An dieser Stelle schlussfolgerst Du vielleicht wirklich zu viel… bzw. setzt meines Erachtens am falschen Ende an.
Die meisten Menschen spüren es, wenn sie eigene oder andere Grenzen überschreiten und tun es in solchen Momenten trotzdem. Ist ein bißchen so, wie die Sache mit dem Tbk. Nur weil ich weiß (sic!), daß das tödlich sein kann, höre ich damit nicht so einfach auf.
Intellektuelles Wissen und emotionales Begreifen sind zwei völlig verschiedene Dinge. Beispiel: Ich weiß (!) daß es mich runterzieht, ständig nach der/dem Ex bei FB etc zu schauen und kann es trotzdem nicht lassen.
Verantwortungsvolles Handeln an der Stelle und damit emotional erwachsenes Handeln, wäre sich zum einen sich zu verzeihen, wenn man es trotzdem immer wieder macht, bei gleichzeitigem langsamem Herantasten an die Stelle, die weh tut.
Das fröhliche Bild der/des Ex ist es doch nicht, was schmerzt. Bilder sind dazu nicht in der Lage, es sind die damit verbundenen Emotionen, Bedauern, Verlust, Wut, Angst etc, die ein solches Bild bei einem selbst auslöst. An dieser Stelle bringt es auch überhaupt nichts sich selbst immer wieder intellektuell, rational vorzuhalten, daß man nicht auf diese Seiten gehen sollte oder daß man jetzt auf Teufel komm raus akzeptieren muß, daß der andere einen nicht will. So läuft das nicht.
Emotionale Verantwortung besteht mE eben überhaupt nicht darin, sich an rationalen Gedankenkonstrukten festzuhalten. Schlimmstenfalls schafft das nämlich einen so tiefen Verlust zum Zugang der eigenen Emotionen, daß es womöglich zu einer Explosion kommt.
Wo wir bei Filmzitaten sind, gleicher Darsteller: Falling down.
Dein Appel an den Verstand und Vernunft ist lobenswert aber in etwa so hilfreich, wie folgender Dialog:
„Ich habe Kopfschmerzen.“
„Du kannst aber keine Kopfschmerzen haben, Du hast heute schon zwei Liter Wasser getrunken.“
Nicht nur ist die Begründung ziemlich blöd, weil man ja Kopfschmerzen aus ganz verschiedenen Gründen haben kann, sonder das „Du kannst nicht“ entwertet das Wahrgenommene/Empfundene an sich.
Wenn wir jetzt mal über eine Emotion wie Aggression im Einzelnen (und da passt ja der bunny boiler, ein geflügelter Begriff entstanden aus Deinem zitierten Film hin) reden. Joachim Bauer hat in seinen Buch „Schmerzgrenze“ mittels neurologischer Kenntnisse versucht zu belegen, daß Aggression KEIN Instinkt ist, sondern Re-aktion auf vorherige Kränkungen und Verletzungen. Diese müssen nicht einmal aus dem selben Verhältnis oder von der selben Person herrühren.
Da spielt dann die Argumentation vom „unzureichenden Selbstwert“ hinein, die hier auch schon gefallen ist. Ich halte die für nicht falsch, aber eben auch nicht weitreichend genug.
@DerTypderwo40ist hat es schon sehr gut beschrieben, die Menschen wissen (!) daß das nicht ok ist. Von den wirklichen Krankheitsfällen abgesehen, dürfte eine intellektuelle Kenntnis vorhanden sein. Verantwortung für die eigenen Gefühle meint aber etwas anderes. Was @DerTypderwo40ist beschreibt, nenne ich liebevoll die ewig-währende Verantwortungsrochade (wie beim Schach).
Weißt Du Blanca, Vernunft ist ja eine feine Sache, aber Vernunft allein reicht eben nicht und ist in diesem Falle sogar untauglich.
Ja uns Menschen zeichnet die Vernunftbegabung aus, aber eben nicht nur. Uns zeichnet auch aus, daß wir trotz allem glauben, an andere, an uns selbst, an vieles. Das hat zu den irrwitzigsten Erfindungen und Entdeckungen geführt. Reine Vernunft bringt einen weder zu einer Mondlandung noch lässt es einen Gedichte schreiben. Und auch die Liebe ist doch keine Vernunftsache. Manchmal denke ich, daß Männer das nun wirklich besser verstanden haben als Frauen (aber damit sind wir wieder bei Urmel’s Männer sind die größeren Romantiker aus einem ganz anderen Thread).
Schau, Deine Argumentation mit der Vernunft ist klar, einleuchtend und stimmig. Passt zu der Argumentation, wenn man echte, aufrichtige Liebe lebt, dann ist es doch nicht weiter schlimm, daß der andere geht, so lange er/sie nur glücklich sind.
Man selbst würde einfach weiter lieben und dem anderen gehts gut. Case closed.
Nur gibt es ja noch ganz andere Gefühle. zB Empörung. Schau, dein Thread heute ist doch eigentlich aus Empörung heraus entstanden. Die Lady, die sich trotz recht deutlicher Anzeichen nicht mit der gegebenen Situation hat abfinden wollen und dann einer armen Schwangeren (mit wo möglicher Risikoschwangerschaft ) das Leben nun wirklich unnötig schwer macht.
