Hallo Ma24,
ich habe deinen Faden gelesen und bin dabei traurig geworden. Denn alles, was sich als Lösung anbietet, schließt du mehr oder weniger aus. Außerdem bist du schon lange in therapeutischer Begleitung, in der trotz der Professionalität keine Lösung gefunden wurde, die dir möglich erscheint. Alles war irgendwie aushaltbar, solange du nicht damit konfrontiert wurdest, dass da Geister in dir wohnen, die – nachdem sie einmal geweckt wurden – nicht mehr zurück in ihre Flasche wollen. Du hattest es zwar geahnt, aber jetzt WEISST du es, dass es dir nicht reichen wird, bis zur Löffelabgabe in einer emotionalen Grundversorgung auszuharren, bei der alles fehlt, was ein Leben lebenswert machen könnte.
Da gibt es tatsächlich nur die Variante, es erstens um jeden Preis aushalten zu wollen und sich S. bestenfalls um sich selber zu kümmern. Oder zweitens den Schein nach einer intakten Ehe aufzugeben und eine andere Lebensform zu wählen. Welche das sein kann, könnte theoretisch miteinander besprochen werden. Sollte deine Frau dazu jedes Gespräch verweigern, wärest du gezwungen, es ihr mitzuteilen und das weitere Vorgehen von ihrer Reaktion abhängig zu machen. Die harte Methode eines Endes der Ehe schließt du ja bisher aus. Und so wie du dich hier darstellst, ist auch naheliegend, dass du damit nicht glücklich werden könntest. Denn alles, was du dann als Glück empfinden würdest, wäre aus deiner Sicht (wie ich das einschätze) ihr weggenommen worden. Ihr seid unglaublich eng miteinander verwoben, so sehr du auch die Distanz in den Vordergrund stellst. Ich vermute, dass sie dich unter anderem auch durch versteckte oder offene Schuldzuweisungen an sich binden kann. Denn schließlich hat sie alles gegeben in dieser Familie. Da solltest du aus ihrer Sicht deine Ansprüche insofern zurück stellen, als dass du sie auf die oben erwähnten Grundbedürfnisse reduzierst.
Die viel zitierte „offene Beziehung“ würde meiner Erfahrung nach bei Menschen wie dir nicht funktionieren, da du mit den Reaktionen deiner Frau nicht umgehen könntest und noch mehr Schuldgefühle ins Spiel kommen würden. Ob entsprechende Dienstleisterinnen dir wirklich etwas von dem geben könnten, was dir fehlt, wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Ohne Schuldgefühle würde es vermutlich selbst da nicht abgehen. Wie gesagt scheint ihr zu eng miteinander verwoben zu sein. 25 Jahre ohne körperliche Nähe hinterlassen Spuren, die nicht einfach wegzuwischen sind.
Die wahrscheinlichste Verbesserung könnte durch die von dir angestrebte Paartherapie erreicht werden. Dabei geht es weder um emotionale noch um 6uelle Wunder, die da bewirkt werden könnten. Aber es könnte erreicht werden, das deine Frau besser VERSTEHEN kann, in welchem Dilemma du lebst und welche Wege es zu finden gilt, um das zu verändern. Dabei würde ich die Form der „dauerhaft getrennt lebenden Eheleute“ nicht völlig ausschließen. Es ginge darum, in wieweit ein Berater/Therapeut eine solche Lebensform euch nahebringen könnte. Dabei sind die finanziellen Folgen relativ gering (bis auf die steuerlichen), man kann ja sogar entsprechende Verträge schließen, die diese Lebensform untermauern. Die Wohnsituation wird nach und nach herausgefunden und die Freiheiten, die man dem jeweils anderen einräumt, offen besprochen. Das geht bei euch nach meiner Einschätzung NUR mit einer professionellen Begleitung. Sonst werden andauernd die gleichen Argumente ausgetauscht, ohne dass sich etwas ändert. Es gibt viele Paare, die diese Lebensform gewählt haben und dabei sogar ein Familienleben aufrecht erhalten können. Vor einiger Zeit habe ich ein Paar begleitet, das sich nach etlichen Jahren in dieser Lebensform mit über 65 wieder neu ineinander verliebt hat. All das ist nicht ausgeschlossen und vielleicht kannst du dich mal mit solchen alternativen Denkmodellen beschäftigen.
Bitte verhindere, dass du dich dauerhaft als Opfer deiner eigenen Toleranz sehen musst. Das führt zur Lähmung und davon hat niemand etwas.
Alles Gute dir