Mein Ex hat sich in der Nacht von Samstag auf Sonntag mit einem Paukenschlag von mir getrennt. Ich bin völlig fertig, verstehe die Welt nicht mehr und leide furchtbar. Dennoch möchte ich ihn unbedingt zurück. Bitte helft mir, zu verstehen, was da eigentlich passiert ist. Der Text ist sehr lang und ich würde mich freuen, wenn trotzdem jemand reagiert.
Zur Geschichte:
Wir waren 6 Wochen zusammen und haben uns vor knapp 10 Wochen bei Tinder kennengelernt. Auf den ersten Blick war er nicht mein Typ, aber er wirkte sehr charmant und eloquent. Daher habe ich ihn trotzdem angeschrieben. Er wollte sich schon nach wenigen Nachrichten treffen und ich stimmte zu. Das 1. Treffen dauerte 8 Stunden. Ich fand ihn optisch nicht berauschend, aber er konnte toll reden und zog mich völlig in seinen Bann. Dass unsere Eltern nur zwei Straßen voneinander entfernt wohnen empfand ich als tolle Gemeinsamkeit, die mich ihm irgendwie näherbrachte. Wir tranken beide sehr viel Wein, obwohl ich das sonst eigentlich nicht mache.
Nach dem Treffen fragte er sofort nach einer Wiederholung. Bis zum vereinbarten Tag gab es fast keinen Kontakt, was ich als komisch empfand. Bei meinen letzten Beziehungen schrieb man sich täglich lange Nachrichten und lernte sich besser kennen. Aber ich akzeptierte es. Und so trafen wir uns erneut bei ihm zuhause. Er trank wieder sehr viel, wir hörten Musik und redeten über Gott und die Welt. Obwohl unsere Interessen und Geschmäcker sehr unterschiedlich waren, fand ich ihn anziehend und so landeten wir letztendlich im Bett. Er machte mir betrunken sehr viele Komplimente und sagte mir bereits, dass er mich liebt. Das fand ich merkwürdig, aber auch romantisch. Am Morgen danach musste ich arbeiten, er hatte frei. Dennoch ließ er mich alleine zum Bahnhof laufen, obwohl ich den Weg nicht kannte. Ich hätte mir gewünscht, dass er mich begleitet.
Eine Woche später stellte er mich bereits seinen Freunden vor, die Familie war nach drei Wochen an der Reihe. Ich fand das zu früh und wollte ihn meinem Umfeld erst nach 2-3 Monaten präsentieren. Das kränkte und störte ihn, er fühlte sich dadurch weniger geliebt. Wir verbrachten die Wochenenden mit seinem Freundeskreis, es war immer viel Alk. im Spiel. Wenn wir nicht mit seinen Freunden unterwegs waren, waren wir miteinander im Bett oder schauten uns Dokus an. Mich störte sehr, dass er im betrunkenen Zustand immer eine völlige Wesensveränderung durchlief. Mal war er sehr anhänglich, mal wertete er mich ab, nannte mich lächerlich oder schubste mich. Danach entschuldigte er sich häufig und kaufte mir Blumen. Gleichzeitig sprach er von ewiger Liebe, wollte mit mir zusammenziehen und Kinder bekommen. Er wollte mich heiraten und kündigte mir an, meinen Nachnamen anzunehmen. Ich fühlte mich geliebt und geschmeichelt.
Irgendwann kam der Tag, an dem er betrunken in meiner Wohnung völlig die Fassung verlor. Ich hatte ihn nur gefragt, ob alles okay sei, nachdem er nachts minutenlang durch die Wohnung geirrt war. Er brüllte mich an und warf mir vor, ihn als Unmensch dazustellen. Dann schimpfte und schrie er auf mich ein, zog sich an und wollte die Wohnung verlassen. Ich saß völlig verzweifelt und weinend auf dem Boden und verstand die Welt nicht mehr. Ich habe ihn angefleht, zu bleiben und irgendwann fing er sich. Dann schlug er sich plötzlich immer wieder mit der Faust ins Gesicht, was mich völlig verstörte. Ich versuchte, ihn zu trösten und zu beruhigen und es gelang mir. Er gestand mir daraufhin, dass er zu emotionalen Ausbrüchen und selbstverletzendem Verhalten neige. Wir weinten beide und ich versprach, immer für ihn da zu sein. Er kündigte an, nicht mehr täglich zu trinken und sich professionelle Hilfe zu suchen - beides zog er natürlich nicht durch.
