Ein herzliches Hallo an alle, die hier schreiben:
ich war vorhin eigentlich auf der Suche nach einer Lösung für ein Problem meiner Freundin und irgendwie bin ich bei Euch im Forum hängengeblieben, weil mir alles soo bekannt vorkam und ich wirklich mit Euch allen mitfühlen konnte und auch noch mitfühle.
Und ich würde Euch gern meine Geschichte erzählen, es ist aber eine Geschichte, die Euch Mut machen soll und Hoffnung, unerschütterlich daran zu glauben, dass letztlich ALLES gut wird (Achtung - kein Happy End mit dem EX):
Ich habe vor nunmehr 14 Jahren einen gleichaltrigen Mann kennengelernt, der mich am Anfang absolut nicht interessierte: ich war eine lebenslustige Studentin mit Fahrrad und er ein vorlauter Bauträger mit BMW-Cabrio - er lag wirklich außerhalb meiner Vorstellungskraft und mir war es fast schon unangenehm, dass ich ihn kannte. Er war sehr verliebt in mich, aber auch nachdem ich seine Bemühungen abwies oder ignorierte, blieb er so hartnäckig und unerschütterlich am Ball und so ließ ich mich überreden (jeder hat eine Chance verdient), wir gingen wir ein paar Mal aus und ich merkte, dass er eigentlich ein schlauer Kopf ist, wir viel lachen konnten…und gut sah er auch noch aus - was soll ich sagen - ich verliebte mich dann nach ein paar Monaten auch.
Mein Leben wurde nun innerhalb kürzester Zeit auf den Kopf gestellt und ich sage Euch, dass er der erste Mann war, mit dem ich mir alles vorstellen konnte - er hatte mich schwer beeindruckt mit seiner bedingungslosen Liebe zu mir.
Wir zogen relativ schnell zusammen, fingen an, ein altes Haus auszubauen, in dem wir dann auch wohnten, er hielt schon acht Wochen nach unserem Kennenlernen in Südafrika um meine Hand an, wir feierten wenige Monate später eine riesige, rauschende Hochzeit (meine Familie und Freunde waren auch so verzaubert wie ich), fingen an, selbst ein Ferienhaus an der Ostsee zu bauen und ich bekam unsere Tochter - alles innerhalb von knapp 2 Jahren.
Und ich sage Euch, ich habe ihm ALLES geglaubt, was er sagte! Und fühlte mich auch bestätigt, ich war nämlich die erste Frau, die er geheiratet hat und die Einzige mit der er ein Kind haben wollte und auch hat - ich habe mich niemals sicherer in meinem Leben gefühlt und wir wollten ständig zusammen sein und waren es auch.
Nach diesen zwei turbulenten Jahren musste ich nur noch mein Studium beenden, meine Magisterarbeit schreiben und dann wollte ich endlich einmal durchatmen und - und unser Leben genießen. Dazu kam es dann aber nicht mehr, da er - für mich und unser komplettes Umfeld wirklich mehr als überraschend - eine neue Frau am Start hatte - wie er das zeitlich hingekriegt hat, eine Affäre zu haben, wird mir wohl auf ewig verborgen bleiben.
Und ich konnte gar nicht so schnell schauen, wie ich mit meiner Tochter auf der Straße stand - ohne Wohnung und ohne Geld (als ich ihn bat, mich nur so lange zu unterstützen, bis ich in einem halben Jahr mit dem Studium fertig bin, hat er gesagt, ich solle mein Studium eben abbrechen und eben ungelernt arbeiten!) Zudem hatte ich noch 250.000 Euro Schulden an der Backe durch das gerade fertig gebaute Ferienhaus (das Haus lief auf meinen Namen, ich war der Darlehensnehmer - falls mal etwas passiert) und ein leeres Konto, auf das die Kredite von der Bank eingezahlt wurden, das hatte er vorsorglich wenige Stunden nach unserer Trennung bis zum Anschlag leergeräumt!
Klingt jetzt alles irgendwie nach Luxusproblemen, oder? Das waren aber keine, denn neben dem Schock und Schmerz der Trennung stand ich echt mittellos da und musste ich ja noch irgendwie überleben - und ich war ihm plötzlich so etwas von egal, ich sollte einfach nur aus seinem Leben verschwinden und möglichst keine Spuren hinterlassen!
Wie ihr Euch vorstellen könnt, stand ich wirklich unter Schock (er ist selbständig und hatte sich so runter gerechnet, dass er für mich gar nichts und für unsere Tochter nur 250.- Euro Unterhalt zahlen musste - die Krippe kostete schon 320.- Euro…..)
Dass er mit der Neuen, die dann auch direkt in unser gemeinsam ausgebautes Haus einzog, ein Leben in Saus und Braus führte, sein nur nebenbei erwähnt )
Ich weiß bis heute nicht, wie ich die Zeit überstanden habe, ich habe mein Studium ein halbes Jahr nach der Trennung trotzdem innerhalb der Regelstudienzeit beendet, mir von meinen tollen Eltern und Schwiegereltern und Freunden viel viel Geld geborgt, um die Kredite für das Haus zu bedienen, Tag und Nacht damit verbracht, Gäste für das Haus zu aquirieren, mich mit Handwerkern, Baumängeln und Banken rumzuärgern und nebenbei noch zu arbeiten, um wenigstens Miete bezahlen zu können. Anzeigen wollte ich ihn nicht - er hatte ja offiziell eh nichts und außerdem ist die moralische Hürde hoch, den Vater seines Kindes wegen Geld anzuzeigen - ich war dazu jedenfalls gefühlsmäßig nicht in der Lage!
