Liebe KK,
du hast sicherlich Recht mit dem, was du sagst.
Ich hätte vielleicht in meinem Beitrag hinzufügen sollen, dass Pauschalisierungen immer kritisch sind, und dass man nie alle Menschen über einen Kamm scheren darf -
gerade das ist eigentlich mein größtes Credo.
Doch selbst wenn ein Affärenmensch vordergründig behauptet, eine Affäre völlig intentional eingegangen zu sein...
... was Menschen nach außen hin behaupten, und was sie wirklich fühlen, das können oftmals zwei Paar Stiefel sein.
Finanzielle Absicherung - ja, gut. Das mag als Grund gelten, vor Allem wenn der Affärenmensch (sage mal Mensch, denn es könnte theoretisch ja auch ein Mann sein) tatsächlich nicht verliebt ist.
Anders als meine Mutter (die liierte Männer grundsätzlich immer mied, bis zu dem Mann, der ihr das Blaue vom Himmel versprach und nie einhielt), hat meine Tante (ihre Schwester) ihr Leben lang absichtlich Affären.
Ich würde aber nicht behaupten, dass sie damit glücklich ist, obwohl es vordergründig ihre Absicht war/ist.
Da ich meine Tante kenne weiß ich, dass sie in bindungsmäßiger Hinsicht ebenfalls ziemlich angeknackst ist und es nicht anders konnte.
(Sie ist aber nicht eiskalt und berechnend sondern sehr sensibel, und in ihren Fällen wussten sogar die Ehefrauen von den Affären... dennoch waren es keine offene Beziehungen).
Ich denke, dass viele auch vorspielen, so though zu sein - und es in ihrem Innersten nicht wirklich sind.
Interessanterweise sind Affärenfrauen oft Frauen, die nach außen hin sehr stark wirken und vordergründig ihr Leben ganz gut auf die Reihe bekommen -
nach innen hin sieht es aber oftmals völlig anders aus.
Es gibt auch knallharte Powerfrauen, die - wenn sie abends oder an Feiertagen mal mit sich alleine sind - vor dem Spiegel weinen und keiner Menschenseele davon erzählen.
(Öffentlich, meine ich damit...)
Wenn jemand eine Affäre eingeht mit der Begründung, dass er nach einer längeren Beziehung keine feste Bindung mehr möchte, spricht das für mich ebenfalls Bände.
Denn dafür kann man sich ja genausogut jemand nicht-liierten suchen, der ebenfalls keine feste Bindung wünscht.
Das muss ja dann nun kein Verheirateter oder vergebener sein.
Oder sehe ich das so falsch..?
Ich kenne auch Leute (sowohl in meinem Alter als auch im alter meiner Mutter), die so lockere Beziehungen führen. Aber ohne Affäre.
So etwas geht doch auch, wenn man das möchte.
Bindungsunfähigkeit ist allerdings eine Sache, die man sehr gut und sehr leicht kaschieren kann.
Ist man jung heißt es na ja, da muss man sich ja noch nicht so fest binden - da hat man doch noch Zeit, ist man älter kann man immer behaupten ich habe halt nie den Richtigen/die Richtige kennengelernt.
Ich kannte sowohl einige Männer als auch Frauen, die betroffen waren/sind und mit mir (da wir eng befreundet waren) offen über diese Themen gesprochen haben, auch wenn es für sie sehr schwierig war.
Nach außen hin würden sie es niemals zugeben - aber in ihrem Innersten leiden die Betroffenen meist schrecklich. Mir vertrauten einige gute Freunde (m und w) an, dass sie extrem darunter leiden würden, keine richtige Beziehung führen zu können - sie wüssten aber auch nicht wie sie das ändern könnten... es liege wohl an der verkorksten Kindheit.
Sicher, auch eine Therapie (die man in solchen Fällen empfiehlt) KANN helfen, muss aber nicht zwangsläufig - so etwas sind auch nur Denkanstöße, keine Wunderkuren, die jede frühkindliche Verletzung heilen oder in der frühen Kindheit entstandene Muster auflösen kann.
(Einen Versuch ist es m.E. dennoch immer wert)
Es klingt - wie zurecht angemerkt wurde - wirklich provokativ, wenn ich hier so über einen Kamm schere, das ist mir bewusst.
Daher sei nochmal gesagt, dass mir nichts ferner liegt, als alle Menschen in denselben Topf zu schmeißen.
Und dennoch ist mein Eindruck der (da ich dieses Affärentum seit so langer Zeit beobachte, ohne Gott sei Dank selbst Teil davon zu sein), dass es absolut frappierende Gemeinsamkeiten gibt (ohne dass deswegen die Menschen alle gleich wären) -
sie sind für mich aus den Beiträgen der Geliebten in diesem Thread (und auch in anderen Threads) aus jeder einzelnen Zeile herauszulesen.
Dabei ist der Grund meiner Beteiligung an dieser Diskussion wirklich nicht der gehobene Zeigefinger, da ich persönlich es furchtbar traurig und schlimm finde, wenn ein Mensch in so eine Lage kommt und eine solche Behandlung über sich ergehen lässt - mit dem dahinter verborgenen Grundgefühl, nicht mehr wert zu sein als das.
