Liebe Community,
irgendwie hatte ich das Bedürfnis, meine Gedanken hier zu teilen und zu schauen, ob andere ähnliches erlebt haben und wie sie damit umgegangen sind. Ich bin 28 und habe mit 18 einen Mann mit einer - wie sich herausgestellt hat - narzisstischen Persönlichkeitsstörung kennengelernt und sechs Jahre lang eine Art on-off-Beziehung mit ihm geführt. Während dieser Zeit habe ich eine Depression entwickelt, wegen der ich mit Anfang zwanzig für zweieinhalb Jahre in Verhaltenstherapie war und seit vergangenem Frühling wieder bin. Im Grunde geht es mir momentan relativ gut, viele gute Freunde, Erfolg im Studium, aber dennoch...
Auf diese eben genannte Beziehung möchte ich gar nicht detailliert eingehen, weil diese Person keine Gefühle mehr in mir auslöst und sie keine Rolle in meinem jetzigen Leben spielt. Allerdings habe ich den Eindruck in dieser Zeit ein Muster entwickelt zu haben, das mein heutiges romantisches Empfinden sehr beeinflusst und mir die Leichtigkeit nimmt.
Nach einer erneut ungeglückten Beziehung (worauf ich wiederum nicht eingehen möchte, weil es den Rahmen sprengen würde) habe ich Tinder angeschmissen und einen Mann kennengelernt, um den es aktuell geht und über den ich nicht hinwegkommen kann. Im Nachhinein ist mir klargeworden, dass ich meine vorherige Trauerphase hätte aussitzen müssen, aber da wusste ich es wohl nicht besser. Dieser Mann war sehr engagiert und machte einen seriösen Eindruck auf mich, wobei dieser sich nach dem ersten Treffen (Mai 2017) geändert hat. Ich hatte das Gefühl, dass er zu sehr an mir interessiert war, obwohl dieses Treffen recht kurz ausgefallen ist, weil er es in der Nacht erzwungen hat (er wohnt aus beruflichen Gründen woanders und ist nur alle paar Wochen hier) und ich abgelehnt habe, ihn mit zu mir zu nehmen. Er hat sich hinterher für sein offensives Verhalten entschuldigt und sagte offen, dass er mich mag und sich durch mich verunsichert fühlte. Eigentlich wollte ich das abhaken, weil er mir zu anhänglich wurde, jedoch haben Freunde und meine Mutter mich darin bestärkt, ihm eine zweite Chance zu geben, um einfach mal eine positive Erfahrung zu machen. Das habe ich getan, aber zum zweiten Treffen sollte es erst viele Monate später kommen (Januar 2018), da er mir irgendwann - nachdem ich mehr Interesse gezeigt habe - offenbart hat, eine andere kennengelernt zu haben (August 2017).
Dies zerbrach einige Monate später, sodass er sich wieder bei mir meldete (November 2017). Ich habe mir vorgenommen, nun offener mit meinen Gefühlen umzugehen. Die folgenden Treffen waren schön - beim dritten (Februar 2018) hatten wir was miteinander, und ich denke, dass es währenddessen um mich geschehen ist. In der on-off-Beziehung habe ich ein absolut unterwürfiges Bild von S. bekommen; hier hatte ich erstmals das Gefühl, dass ein Mann mich wirklich begehrt. Nach diesem Treffen verhielt er sich merkwürdig und schickte mir zwei Tage später völlig verwirrte Nachrichten (ich vermute unter Dro.) in denen er mit mitteilte, dass es zwischen uns keinen Sinn hätte. Ich war völlig fertig und konnte das nicht begreifen, weil er mir während der Treffen das Gefühl einer Verbundenheit gab. Es sah so aus, als wäre er regelrecht vor mir geflüchtet, was ich als Bindungsangst interpretierte.
Es gab danach keinen Kontakt, allerdings matchten wir uns einige Monate (ca. Mai 2018) später wieder bei Tinder (dummes Tinder!) und wir fingen wieder an, uns zu treffen. Diesmal hatte ich den Eindruck, dass er ernsthaftes Interesse hatte, was sich wiederum auflöste, nachdem ich einmal relativ spät am Abend bei ihm war, meine Übernachtung dort erzwingen musste und er mich am nächsten Morgen mehr oder weniger rausschmiss, weil er im Home-Office arbeiten musste. Danach ging es mir unglaublich schlecht, ich habe mich ausgenutzt und wertlos gefühlt. Ich habe ihn danach nicht mehr kontaktiert, weil ich keinen Sinn darin sah.
