Ich ernte für meine Geschichte vermutlich einiges an Mißmut und erhobenen Zeigefingern. Zu recht, muss ich gestehen.
Dennoch habe ich das Bedürfnis mich mitteilen, da ich unter mir und der Situation leide. Vor etwas über einem Jahr habe ich ( w, 35) einen Mann über eine Datingseite kennengelernt. Nach einigen Treffen sagte er mir dass ich nicht die Frau bin die er sucht. Was ok für mich war, da ich noch mit meiner kurz vorher stattgefundenen Trennung zu kämpfen hatte. Da wir uns aber sympathisch waren hatten wir immer mal wieder Kontakt. Im Sommer kam es zu mehreren regelmässigen Treffen, hauptsächlich von ihm ausgehend. Er war aufmerksam und sehr bemüht, meldete sich täglich und wir verbrachten sehr viel Zeit miteinander. Das war der Punkt an dem es um mich geschehen war. Ich hatte mich verliebt. Allerdings kam von ihm schnell wieder immer weniger. Er war nach wie vor höflich, hilfsbereit und reagierte geduldig (obgleich auch sehr verzögert und kurz) auf meine Nachrichten, aber von selbst meldete er sich nicht mehr. Ein eindeutiges Verhalten.
Anfangs ging es noch. Ich hoffte zwar dass er sich meldet, hatte mich aber soweit im Griff dass ich ihm nicht hinterher gelaufen bin. Ich arbeitete daran ihn zu vergessen. Mehrfach. Interessanterweise hatte er ein so passendes Timing dass immer dann eine Nachricht von ihm kam, oft nach Wochen, wenn ich gerade dachte dass ich über den Berg bin. Und dann ging die ganze Sache wieder von vorne los. Konsequenz ist in seinem Fall nicht meine Stärke. Ich bin jedes mal aufs Neue darauf eingegangen.
Mittlerweile ist es so dass ich mich in die ganze Sache extrem reingesteigert habe.Leider kann ich, ausser dem Fakt dass er kein Interesse an mir hat, keine negativen Dinge an ihm finden, wo ich ansetzen könnte um es mir leichter zu machen.Meine Verliebtheit schmerzt körperlich und macht mir den Alltag, die Arbeit sehr schwer. Ich bin ständig gereizt, traurig und verzweifelt im Wechsel. Ich habe kein Bedürfnis andere Männer kennenzulernen, obwohl sie durchaus da wären. Ich blocke alles ab. Ich kontrolliere mehrmals täglich sein Facebook, checke neue Freundschaften von ihm ab, schaue nach seinem Onlinestatus im WhatsApp und lese ständig und immer wieder unsere alten Chatverläufe.
Ich suche nach Gründen ihn anschreiben zu können. Wenn er antwortet fühle ich mich kurzzeitig besser, bin sehr aufgeregt und freue mich, nur um mich kurz danach wieder über mich selbst zu ärgern dass ich wieder eingeknickt bin.
Ich habe Verabredungen in seiner Nähe erfunden, Probleme mit dem Auto, wobei ich Hilfe benötige, und diverse andere Dinge vorgetäuscht um ihn doch regelmäßig treffen zu können.
Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen dass wir uns natürlich näher gekommen sind und wir fast jedes Mal S. haben, worin vermutlich auch seine Hauptmotivation besteht den Treffen zuzustimmen.
Ich betone dass er sich mir Gegenüber immer korrekt verhält, mir keine Hoffnungen oder Versprechungen macht um an sein womögliches Ziel zu kommen. Er spielt keine Spielchen und ist sehr ehrlich. Dennoch verstricke ich mich nach jedem Treffen mehr in meiner Liebe zu ihm. Ich vermisse ihn so sehr.
Den traurigen Höhepunkt meines, an Stalking grenzenden Kontrollverhaltens habe ich Ende letzten Jahre erreicht.
Ich wollte wissen ob er noch bei der Datingseite aktiv ist, von der ich lange gelöscht bin, und habe mich dort unter anderem Namen neu angemeldet. Ursprünglich hatte ich lediglich vor zu schauen ob er neue Fotos hat und wann er das letzte Mal online war. Doch es kam dazu dass er mich tatsächlich anschrieb und ich habe es nicht hinbekommen NICHT zu antworten.
Dann kam eins zum anderen. Ich wollte es abbrechen. Hätte es tun sollen. Ach was. Müssen. Aber ich habe es nicht geschafft, So konnte ich ihm nah sein, erfahren was er macht. Es waren intensive Gespräche. Im Übrigen viel tiefsinniger und ausführlicher als wir jemals miteinander geschrieben haben. Er mochte mein zweites Ich, entwickelte sogar Gefühle, forderte ein Treffen, kämpfte sehr darum und war wirklich enttäuscht und traurig als ich ihm dies natürlich verwehrte und unter einem Vorwand den Kontakt wieder abbrach und mich löschte. Ich schäme mich extrem für dieses unfaire, feige Verhalten.
Er hat sich, was mich angeht, nie etwas zuschulden kommen lassen, sich immer korrekt und nach Absprache verhalten.
Es tut mir wirklich leid und ich habe den Respekt vor mir selbst verloren.
Es ist mir ein Rätsel wieso ich mich seit so vielen Monaten in dieser unschönen Schleife befinde. Okay, vielleicht fühle ich mich häufiger einsam und hänge mich wie ein Ertrinkender an diesen kleinen Strohhalm auf den ich zugreifen kann. Aber dafür gebe ich meinen Stolz auf und mache mich so klein, berechen- und benutzbar und belüge mein Gegenüber?
Ist das Kampfgeist, verletzter Stolz, du-willst-mich-nicht-jetzt-erst-recht-Denken? Oder doch die große Liebe?
Was meint ihr denn? Kennt ihr ähnliches aus eigener Erfahrung?
Ich war nie labil, habe nie Ex- Partnern oder Freunden/ Bekannten hinterherspioniert.
Ich bin keinesfalls Wiederholungstäter oder schonmal in vergleichbaren Situationen gewesen. Mein aktuelles Verhalten ist neu und gefällt mir selbst nicht.
Natürlich war ich mal unglücklich verliebt und habe für jemanden geschwärmt. Aber wenn dies nicht auf Gegenseitigkeit beruhte habe ich Kopfarbeit geleistet, irgendwann ging es besser und die Sache war gegessen.
Die Zeichen stehen so eindeutig und vielfältig gegen mich. Ich weiss das.
Ich weiss ich MUSS loslassen und abschliessen. Am besten jeglichen Kontakt unterbinden und vermeiden. Und das konsequent und dauerhaft.
Aber ich will nicht. Warum ist das so..
Marina
12.05.2017 13:05 •
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