung haben. Aber jetzt, im Nachhinein, komme ich mehr und mehr zu der Überzeugung, dass du aufgrund deiner ganzen Traumata aus der Kindheit und der daraus resultierenden emotionalen Vernachlässigung, nicht in der Lage bist eine gesunde Beziehung zu führen. Es hätte mir auffallen müssen als du dich immer mehr emotional von mir distanziert hast, dich aber zunächst wohl nicht getraut hast das Ganze schon vorher zu beenden. Aus Scham und auch aus Angst.
Es ist so unendlich schade und auch traurig wie es zwischen uns gelaufen ist. Dass du jetzt, keine vier Wochen nach der Trennung, wieder hergehst und den nächsten Verliebtheits-Kick bei einer anderen suchst, lässt mich Kopf schüttelnd und auch teils sprachlos zurück. Du tust 1:1 genau dass, was du einst bei mir getan hast. Der Zyklus wiederholt sich. Du begehst wieder den Fehler dein Seelenheil in einer anderen Person zu suchen, die die Leere in deiner Seele füllen soll. Ich frage mich, wann du wohl erkennst, dass du dringend Hilfe brauchst. Wie lange willst du deine Probleme noch unterdrücken? Denn nichts anderes tust du. Du läufst vor deinen Problemen weg, unterdrückst sie und lenkst dich lieber ab. So wirst du niemals glücklich werden.
Daher lasse ich dich los. Jeden Tag ein Stückchen mehr. Ja, du fehlst mir. Ich vermisse vor allem die Version von dir, die du einst gewesen bist. Jetzt erkenne ich dich kaum noch wieder. Ich werde mich nicht mehr bei dir melden. Ich lasse dir deinen Frieden. Dass was du gesucht hast, konnte ich dir nicht geben. Ich wünsche dir nur das Beste.
27.01.2025 12:00 •
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