Jetzt möchte ich mich doch mal wieder melden.
Alex, Du schriebst als letztes : Schau einfach, was dein Herz sagt, denn das hat meistens Recht.
In den letzten Tagen habe ich mich viel mit mir und meinem Herzen beschäftigt (nicht ausschließlich, aber immer wieder). Ich will für mich ergründen, wo ich stehe. Meinen Weg, weiter nach vorne zu schauen, bin ich weitergegangen.
Es ist schön für mich, immer mehr Freude an Vielem zu haben. Ein ewig lang vernachlässigtes Hobby hab ich wieder vorgekramt: meine Malsachen liegen auf dem Tisch und waren sogar schon wieder in Gebrauch. Dabei schöne Musik, und so konnte ich entspannen, ohne Grübeleien. Überhaupt ist das mit dem Grübeln sehr wenig geworden. Meist kann ich geordnet denken, habe Erkenntnisse, was meine Situation anbelangt. Und trotzdem sind da immer noch viele Fragen, ein wenig Zweifel und manchmal auch ein Kopfschütteln.
In den letzten Tagen hat mein Ex vermehrt meine Nähe gesucht, er kam oft rüber und wollte sich unterhalten. Er sagt, das mit seiner Freundin wäre nicht so das Wahre, er kann sich selbst nicht verstehen und weiß nicht so recht. Jetzt könnte man ja glauben, in mir wäre ein Hochgefühl aufgekommen, von wegen Triumph oder so. Ist es aber nicht. Ich habe ihn beim Reden beobachtet und habe in mich reingehört. Ich habe gar nichts dabei gefühlt, weder Freude noch sonstwas. Und habe hinterher, wenn er wieder weg war, nachgedacht über das Gehörte. Erstmal finde ich es immer noch schön, mich mit ihm zu unterhalten. Er ist mir vertraut, und doch immer fremder. Wenn ich ihn angucke, krieg ich keine Herzklopfen mehr, ich bin nicht traurig. Seine Nähe ist mir nicht unangenehm, bereitet mir aber auch kein Wohlbehagen.
Wir gehen mittlerweile auf eine Art miteinander um, die ich gar nicht richtig beschreiben kann. Wir sind etwas mehr als gute Freunde, aber weniger als ein Ehepaar. Irgend so ein Zwischending. Ich weiß immer mehr, dass sein Entschluss, sich zu trennen, richtig war, wohl für uns beide. Denn so, wie es war, konnte es nicht weitergehen. Keiner war mehr zufrieden in der Beziehung. Ich fühlte mich nicht mehr geliebt (was ja auch der Wahrheit entsprach, nur wußte ich das damals noch nicht) und hab alles versucht, um ihm zu Gefallen zu sein. Ich hab mich immer mehr verbogen und hatte große Selbstzweifel. Er zog sich immer mehr zurück, war fast rund um die Uhr mit Facebook beschäftigt und hat sich an keinen Arbeiten im Haus oder Garten beteiligt. Egal, um was es ging, er ließ mich mit allem allein. Bezog ich ihn mit ein, war er fast immer genervt. Ich wußte nicht mehr, was ich machen sollte, gelacht wurde bei uns kaum noch. Es war traurig.
Als er dann das erste Mal fremdgegangen war, traf es mich trotzdem wie ein Hammer. Ich war 56 und stand vor den Scherben meiner Ehe. Damals redete er das erste Mal von Trennung, wir versuchten es trotzdem weiter. Halbherzig und krampfhaft. Keiner war wirklich glücklich. Als er dann ging, war erst Erleichterung bei mir und dann fiel ich ins Loch. Jeder von uns hier kennt die Schmerzen, Zweifel und Schuldgefühle, die dazu gehören.
Erst habe ich noch versucht, ihn umzustimmen. Hab gedacht, dass eine räumliche Trennung uns gut tut. Denn wir haben uns immer noch jeden Tag getroffen. Immer mehr kam bei mir dann der Gedanke, dass ich so nicht wieder leben wollte, nicht mehr mit ihm zusammen.
Als er dann eine Freundin hatte, kam nochmal ein Tiefschlag für mich. Es hatte so etwas Entgültiges, ich fühlte mich gekränkt, ersetzt, ausgetauscht. Die Andere wurde zum roten Tuch für mich. Trotz allem waren mein Ex und ich weiterhin jeden Tag irgendwie zusammen, wenn sie nicht da war. Vielleicht dauerte meine Trauer auch deshalb so lange an.
Jetzt stehe ich an einem Punkt, wo ich mit mir immer zufriedener werde. Ich sitze in meiner Wohnung, die Sonne scheint rein, meine Katze liegt neben mir und schnurrt. Traurige Momente sind nach wie vor da, manchmal sogar heftig. Aber sie dauern nicht mehr so lange an. Ich denke, ich kriegs hin. Trotz täglichem Kontakt mit in den Arm nehmen. Es schmerzt nicht mehr, höchstens ist es mal wehmütig.
Ich hatte schöne Zeiten mit ihm und denke gerne daran zurück. Aber die schönen gemeinsame Zeiten sind lange her, fast wie in einem anderen Leben, scheint es mir.
Trotzdem, und jetzt kommt das Aber, welches ich nicht nachvollziehen kann: wenn SIE da ist, hab ich immer noch Komplexe. Ich möchte immer noch nicht beide zusammen sehen, möchte mich am liebsten verstecken.
An meinem Selbstvertrauen muß ich wohl noch tüchtig arbeiten.