Gegenfrage, bei aller Empörung, aber warum genau bist Du eigentlich nicht total frappiert über diese Pappnase von zukünftigem Vater? Mal ehrlich, man kann ja von außerehelichen Aktivitäten halten was man mag, aber mal ernsthaft, hinzugehen und zu sagen, daß sein (emotionaler) Tripper, den er davon getragen hat, nicht ihr sondern eben der Pappnase als schon reines Auswahlverschulden anzulasten ist, ist doch sonst genau das, was Dein messerscharfer Verstand sonst so tut.
Der hat sich ganz offensichtlich weder das richtige Kurz-Abenteuer ausgesucht noch ein emotionales Kond. getragen… Zu Hause ein baby kriegen zu wollen, die ganze Geschichte auch für gut zu befinden, dann aber trotzdem irgendwie auch mal einen Snack zu brauchen… Ja mei. Aber sich dann mit Gefühslgeschwabel im eigenen Dorf umzutun… Mit Verlaub, aber so wenig ich das Verhalten der Zwischenlösung gut heißen mag, daß die das doof fand (insbesondere und nicht obwohl weil EF jetzt auch noch das Statussymbol der kleinsten Handschelle der Welt vor sich herschiebt), find ich jetzt nicht völlig abwegig.
Heute warst Du empört, sehr sogar. Auch vielleicht wütend. Das ist gut.
Gefühle sind eben genau das. Manchmal veranlassen sie uns die arme Ehefrau auf einem Volksfest anzufeinden. Manchmal veranlassen sie uns jemanden auch noch nach Jahren zu googlen. Manchmal veranlassen sie uns nicht einfach so loslassen zu können. Und manchmal eben auch recht fassungslos auf ein Post einer sehr hilflosen Teilnehmerin in einem Internetforum zu reagieren.
Da geht es nicht um diese vielzitierte Vernunft, sondern, meiner bescheidenen Meinung nach, geht es dann darum, zu schauen, wo die eigenen Emotionen beginnen. Was genau hat Dich (!) so fassungslos gemacht? Das ungeborene Leben?
Und jetzt noch mal auf der realen Ebene, Du hast da nen Typen, der offenbar nicht genug Ego hat, um mit dem Aufmerksamkeitsentzug, den hormonellen Veränderungen und den ansonsten nicht so mega-mäßigen Nebenerscheinungen, einer Kinder-Wunsch-Therapie umzugehen. Normalerweise bist Du doch bewundernswerterweise die erste, die die Banalität des Ganzen, „kommt halt oft vor“, in Worte fasst. Dieser Typ sucht sich dann ein bissl Aufmerksamkeitswährung und hat offensichtlich noch nicht mal so viel betriebswirtschaftliche Kenntnisse, daß er Einmal-Kosten von emotionaler Dauerinvestition unterscheiden kann. Idiot, halt.
Die Ehefrau hat bestenfalls mal keine Ahnung. Wobei sich ehrlicherweise dann doch auch ein paar Fragen stellen lassen. Diese dürfen aber angedeutet bleiben an dieser Stelle.
Und die Zwischenmahlzeit hat natürlich nur bedingt gewusst, worauf sie sich da einlässt. Wenn man den Koch nach Küchenschluss rausklingelt, damit man doch noch etwas zu essen bekommt, dann erzählt man natürlich nicht nur, daß das Gulasch das beste war, was man jemals gefuttert hat, sondern ob der Situation glaubt vielleicht auch daran. Ist aber nicht so ganz der Koch nur schuld, wenn der dann nach 9 Wochen Dauer, immer so ein Gulasch vorrätig hält.
Alles Geschichten, die hier jeden Tag vorkommen, die Du jeden Tag geistreich, clever und auf den Punkt kommentierst. Also, was war heute anders?
Und bei diesem „anders“ da fängt emotionale Selbstverantwortung an.
Hat nix mit Vernunft zu tun. Rational gesehen, kann Dich keine Zeile im Internet jemals verletzten, empören oder wütend machen.
Tun sie halt doch ab und zu.
Auch die vernunftbegabtesten unter uns, dürfen Wut, Angst, Bedauern, Empörung, Trauer und Aggression spüren.
Nicht weil diese Gefühle im „Recht“ sind, sondern weil Gefühle nun mal sind.
Diese Gefühle selbst zu erforschen, wahrzunehmen und einfach nur „sein“ zu lassen, darum gehts. Und vor allem sie nicht dem anderen anzulasten.
Weit weg von Kontrolle, Rechtfertigung, Begründung und eben Vernunft.
Mag ja gut sein, daß ich heute zwei Liter Wasser getrunken habe, ich habe Kopfschmerzen. Und niemand ist daran schuld.
Ich für meinen Teil finde es wunderschön und sehr spannend zu sehen, daß selbst Forenlegenden manchmal auf Gefühlsebene hadern. Macht nämlich Legenden wieder zu Menschen.