Seit diesem Tag begegnete ich seiner hässlichen Seite immer häufiger. Als ich nachts wimmernd vor Unterleibkrämpfen im Bett lag, zischte er mich an und sagte mir, ich solle halt zum Arzt gehen. An einem anderen Tag steckte er mir seine Finger in die Nase, nachdem er Chili-Schoten geschnitten hatte. Es brannte fürchterlich. Dann spritzte er meine Hose mit Toilettenreiniger nass, schoss ein Foto von meinem nassen Po und amüsierte sich. Ich fühlte mich erniedrigt. Sprach ich diese Dinge an, reagierte er genervt und relativierte meine Gefühle. Er warf mir häufig vor, die Stimmung zu versauen und zu übertreiben. Gespräche beendete gerne mit den Worten So, und jetzt haben wir uns wieder lieb.
Obwohl ich mich von ihm nicht respektiert fühlte, machte er mir häufig Vorwürfe. Ich wäre nicht liebevoll genug, zu abweisend und würde ihm ein schlechtes Gefühl geben. Meine Whatsapp-Nachrichten wären nicht nett genug und ich würde zu wenig Herzen und Fotos schicken.
Das konnte ich nicht wirklich verstehen, denn ich putzte seine Wohnung, beschenkte ihn, ging für ihn einkaufen und hatte immer ein offenes Ohr. Im Bett war ich ihm völlig zu Diensten, fuhr bei Regen und Schnee mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu ihm und ließ zu, dass er im Supermarkt für einen Abend 50 Euro ausgab - natürlich auf meine Rechnung.
Vor 14 Tagen knallte es erstmalig. Ich hatte drei Tage Überstunden gemacht, um mir für den Geburtstag seines Schwagers frei nehmen zu können. Wir konnten uns nicht sehen und er fühlte sich zurückgewiesen. Er war der Meinung, dass man sich so nicht verhält, wenn man verliebt ineinander ist. Ich war gestresst und nicht begeistert, dass er mich an diesen Tagen während beruflicher Termine unangekündigt anrief. Das sagte ich ihm auch, worauf er wieder mit Vorwürfen reagierte. Am Tag des Geburtstags strafte er mich mit Missachtung und pampte mich am Telefon an. Mir platzte die Hutschnur und ich sprach von Trennung. Daraufhin berichtete er seiner ganzen Familie in allen Details von meinem Fehlverhalten und sorgte dafür, dass ich mich dort nicht mehr sehen lassen konnte.
Mir tat dieser Vorfall leid und ich fuhr zu ihm und hinterließ ihm einen liebevollen Brief, in dem ich ihm meine Liebe versicherte. Er meldete sich und wir versöhnten uns. Dabei erzählte er mir, dass er emotional abgestumpft ist, sich über nichts mehr freuen könne und nicht allein sein möchte. Ich hatte Mitleid, umarmte und umsorgte ihn. Auch wenn mich sein Geständnis sehr besorgte, denn mit solch einem Menschen kann man eigentlich keine vernünftige Beziehung führen.
Am Samstag kam dann der große Knall. Nach einem feuchtfröhlichen Abend mit einem Freund trank er zuhause weiter. Wir redeten über Politik und als ich ihm kurz widersprach, wurde er sehr wütend und aggressiv. Ich entzog mich dem Ausbruch und ging zur Toilette. Als ich zurückkam, rastete er völlig aus und beschimpfte mich. Er brüllte ohne Pause auf mich ein, machte mir Vorwürfe und unterstellte mir die schlimmsten Dinge. Ich weinte und flehte ihn an, damit aufzuhören. Doch es wurde immer schlimmer. Irgendwann teilte er mir mit, dass er nachvollziehen könne, dass einer meiner Ex-Partner mich geschlagen hat und dass ich keinen Kontakt zu meinem Vater habe. Beide Dinge sind sehr traumatisierend für mich und diese Aussagen verletzten mich zutiefst.
Unter Tränen packte ich meine Sachen zusammen, er lief mir nach und redete auf mich ein, nannte mich krank und perv.. Ich war wie in Trance. Dann stürzte ich aus der Wohnung und brach im Treppenhaus völlig zusammen. Er lief mir nach und jagte mich aus dem Haus, da er sich vor den Nachbarn nicht blamieren wollte. Also saß ich nachts um 0 Uhr während der Ausgangssperre allein auf der Straße und musste dafür sorgen, dass mich ein Kumpel abholte und heimfuhr.
Am nächsten Morgen rechnete ich mit einer Nachricht und einer Entschuldigung. Stattdessen blockierte er mich überall. Wenige Stunden später fand eine Freundin heraus, dass er wieder bei Tinder aktiv ist und Ersatz für mich sucht.
Jetzt sitze ich hier und bin mit den Nerven völlig am Ende. Ich verstehe nicht, was eigentlich passiert ist und warum er sich so verhalten hat. Gleichzeitig vermisse ich seine Nähe und fühle mich einsam. Ich mache mir schreckliche Vorwürfe, dass ich die Beziehung ruiniert habe. War ich zu lieblos? Hätte ich mehr Einsatz zeigen müssen?
11.05.2021 08:15 •
#1