Ohne die Hilfe meiner vielen Retter (die auch alle nicht fassen konnten und eigentlich bis heute den Kopf schütteln) und vor allen Dingen ohne meine Tochter hätte ich das wahrscheinlich nicht überleben wollen!
Die Scheidung ein Jahr später war dann noch einmal ein schmutziges, würdeloses und kräftezehrendes Durcheinander und ich habe mich monatelang nicht davon erholen können. Und wisst ihr was das Schlimmste war?
Ich hätte ihn noch nach der widerlichen Scheidung SOFORT wieder zurückgenommen, weil ich ihn einfach sooo geliebt habe und nicht wahrhaben wollte, dass es mit unserem gemeinsamen Leben als kleine Familie vorbei ist - ich habe nicht verstanden, was falsch gelaufen ist!
Fairerweise muss ich sagen, dass er unsere gemeinsame Tochter seit ihrer Geburt über alles liebt, sie ist sein Leben und er wollte auch immer gern, dass sie bei ihm lebt. Den - für seine seine Verhältnisse - knappen Unterhalt nahm er als Druckmittel nach dem Motto: Gib sie doch einfach mir, dann hat sich alles erledigt.
Ich war total am Ende, weinte nur noch und stellte mir laufend vor, wie die grässliche Nachfolgerin meinen kleinen Stern umarmt - ich wünschte mir, dass er uns niemals wieder sehen darf!
Da ich aber schon im Freundeskreis Trennungen erlebt habe, in denen Mütter ihre Kinder manipuliert und dem Vater vorenthalten haben, bin ich diesen Weg bewusst nicht gegangen, weil ich das ganz schrecklich finde und ihr könnt Euch sicherlich vorstellen, wie viel Kraft mich das gekostet hat.
Und dann habe ich anderthalb Jahre später jemanden kennengelernt, der mir gezeigt hat, dass es die Liebe doch noch gibt, allerdings war unsere Beziehung am Anfang immer von den Streiterin und Konflikten meiner Vergangenheit belastet, aber wir haben es geschafft und sind bis heute ein glückliches und sich liebendes Paar, dass sich respektvoll auf Augenhöhe begegnet.
SOOOOO jetzt kommt aber endlich das, was ich Euch eigentlich sagen will (sorry ich bin eine Schnattertante)
Ich stand dann in der Zeit des Kennenlernens meines jetzigen Mannes emotional an einem Scheideweg. Klar war, ich konnte nur ein neues Leben beginnen, wenn ich mich emotional wirklich frei mache.
Und das kann natürlich nicht geschehen, wenn ich ständig mit meinem Ex Mann hadere, ihn für sein Verhalten in der Vergangenheit hasse, die längst gegessenen Suppen immer wieder aufwärme und schlussendlich Magengeschwüre bekomme. Und ich war ja schon etwas frei, sonst hätte ich mich nicht verliebt!
Ich habe dann etwa anderthalb Jahre nach der Trennung nach dem tiefen Tal der Tränen den zweiten Weg beschritten - den des Vergessens und Verzeihens. Und ihr glaubt nicht, wie gut es mir ging und geht, den EX auf das zu reduzieren, was er immer war und auch bleiben wird, ein liebender und wunderbarer Vater unserer Tochter.
Das ist ein ganz ganz schwerer, steiniger Weg, man muss sich und seine Gefühle sehr sehr zurücknehmen, aber es lohnt die Mühe allemal. Und wenn er wieder ekelhaft und widerlich und abweisend war, ich habe das alles schweigend und freundlich schauend durchgehalten - und dann hat er sich auch geändert, wahrscheinlich auch, weil er mir insgeheim Respekt gezollt habe, ich hätte ja auch den einfacheren Weg des Krieges gehen können!
Heute sind wir - mein Exmann und ich - fast so etwas wie Freunde, wir feiern Geburtstage unserer Tochter zusammen, sie liebt uns, dass wir zu Schulfesten zusammen kommen, mit ihr gemeinsam essen gehen und alle drei noch den gleichen Nachnamen tragen.
Sie ist ein freies, glückliches Mädchen, dass von ihren Eltern bedingungslos geliebt wird, sie wird keine Therapie brauchen, oder ihre Eltern hassen, weil die bei der Trennung sich nur auf ihre eigenen Probleme und Kleinkriege reduziert haben!
Und ich war sogar mit meinem Mann 2010 auf der zweiten Hochzeit (es war ein Hippie-Sommerfest, also kein Fest, wo der Schwiegervater die Rede hält) meines Ex Mannes. Ich habe das natürlich in erster Linie für unsere Tochter gemacht, war aber emotional völlig stabil und konnte beiden von Herzen alles Gute wünschen, obwohl er die Frau geheiratet hat, mir der er mich betrogen hat!
Das klingt jetzt alles so leicht und fast naiv, es war aber hammerhart und mir wurde mein Verzeihen oft als Schwäche vorgehalten - ich empfinde es als Stärke!
ABER - ich behalte mir natürlich bis heute vor, ihn oftmals in Gedanke das größte Ar. zu nennen, das mir je begegnet ist - und das mit einem Lächeln!
Und ich bin ihm sogar ein wenig dankbar für alles was er mir angetan hat, denn nachdem ich diese Hölle überstanden habe, weiß ich, dass ich alles schaffen kann!
Und ich habe erkannt, dass fast alles im Leben einen Sinn macht - man erkennt ihn nur nicht immer gleich! Es wartet nämlich noch ein viel schöneres Leben auf Euch - das Leben und die Liebe die ihr verdient habt!
Ich wünsche Euch von ganzem Herzen viel Kraft und Zuversicht für Eure Zukunft - ihr seid sooo stark und schafft das!
Miss March
02.09.2014 16:11 •
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