Guten Abend,
erstmal vielen Dank an Dich, Ava, für Deine netten Worte. Ich bin immer wieder fasziniert davon, durch mein Schreiben anderen helfen zu können. Für mich sind es einfach nur Gedanken, die ich runterschreibe. Und genau das will ich jetzt mal wieder tun ...
Tja, wie geht es mir? Es gibt immer zwei Phasen, die sich häufig abwechseln, wobei die gute Phase immer länger anhält. Die schlechte Phase sieht wie folgt aus: Grübeln, grübeln, grübeln. Immer wieder stelle ich mir dieselben Fragen: Wieso hat er einfach nie mit mir geredet? Warum hat er es immer so abgetan, wenn ich ihn gefragt habe, ob alles in Ordnung ist? Er hat immer gesagt, alles sei gut. Wäre es nicht seine Pflicht uns gegenüber, mal den Mund aufzumachen? Ist er jetzt glücklich mit seiner Neuen? Ziehen sie bald zusammen? Liebt er sie? Denkt er mal an mich? Bereut er seine Entscheidung? Vermisst er mich?
Ich könnte tausend Fragen hier aufschreiben. Diese gehen mir meist dann durch den Kopf, wenn ich viel Zeit habe ... an den Tagen, wenn mein Sohn nicht bei mir ist, im Auto (und ich bin viel im Auto). Langsam bin ich genervt davon, weil ich denke: Mensch, dass muss doch mal aufhören. Ich setze mich unter Druck. Also sage ich mir Folgendes: Es ist jetzt neun Monate her mit der Trennung. Was in Gottes Namen erwartest Du von Dir? Alles ist in Ordnung. Du bist schon sehr weit. Sei nicht so hart mit Dir selbst. Und es hilft!
Und meine o.g. Fragen sind sowieso sinnlos. Ich werde darauf von ihm keine Antworten bekommen. Und zwischenzeitlich drehe ich den Spieß um ... ich brauche seine Antworten nicht, denn ich stelle mir einfach ein paar Gegenfragen: Hätte mir das nicht auch passieren können? Hätte ich mich anders verhalten? Ich habe doch auch nie richtig nachgehakt und geredet. Wenn ich es gewollt hätte, hätte ich es doch getan. Ist es wichtig für mich, ob er sie liebt? Liebe ich ihn noch? Nein, also ist es egal. Es ist nur verletzte Eitelkeit und verletzter Stolz. Und die Enttäuschung, dass man diese Dinge einfach nicht erwartet hat. Bin ICH glücklich? Verdammt, ja! Ich bin es. Mein Leben gefällt mir. Ich bin wieder ich selbst und das fühlt sich so gut an. Ich liebe mich! Und natürlich meinen Sohn! Mehr brauche ich doch gerade gar nicht.
Diese Taktik hilft oft sehr gut. Dann geht es mir wieder gut und diese Traurigkeit über das, was passiert ist, verschwindet wieder etwas und mein Optimismus und Fröhlichkeit sind zurück. Und erlaube mir, auch mal traurig zu sein. Das wird mich mein Leben lang begleiten. Es gehört zu mir, das ist okay. Man muss nicht vergessen, man DARF daran denken und traurig sein. Es ist ein Teil von mir und wird es immer bleiben. Viele fragen hier im Forum, wann man aufhört damit. Wann vergisst man? Niemals. Ich glaube, man muss einfach akzeptieren, dass es immer in einem drin sein wird. Und das ist auch nicht schlimm. Es werden noch ganz viele schöne Dinge in meinem Leben passieren. Das weiß ich. Ich glaube an das Schicksal. Ich glaube daran, dass alles aus einem bestimmten Grund passiert. Ich werde es irgendwann wissen. Ich fange jetzt doch schon an, es zu erkennen. Es war nötig, damit ich wieder leben kann.
Mich hat letztens ein Spruch sehr zum Nachdenken gebracht:
Wenn jemand nicht um Dich kämpft, dann wollte er, dass du gehst.
Und ich habe nie wirklich gekämpft. Ja, er sagte zwar, dass es nichts zum Kämpfen gibt, aber glaubt wirklich irgend jemand da draußen, der mich einigermaßen kennt, dass mich das vom Kämpfen abgehalten hätte? Ganz sicher nicht. Stattdessen habe ich das alles schnell akzeptiert, auch wenn es fürchterlich weh getan hat. Ja, aber was erwartet man auch. Ich habe fast mein halbes Leben an der Seite dieses Mannes verbracht. Alles andere wäre ja auch gelogen oder ein Indiz dafür, dass alles ein Fehler war. Das war es nicht. Aber ich glaube, ich habe einfach selbst zu lange gewartet. Zu spät wahrgenommen und erkannt (eigentlich erst jetzt), dass nichts mehr richtig gut war. Ich hätte schon längst gehen müssen.
Ich habe vor ein paar Tagen in meinen älteren Tagebüchern geschmökert und was lese ich da: Ich bin mir nicht sicher, ob das mit S. noch alles so richtig gut ist. Manchmal überlege ich, ob ich mich nicht lieber trennen sollte.
An sich jetzt nicht so dramatisch, oder? Soll ich Euch sagen, wann ich das geschrieben habe? Anfang 2004! Hallo? Das ist jetzt 11 Jahre her. Natürlich weiß ich, dass man seine Beziehung immer wieder in Frage stellt, gerade dann, wenn es schwierig ist, aber ... irgendwas muss auch dran gewesen sein an diesem Gedanken.