Nach etwa zwei Monaten Funkstille meldete er sich im August wieder und fragte nach einem Treffen, worauf ich nicht eingegangen bin. Wiederum zwei Monate später im Oktober 2018 kam eine erneute Nachricht, in der er mich mit netten Worten um die Finger wickelte und sagte, dass er es immer schön mit mir fand, er aber das Gefühl hatte, ich wäre sauer auf ihn und er sich nicht wie ein Opfer fühlen wollte. Ich bestätigte dies und habe ihm offen gesagt, dass ich nach diesem Rausschmiss sehr verletzt war und ich nicht weiß, was er jetzt eigentlich von mir will. Er meinte dann, dass es ihm ein bisschen leidtäte und er sich freuen würde, mich einfach zu sehen oder am Telefon zu hören. Ich wurde weich, also kam er zu mir und wir hatten eine schöne Nacht, in der er mir das Gefühl gab für mich da zu sein, weil wir offen über alles sprachen und ich mich überwunden habe ihm zu sagen, dass ich eine sehr selbstzerstörerische Beziehung hinter mir habe und sich daraus starke Selbstzweifel entwickelt haben. Er zeigte sich verständnisvoll, war einfühlsam, bestärkte mich. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, ich selbst zu sein und mich trotzdem angenommen zu fühlen. Nach diesem Treffen zeigte er sich wiederum distanziert, nachdem ich ihn nach einem erneuten Treffen fragte. Ich war mal wieder vollkommen aufgelöst und hatte den Eindruck, dass ich niemals wieder ehrlich mit meiner Vergangenheit und Empfindungen sein darf, weil es abschreckt und keiner damit umgehen kann.
Ein paar Monate später habe ich bei Instagram gesehen (wir waren auf keiner sozialen Plattform verbunden, aber die Profile waren öffentlich), dass er offenbar eine andere hat und schon hatte, als wir uns das letzte Mal sahen; das fand ich vor ca. einem Jahr heraus, mit dieser Frau scheint er immer noch zusammen zu sein. Ich war unglaublich gekränkt und bin es irgendwie immer noch, obwohl ich weiß, wie dumm das ist. Ich habe sein Verhalten bis dato als bindungsgestört interpretiert, weil es immer ein heiß-kalt war, Lovebombing, plötzlicher Rückzug, nächtliche, völlig spontane Treffen usw. Er hatte mir unterschwellig immer wieder signalisiert, dass ich keine - vor allem intellektuelle - Erwartungen an ihn stellen dürfe. Seine Rastlosigkeit und ständiges Bedürfnis nach Reizen vermittelten mir seine Unsicherheit, was wohl auch seinen gelegentlichen Konsum erklärt. Im Grunde passt dieser Mensch also überhaupt nicht zu mir. Ich war geblendet von seinen wenigen, liebevollen Gesten und sehne mich nach Nähe, Anerkennung, wie jeder Mensch. Ich hatte danach zwei Dates, die mir nicht zusagten, sowieso dachte ich, dass es gut sei, erstmal gar keinen Mann im Leben zu haben.
Er selbst meldete sich wieder einmal im März, um mir ein Kompliment für mein WhatsApp-Profilbild zu machen und fragte nach mir, worauf ich nicht wirklich eingegangen bin. Eine erneute Nachricht kam im Juli und ich wusste, dass er eigentlich eine Freundin hatte - was aber nur meiner Recherche zu verdanken ist - auf die ich antwortete, dass er aufhören soll mir zu schreiben und Komplimente zu machen, weil mich das verwirrt und er mir nicht egal war. Das war der letzte Kontakt, und ich kann nach wie vor nicht aufhören, daran zu denken, dass er jetzt eine Freundin hat, sie gleichzeitig aber hintergeht und dennoch eine Beziehung hat, die ich mir selbst so sehr wünsche. Ich frage mich, warum so jemand wie er jemand an seiner Seite hat und ich trotz Therapie alleine bin und das Gefühl habe, dass es niemals anders sein wird. Ich weiß, dass ich diese Beziehung und ihn idealisiere. Ich würde so gerne loslassen können, aber ich schaffe es nicht. Vielleicht ist hier jemand, der ähnliches erlebt hat, vor allem nach einer narzisstisch geprägten Beziehung. Wie habt ihr es geschafft, die Hoffnung nicht aufzugeben?
Tut mir leid, dass dieser Eintrag so lang geworden ist. Danke an alle, die sich die Zeit nehmen, ihn zu lesen und vielleicht darauf reagieren.
18.01.2020 13:47 •
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