Irgendwie denke ich, dass viele Menschen falsche Vorstellungen haben, Prioritäten nicht zu setzen wissen und oft nicht wirklich wissen, wie man um eine Beziehung kämpft, ja, nichtmal wissen, wie eine Beziehung überhaupt wirklich aussieht.
Also, dass Ihr zusammen zu Familien- oder Paartherapeuten seid, finde ich gut und Dein Mann ist ja auch mitgegangen, also hat er da ja schonmal etwas getan! Wenn er dann nicht wie ein dressierter Hund jede Frage wunschgemäß beantwortet, muss man das auch als Teil der Therapie sehen.
Nur ein Beispiel: Mir hat mal als Kind ein 'Psychologe' die Frage gestellt, ob es mir zuhause gefällt. Meine Mutter saß daneben. Sie war mit mir dahin, weil sie meinte, ich sei schwer erziehbar.
Was für eine Antwort hätte ich denn da geben sollen? Eine gut klingende? Eine neutrale? Oder hätte ich sagen sollen 'Die Alte schlägt mich und wenn wir jetzt nach Hause kommen, prügelt sie mich tot, weil ich das hier gesagt habe'?
Also muß auch der Rahmen so sein, dass ein Partner Fragen beantworten kann. Manchmal fehlt aber z.B. das Vertrauen oder es sind zuviele Leute da oder oder. Hast Du das mal in Erwägung gezogen? Es geht doch bei einer Paartherapie nicht nur um die Frau! Ich bin sicher, Dein Mann ist nicht zum Schweigen mitgegangen!
Eure Beziehung ist schon sehr lange. Das ist doch auch eine große Chance, Euch auf das gewonnene Vertrauen zu stützen. Sicher, Ihr werdet ein wenig danach graben müssen. Aber wenn Ihr dies tut, habt Ihr die Chance, ein solides Fundament für weitere 20 Jahre zu finden. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass Ihr kein solches Fundament mehr finden könnt. Dann habt Ihr aber zumindest Eure Hausaufgaben gemacht und seid mit-einander an diesen Punkt gekommen.
Solange Du aber einen Mann in der Ferne in Petto hast, ist doch ein ehrliches Fundament suchen gar nicht mehr möglich! Sobald der Alltag mal zuviel wird und der andere müde und erschöpft ist, schwupp ist wieder die Alternative da, die man beliebäugeln kann, als schmuckes Gegenstück.
4 Jahre war der andere ein Freund in der Ferne, mit einem eigenen Leben. Als ich dies anfangs las, habe ich gedacht: 'es ist doch schön, einen Freund zu haben, der einfach nur Freund ist'. Später dachte ich 'hoffentlich lasst Ihr diese Freundschaft bestehen'
Aber wie es aussieht, hast Du das nicht geschafft. Was ich meine ... Es gibt Freunde, mit denen redet man und redet und man mag sie ... ja, man kann einen Feund auch lieben. Lieben, als Freund! Leider sind solche Freundschaften meist zerstört, wenn eine Grenze einmal überschritten wurde. Ich habe selbst so eine Freundin, ich kenne sie seit ca 7 Jahren durch ein online Spiel, in dem wir damals gemeinsam gespielt haben. Sie ist verheiratet, hat Kinder, inzwischen Enkelkinder, wir verstehen uns super, eine unglaubliche Frau. Aber es ist gut so, wie es ist. Sie ist mir ein Freund und als solchen liebe ich sie und schätze sie, aber es käme mir niemals in den Sinn, eine Beziehung daraus zu machen. In dem Moment würde vermutlich alles zerbröckeln. Sie wohnt aber auch sehr weit weg in Österreich und auch dies macht eine persönliche Begegnung eher unwahrscheinlich.
Deshalb hätte ich Dir sehr davon abgeraten, zu versuchen, es zu einer Beziehung zu machen. Aber ich war zu spät. Wofür es noch nicht zu spät zu sein scheint, ist die Beziehung mit Deinem Mann.
An der einen oder anderen Stelle dachte ich beim Lesen des Threads: 'Wo bleibt der liebevolle Blick?'
Weißt Du, ich habe mehrfach gelesen, dass Dein Mann sich ziemlich viel Mühe gegeben hat. Genaugenommen habe ich es oft gelesen. Als ich dann las 'er sitzt neben mir auf dem Sofa und schläft' hatte ich das Bild eines Menschen vor Augen, der arbeiten war, sich gestern und heute den Kopf über seine Beziehung, Ehe und Familie zerbrochen hat, ebenso wie die Tage und Wochen davor, der Ängste haben muß, zu sehen, wie alles den Bach runter geht, bei all dem aber einfach auch nur ein Mensch ist und dann erschöpft auf dem Sofa eingepennt ist. Hm, wäre das nicht vielleicht sogar einen liebevollen Blick wert? Ich jedenfalls könnte mir das durchaus vorstellen und will damit keineswegs eine Richtung vorgeben, vielmehr einfach mal versuchen, Dir ein wenig den Blick zu erweitern. Immerhin habe ich einen Vorteil, ich bin auch ein Mann und auch schonmal ich bin schonmal erschöpft auf dem Sofa eingepennt
Liebe Grüße vom Wolf
12.01.2015 01:36 •
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