So, wie sich die letzten Jahre entwickelt haben ... wie ich mich entwickelt habe (ich mochte mich selbst oft nicht mehr, so wie ich war in seiner Gegenwart) ... ich hätte MICH auch verlassen an seiner Stelle. Das soll jetzt nicht verbittert klingen, aber ich glaube, ich habe (vermutlich unbewusst) auch sehr dazu beigetragen, dass er sich von mir entfernt hat. Ich war auch schon ziemlich weit weg. Anders kann ich mir nicht erklären, warum ich in der relativ kurzen Zeit so gut mit der Trennung klargekommen bin. Manchmal habe ich etwas Angst, dass es doch nochmal über mich hereinbricht und mich erschlägt, weil ich mir vielleicht was vorgemacht habe. Aber ist man dazu in der Lage, sich derart etwas vorzugaukeln und einzureden?
Was ich immer wieder feststelle, ist, dass er zwar von sich immer behauptet, ja total entspannt zu sein, aber ganz oft kleine Spitzen von ihm kommen. Wenn ich ihn dann darauf hinweise und ihm sage, dass ja alles gut ist, kommt von ihm, dass er ja so hilf- und machtlos ist, wenn es um unseren Sohn geht. Ich hätte die Macht und er wird dann so eklig. Er meint ja immer, ich würde den Kontakt einschränken, weil ich noch nicht so weit bin. Aber das stimmt nicht. Er ist noch nicht so weit, glaube ich. Bei mir ist es ganz einfach: Ich bin genervt von ihm. Von seiner Art. Und das nicht, weil ich noch soooo viele Gefühle für ihn habe, sondern eben weil ich keine mehr habe und die Brille weg ist. Ich sehe ihn klar und deutlich. Diese Dinge habe ich früher auch schon gesehen, aber immer wieder entschuldigt. Jetzt habe ich dafür keinen Grund mehr. Und was echt lustig zu beobachten ist ... umso mehr ich mich zurückziehe, umso mehr Kontakt sucht er. Natürlich immer mit bestimmten Fragen unseren Sohn betreffend, aber ich habe oft einfach das Gefühl, dass er von mir aufgefangen werden will. Sein schlechtes Gewissen beruhigen und seine Schuldgefühle artikulieren. Aber mittlerweile reagiere ich darauf nicht mehr. Wie sagt meine Freundin doch immer so schön: It's not your business! Und recht hat sie. Es ist einfach nicht mehr mein Job. Ich muss das nicht mehr. Ich kann eine klare Grenze ziehen und das tue ich, denn das alles zieht mich runter, weil es mich nervt. Ich möchte mich aber nicht mehr nerven lassen. Nun gut, jetzt antworte ich nur, wenn ich es für nötig erachte und vor allem WANN ich es für nötig erachte und in welcher Form. Zwischenzeitlich antworte ich überhaupt nicht mehr spontan auf irgendwelche Whatsapp-Nachrichten, wenn sie denn nicht wichtig sind. Wenn ja, dann nur kurz und knapp. Ich sammle seine Fragen und dann bekommt er eine gesammelte E-Mail. Ich entziehe mich dem einfach. Ich kann selbst bestimmen, wie das laufen soll. Und ich habe ihn noch nicht mal vorgewarnt vonwegen: Ich will das jetzt so und so. Nö, ich mach das einfach so, weil es mir egal ist, wie er das findet. Für mich ist es gut, deshalb ist es okay. Versteht mich nicht falsch, ich bin weiterhin freundlich, aber viel, viel sachlicher. Eine Zeit lang schrieben wir uns häufiger Nachrichten. Es ging natürlich um unseren Sohn, wie er sich gerade macht etc. Mit Fotos hin- und herschicken. Das alles war auch okay, aber dann kommt wieder ein dummer Spruch und ich frag ich, ob er immer noch nicht glauben kann, dass ich keine fiese Hintergedanken habe, meine Macht ausspielen will oder ähnliches. Ich bin es leid, es ihm immer wieder zu erklären. Und ich muss es auch nicht. Mittlerweile ist es mir egal, denn er denkt sowieso, was er will. Ich könnte machen was ich will, er fällt immer wieder in diese Jammer-Ecke, die mir gehörig auf den Sender geht. Damit ist Schluss!
Außerdem habe ich ihm in der letzten E-Mail mitgeteilt, dass ich mich bezüglich der Scheidung informiert habe und ihm auch diese Infos alle mitgeteilt. Ich glaube nämlich, wenn ich ihm das überlasse, sind wir in zehn Jahren noch verheiratet. Aber ich will geschieden werden. Ich möchte den letzten Schritt machen, um endlich wieder richtig frei zu sein. Eine Reaktion darauf habe ich noch nicht erhalten, aber das war eigentlich klar. Es wird auch nix groß kommen, denn auch er will ja geschieden werden. In drei Monaten kann ich den Antrag stellen, denn dann ist doch tatsächlich schon ein Jahr vorbei. Unglaublich, wie die Zeit rennt! Zwischenzeitlich kann ich mich immer weniger daran erinnern, wie es war, mit ihm zusammen zu sein. Schon merkwürdig! Eine Trennung ist in meinen Augen nur so furchtbar, weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist und Veränderungen hasst. Nun musste ich mich verändern und damit haben sich auch meine Gewohnheiten geändert und das gibt soviel Sicherheit und Zuversicht, dass ich nicht mehr bereit bin, dass wieder zu ändern. Alles ist gut!
Ich glaube, ich habe mich wirklich von meinem Ex emanzipiert. Ein tolles Gefühl !
Tja, das waren gerade meine Gedanken. Mehr fällt mir jetzt nicht ein. Muss Wäsche aufhängen. Lach!
Drück Euch da draußen und freu mich, von Euch zu hören!