(Deliah schrieb es ja selbst mehrfach... und auch die anderen sagten: Wenn er sich meldet, geht es mir toll! Wenn er nichts hören lässt, fühle ich mich klein und bedeutungslos.)
Ich würde es allen Betroffenen von Herzen wünschen, dass sie es schaffen, mehr Zugang zu sich, ihren tiefsten Gefühlen und ihrem eigenen Selbstwertgefühl zu finden.
Denn das ist m.E. der einzige Weg aus diesem Teufelskreis.
KK, das würde übrigens auch eine Affäre so wie du sie schilderst (also intentional, ohne Verliebtheit) von der Standard-Affäre unterscheiden:
Wenn eine Affäre wirklich ganz ohne vermeintliche Gefühle und ohne jede Abhängigkeit eingegangen würde, müsste es für die Affäre ein leichtes sein, sie wieder zu beenden.
Ist das der Fall, ist an der Theorie mit der freien Entscheidung ohne ein vermindertes Selbstwertgefühl sicherlich was dran.
Läuft der Fall so wie bei den meisten, die hier schreiben, sieht es wieder völlig anders aus...
Es mag auch durchaus sein, KK, dass eine Affäre sich anfangs wie die 1. Wahl fühlt.
Ich denke aber nicht, dass es wirklich so ist - denn wäre es wirklich so, würde der Partner sich offen und ehrlich trennen anstatt seiner festen Beziehung/dem Ehepartner etwas vorzulügen.
M.E. gibt der Betrügende der Affäre nur das GEFÜHL, in dem Moment das Wichtigste zu sein, bzw. mit Vorzug behandelt zu werden - bei sämtlichen Affären, die ich so beobachten konnte oder von denen ich erfahren habe war es aber immer so, dass die Priorität bei Familie und Ehefrau lag.
Außer in den extrem seltenen Fällen, in denen es wirklich zur Trennung durch den Betrügenden kam.
Hier kannte ich wirklich nur einen einzigen Fall im Freundeskreis - es waren zwei Paare, die sich über uns kennengelernt hatten.
Der Mann des einen Paares betrog seine Freundin jahrelang mit der Frau des anderen Paares - und die Partner bekamen das auch durchaus irgendwie mit.
(Jeder, der Augen im Kopf hatte, bekam es mit.)
Der Betrüger-Mann behandelte dabei seine Affären-Partnerin überhaupt nicht gut vor anderen. Ich persönlich war peinlich berührt, als wir einen Abend mit diesen zwei Paaren verbrachten und empfand die Behandlung, die sie erfuhr, als sehr demütigend. Vermutlich wollte er sich vor anderen seine Gefühle nicht anmerken lassen (aber das klappte ohnehin nicht - in anderem Kontext hatte man die beiden schon SEHR innig und vertraut gesehen).
Jedenfalls hat dieser Mann diese Frau dann nach 1,5 Jahren zum großen Erstaunen aller tatsächlich geheiratet.
Allerdings muss ich hier ehrlich sagen: Beide Beziehungen waren wirklich sehr schlecht, es waren reine Zweckbeziehungen (und das mit Mitte 20!).
Beim einen Paar war gar keine Liebe vorhanden (gaben beide sogar zu) und beim anderen Paar war die Liebe nur einseitig (die Frau liebte den Betrüger-Mann sehr und tat alles für ihn, was für ihn natürlich praktisch und bequem war - aber andersherum waren die Gefühle völlig erloschen).
verliebt in Mr. Right,
ich würde dir so gerne irgendetwas raten oder empfehlen.
Aber leider weiß ich von meiner Mutter, dass keine dieser Empfehlungen auf fruchtbaren Boden fällt, wenn die vermeintliche Liebe groß ist.
(Erstrecht dann nicht, wenn der betrügende Mann mit der Affäre immer wieder einen auf Familie macht und gelobt, seine Frau zu verlassen - so wie es mit dem Betrügermann meiner Mutter der Fall war... da können solche Spielchen sehr sehr lange gehen - selbst wenn allen Außenstehenden klar ist, dass der Betrüger seine Ehefrau erst verlassen würde, wenn Ostern und Weihnachten auf denselben Tag fielen. )
Meine Beobachtung/Erfahrung ist leider die, dass Affären meist erst zu Ende gehen, wenn a) der Betrügende der Affäre den Laufpass gibt, weil er nicht mehr möchte, b) die Affäre auffliegt und die Ehefrau davon erfährt und den Mann vor die Wahl stellt oder c) sich im Leben der Affäre etwas gravierend verändert (was aber seltener ist).
Insofern kann man Betroffenen nur einfach immer wieder viel (mehr) innere Kraft und Stärke wünschen... und wünschen, dass sie den WILLEN entwickeln, aus diesem Teufelskreis auszubrechen.
Liebe Grüße
Sommermorgen
07.11.2013 15:22 •
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