Hallo woodie,
ich befinde mich selbst unmittelbar in einer Trennungssituation...von daher sind meine Worte nicht Worte der Erfahrung. Ich kann nicht mal sagen, ob es mit uns in meiner eigenen Situation wirklich ganz zu Ende geht. Ich harre bei Familie im Ausland aus und warte einfach nur ab...
Aber ich glaube deinen Ausruf verstehen zu können: Ich war mir nur meiner Gefühle nicht mehr sicher!
Es ist die Unsicherheit beim eigenen Gefühl, die einen so zermürbt und belagert, bis er ein Haufen Brei ist und am Boden liegt. Der ganze Prozess hat etwas von einer Amputation, die aber nicht sauber und schnell geht...stattdessen wird herumgesäbelt, man zieht und zerrt und das verdammte Ding ist immer noch nicht ab!
So viele sagen mir, dass das Loslassen wichtig ist, dass das Loslassen der Schlüssel zum eigenen, ja zum ganz eigenen Glück ist. Sie haben Recht, aber es fällt schwer, den Schritt innerlich zu tun.
So wie du diese Person in deinem Herzen anrufst, anflehst, anschreist, so scheint mir, als hätte sie noch eine Menge Macht über dich und dein persönliches Wohlbefinden. Es war vielleicht wohltuend für dich, diese Aufforderungen hinzuschreiben, sie dir von der Seele zu schreiben. Aber ich glaube, dass die Abbildung dieser Person, die du in dir selbst aufbewahrst, nur dann gehen wird, wenn du sie auch loslässt. Lasse sie innerlich gehen und stelle dir sogar vor, du wünschst ihr alles Gute, während sie weggeht. Ich kann verstehen, dass das angesichts der erlebten Realität sehr schwer sein könnte, aber es geht hier nur um deine innere Gesundheit und die wird dadurch bestimmt, wie die Menschen, die dir nah oder nahgewesen sind, in dir weiterleben. Denn dein Nervensystem weiß nicht immer den Unterschied zwischen Erinnerung und Realität. Es schüttet auch dann Stresshormone und Peptide aus, die traurig oder verzweifelt machen, selbst wenn alles nur im Kopf stattfindet. Es reicht schon, daran zu denken. Die gute Nachricht ist, dass dies genauso gut für positive Gedanken gilt.
Es hilft mir manchmal, mir meine Frau als eines meiner zahllosen Familienmitglieder auf dieser Erde vorzustellen. Ich glaube, wir sehnen uns einfach so sehr nach Nähe, Familie und Zusammensein. Also hilft es mir, wenn ich mir vorstelle, dass ich schon zu einer Familie gehöre, zur Menschheit...und es sind so viele da draußen, denen ich näher kommen kann. Das klingt vielleicht kitschig, aber es ist etwas dran und es ist wichtig, dass wir wieder Vertrauen zu allen Menschen finden. Schließlich ist dieses Vertrauen durch unsere schlechte Erfahrung mit Einzelnen erschüttert worden. Unsere Partner sind schon wie alle anderen vor der Beziehung unsere Familienmitglieder gewesen, wir sind ihnen einfach nur nähergekommen als anderen und es hat in der Nähe leider nicht geklappt, glücklich und zufrieden zusammenzusein. Also lass jetzt los, lass jetzt wieder Bewegungsraum entstehen.
Auslöschen kannst du sie nicht. Ihr habt etwas zusammen unternommen, das einzigartig ist. Wäre dein Leben ein Baum, so wäre eure Zeit zusammen ein Ast. Es ist nicht gut, wenn Bäume sich Äste absägen, also wachse einfach weiter, form neue Äste. Erlaube ihr ruhig, ab und zu mal in dir vorbeizuschauen, übe es, ohne Schmerz an sie zu denken. Es ist eine Seele in ihr, in die du dich verliebt hattest. Versuche diese Seele zu sehen, rein und ohne die Flecken, die deine negativen Erfahrungen mit ihr womöglich erzeugt haben. Das kann schwer sein, aber vielleicht kannst du etwas wie Dankbarkeit empfinden, dass es diese Seele, diese einzigartige Gegenwart grundsätzlich auf der Erde gibt? Sie war ein Kapitel deines einzigartigen Lebens, sie hat dich mitgeformt, sodass du so bist, wie du eben bist. Und es ist gut so, dass du so bist, wie du bist.
Aber es ist für diese inneren Besuche vielleicht noch zu früh. Gerade brauchst du innere Weite. Sie ist dir so, wie es jetzt um dein Inneres steht, zu nahe, ansonsten würdest du sie ja nicht so heftig auffordern, aus deinem Herzen und deinen Gedanken zu gehen.
Es gibt Geborgenheit, es gibt Wärme, es gibt Zuneigung auf diesem Planeten. Sie warten auf dich und sind für dich da, auf diesem großen runden Zuhause. Du bist nicht allein mit deiner Verzweiflung. Es sind viele Menschen innerlich da, wo du jetzt bist. Lasse los, so wie man einen Bruder oder eine Schwester nach einer schönen Feier aus der Umarmung loslässt und sich dann verabschiedet, um eigene Wege zu gehen.
Wie werden wir es in 40 oder 50 Jahren sehen? Ich hoffe, wir können darauf zurückschauen und dem Leben dankbar sein für alle Erfahrungen und Augenblicke, die uns die Beziehung gebracht hat, auch wenn sie am Ende nicht so hielt, wie wir das wollten. Ich hoffe für uns, dass wir auch dankbar sein können für die nicht so schönen Augenblicke. Auch sie werden uns zu dem gemacht haben, was wir sind.
Ich wünsche dir alle Kraft, die zum Loslassen nötig ist. Ich wünsche dir, dass du diese Person liebevoll aufbewahren kannst, ohne an ihr leiden zu müssen. Ich hoffe, dass du innerlich sehr weit, warm und stark wirst, sodass du viel Platz für andere Erfahrungen und Gesichter bekommst. Und ich wünsche dir ein tiefes Gefühl von Zufriedenheit, innerer Stärke und Zuversicht. Es ist schön, dass du hier bist.
AD203
19.02.2015 05:33 •
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