Du hast uns verlassen. Du hast die Tasche gepackt, wolltest ein paar Tage allein sein und den Kopf freibekommen. Du bist zur Tür hinaus, kein Blick zurück. Du hast uns verlassen.
Wie lange ist dies nun her? Ich kann nicht mehr essen, nicht mehr schlafen. Doch wenigstens ich muss für unsere Tochter da sein. Du hast unsere Welt zerstört.
Du dachtest, ich würde einfach alles ignorieren. Du dachtest, ich würde den Kopf in den Sand stecken und mich in Ablenkungen flüchten. Wie schlecht kennst Du mich eigentlich?
Ich habe in dieser Zeit viel falsch gemacht. Ich habe gefleht, genervt und Du fühltest Dich unter Druck gesetzt. Ist es denn so falsch, auf der Suche nach Antworten zu sein? Wäre es besser, ich wäre so gefühllos wie Du es Dir erhofft hast?
Du nanntest mir Gründe - Dämonen, die Dich verfolgen. Dämonen, mit denen Du es angeblich alleine aufnehmen musst. Ich bin nur der Ballast. Die Familie ist nur im Weg.
Sei einmal ehrlich zu Dir selbst: Du wolltest nicht nachdenken, Du wolltest Dich nur ablenken. Du hast Deinen Körper und meine Warnungen völlig ignoriert. Ich durfte nur tatenlos ansehen, wie es Dir gesundheitlich immer schlechter ging. Du hast uns verlassen, doch ich mache mir nur Sorgen um Dich.
Ich habe nachgedacht. Ich habe mich an die glücklichen Momente unseres Lebens erinnert. Ich habe mich an die schlechten Zeiten erinnert, die wir gemeinsam durchgestanden haben. Du möchtest Dich nicht erinnern. Du möchtest nur ignorieren.
Ich erinnere mich, dass wir uns auseinander lebten. Doch ich erinnere mich auch, wie häufig ich das Gespräch suchte - vergeblich. Immer wieder versuchte ich, an unserer Ehe zu arbeiten - vergeblich. Während Du Dich angeblich an irgendwelche Hoffnungen geklammert hast, hast Du Chance um Chance abgelehnt. Du warst nie bereit, etwas zu riskieren. Und noch immer willst Du nichts riskieren.
Du hast den leichten Weg gewählt und mich und unsere Tochter zurückgelassen. Du behauptest, dies sei der schwere Weg, doch Du merkst nicht, wie einfach Du es Dir damit machst. Du akzeptierst keine andere Meinung als die eigene. Die blickst in keine andere Richtung als die, für die Du Dich entschieden hast. Wir hatten nie eine echte Chance, weil Du es nicht wolltest. Wir haben keine letzte Chance, weil Du es nicht willst.
Du hast uns verlassen und diese Familie zerstört. Du fühlst Dich nun frei und überlässt uns gleichgültig der Verzweiflung. Ich möchte Dich dafür hassen, doch ich darf es nicht. Aber ich hasse es, Dich zu lieben.
06.11.2019 19:22 •
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