Ich habe das Gefühl, dass es morgens am schlimmsten ist.
Ich wache auf, verschlafen, müde, gerädert. Und plötzlich nur ein Gedanke. Ich bin hellwach, mein Puls rast, mein Herz schlägt schneller. Ein Blick auf mein Handy. Nichts. Keine Nachricht, kein Anruf von ihm. Ich schaue, wann er zuletzt on war. 21:52. Er ist wahrscheinlich bei ihr. Hatte bessere Dinge zu tun, als den Abend bei WhatsApp zu verbringen. Sie haben gelacht, geredet, geküsst. Miteinander geschlafen.
Enttäuscht und traurig lege ich das Handy weg. Ich bin müde, mir ist schlecht. Alles dreht sich und wieder bin ich mit der Realität konfrontiert. Nicht mal Sekunden nach dem Aufwachen dominiert er meine Gedankenwelt. Sorgt dafür, dass mein Tag vorbei ist, bevor er überhaupt die Chance hatte, zu beginnen. Wie jeden Morgen.
Ich kenne es gar nicht mehr, glücklich aufzuwachen.
Aber ich mache ihm keine Vorwürfe. Er kann nichts dafür.
Jetzt liege ich hier und spüre, wie sich meine Augen mit Tränen füllen. Wie jeden Morgen. Und sonst ist da nichts. Ich starre die Decke an und spüre wieder diese unglaubliche Hilflosigkeit, diese Ohnmacht.
Ich glaube, das ist das schlimmste Gefühl. Ich fühle mich taub und machtlos, bin gefangen in einer Situation aus der ich allein nicht herauskomme. Denn er hat entschieden. Er will mich nicht. Er will die anderen. Und egal, was ich mache, egal, woran ich denke, wie ich mich ablenke oder was ich tue, ich kann keinen Menschen ändern. Ich kann ihn nicht ändern, seine Gefühle nicht ändern. Seine Entscheidung nicht rückgängig machen. Und das tut verdammt weh. Es ist für immer vorbei, ich werde nie wieder mit ihm reden, mit ihm lachen, ihn spüren oder fühlen können.
Wieder und wieder nehme ich mein Handy in die Hand, starre auf sein „zuletzt online“ und warte darauf, dass es sich in ein „online“ verwandelt und die grauen Häkchen blau werden. Doch das passiert nicht. Ich frage mich, wo er ist, was er gerade tut, und mir wird noch schlechter. Wahrscheinlich liegen sie noch im Bett, aneinander gekuschelt und glücklich. Sie brauchen das Handy nicht, sie haben einander und sind glücklich.
Es tut so weh. Alles einfach. Diese Ohnmacht, diese Ungewissheit, diese Hilflosigkeit. All das schmerzt und ich habe das Gefühl, daran zu ersticken.
Wenn er wenigstens meine Nachrichten lesen würde. Mir nicht ganz das Gefühl geben würde, dass ich in seinem Leben überhaupt keinen Platz mehr habe.
Aber er hat seine Entscheidung getroffen. Wie so oft. Doch dieses Mal ist es anders. Dieses Mal weiß ich, dass es final ist. Dass er daran festhält und sich nicht wieder umentscheidet, so wie bei den letzten Malen.
Dieses Mal fehle ich ihm nicht. Dieses Mal hat er sie. Und das tut so weh. Er wird nicht, wie letztes Mal, wieder ankommen und mir sagen, wie sehr er mich vermisst hat und wie wichtig ich ihm bin.
Er merkt nicht mal, dass ich weg bin, dass ich fehle. Denn er hat Ersatz, dort, wo ich war, ist keine leere Stelle.
Jetzt ist er online, mein Herz schlägt wieder wie verrückt und schnell gehe ich offline.
Eigentlich weiß ich genau, dass er meine Nachricht nicht lesen wird. Er wird den Chat löschen und ganz normal mit den anderen schreiben, als hätte er nie etwas von mir gehört. Er will nicht, dass ich Platz in seinem Leben einnehme, dass seine Gedanken sich mit mir beschäftigen müssen.
Ich bin wütend, hilflos, traurig, verzweifelt.
Ich möchte doch nur wissen, wie es ihm geht oder was er macht.
Was er fühlt, was ihn beschäftigt.
Es schmerzt, nichts von ihm zu hören, Es schmerzt mehr, als alles andere.
Er ist immer noch online. Schon ewig, ich frage mich, mit wem er schreibt, was er zu erzählen hat.
Ob er glücklich ist.
Und jetzt fließen die Tränen über mein Gesicht, ich kann sie nicht zurückhalten. Ich bin so verdammt hilflos und weiß nicht, wie ich mich selbst retten kann.
Ich verspüre den Drang, mir wehzutun, mir das Gefühl zu geben, dass ich noch da bin. Mit dem Messer tief in meine Haut schneiden und spüren, wie das warme Blut über meinen Arm läuft.
Und gleichzeitig will ich einfach nur betäuben. So wie letzte Woche. Oder gestern Morgen. Oder gestern Abend. All die Momente, in denen ich mir die Flasche schnappe, in mein Zimmer gehe und einfach trinke. Einfach trinke um zu vergessen. Zu betäuben. Zu unterdrücken.
Ich habe jetzt noch Kopfschmerzen von der Flasche von gestern Abend. Ich fühle mich, als wäre ich bis fünf Uhr feiern gewesen und hätte viel zu viel getrunken und getanzt.
Jetzt ist er offline. „Zuletzt online 9:37“. Ich werde wütend. In solchen Momenten werde ich wirklich wütend auf ihn, sonst spüre ich dieses Gefühl ihm nie gegenüber.
Er hat meine Nachricht nicht mal gelesen, es hat ihn völlig kaltgelassen. Und das, obwohl er offensichtlich genug Zeit hatte, es zu lesen. Er hätte nur draufklicken müssen. Nicht mal eine Antwort habe ich erwartet.
Das tut so weh. Ich bin enttäuscht, einfach nur so enttäuscht von ihm und weiß nicht, wie ich mit meinen Emotionen umgehen soll. Bin ich eigentlich wirklich enttäuscht von ihm oder doch eher von mir selbst? Darüber, dass ich mir falsche Hoffnungen gemacht habe, obwohl ich eigentlich ganz genau wusste, dass nichts von ihm kommen wird?
Enttäuschung. Wut. Hass.
Warum macht er das?
Ich bin nicht mal nur „irgendjemand“ für ihn, ich bin niemand.
Wie gern ich ihm all diese Dinge sagen würde, ihm beschreiben würde, was in mir vorgeht und wie ich mich fühle.
Vor ein paar Tagen hat er noch gesagt, er wolle nicht, dass ich aus seinem Leben verschwinde, dass ich ihm wichtig sei und er unglaublich traurig wäre, wenn ich verschwinden würde. Er wäre immer bereit zu reden, hielte nichts von Kontaktabbruch und sei für mich da, wenn ich reden wolle.
Und jetzt?
Jetzt gibt mir nicht die Chance. Er hat keinen Platz mehr für mich und das macht mich kaputt, tut mir einfach nur so weh.
Ich habe solche Sehnsucht. Will wissen, wie es ihm geht. Was er macht.
Mehr nicht.
Ich weiß, dass es nie wieder so sein wird, wie vorher. Aber dass er jetzt komplett aus meinem Leben verschwindet, ist nicht auszuhalten.
Ich kann damit nicht umgehen.
Ich will ihn anrufen, einfach nur seine Stimme hören.
14.05.2016 09:56 •
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