Mein Senf zur HSP Frikadelle
Habe meine Gedankengänge dazu noch nie aufgeschrieben, kann sein dass der Senf jetzt etwas unstrukturiert auf der Frikadelle landet und auch ganz sicher nicht der Senf der Senfe ist, sondern nur meine versenfte Wahrnehmung.
Jeder Mensch nimmt die Gefühlslagen seiner Mitmenschen war, nur in unterschiedlich starker Intensivität, selbst bei starken Ausprägungen von Alexithymie oder des Aspergersyndroms werden Veränderungen von Gefühlslagen wahrgenommen, sie können nur nicht richtig eingeordnet werden oder dringen nicht bis ins Bewusstsein vor.
Wenn ich mich mit anderen Nicht-HSP Menschen vergleiche, finde ich keine großen Unterschiede.
Ich sehe nur das mein Gehirn Informationen/Gefühle die auf mich einprassen anders filtert, nämlich kaum.
Selbstliebe:
Was nehme ich wahr.
Jede Veränderung in der Mimik, jede Verunsicherung/Angst/Unwohlsein meines Gegenübers, jede Unstimmigkeit zwischen dem was vielleicht jemand sagt/schreibt, in Wirklichkeit vielleicht aber meint, in Wirklichkeit vielleicht aber fühlt... in Wirklichkeit aber seine Körpersprache vielleicht etwas ganz anderes vermittelt.
Dazu kommen ungefiltert tausend andere weitere Eindrücke, der Geruch der Luft/des Raums/der Menschen, sämtliche Farben/Formen/Strukturen von allem was uns umgibt, alle Nebengeräusche, jede Temperaturveränderung usw. Immer alles auf einmal, immer alles präsent.
Ein Nicht-HSP-Hirn nimmt das auch alles wahr!
Aber es filtert/selektiert. Nach relevant für mich, nach überlebenswichtig, nach Raum dafür haben sich in dem Moment damit auseinanderzusetzen zu können usw.
Selektive Wahrnehmung ist was wunderbares. Sie macht das Leben oft soviel einfacher.
Ich muss mich dauernd bewusst selber selektieren. Das gehört nicht zu mir, das ist jetzt nicht wichtig, verliere dich nicht...
Und ganz oft, da darfst du jetzt nicht drauf reagieren
Kleiner Exkurs:
Bsp. Jemand lügt weil ihm etwas unangenehm ist, eine von den kleinen Lüge, eine von denen die wir jeden Tag so oft alle machen. Eigentlich nichts von Bedeutung.
Aber es ist mir unangenehm weil ich denke, das muss demjenigen nicht unangenehm sein weil es etwas ganz normales/menschliches ist... das muss dir vor mir nicht unangenehm sein.
Mein erster Impuls, dagegen zu steuern, irgendwie vermitteln das es nicht schlimm ist.
Damit würde ich denjenigen aber wissen lassen das ich seine Lüge/Unstimmigkeit wahrgenommen habe, das will er nicht, das ist sein gutes Recht, sein Schutz/sein Harmoniebedürfniss den/das er zu diesem Zeitpunkt für sich braucht. Es würde noch unangenehmer werden. Es würde jede Form der normalen Entwicklung einer zwischenmenschlichen Beziehung, welcher Art auch immer, behindern.
Weil ich in eine Privatsphäre eindringe, die mich erstens nichts angeht und zweitens ich das nicht möchte, es aber manchmal nicht frühzeitig genug stoppen kann.
Auch das kennt jeder! Aber es passiert bei mir eben einfach in einer viel stärkeren Intensität, dauernd, immer. Nicht Ausblenden zu können.
Soviel erstmal dazu, zu dem Hellseherkonflikt hier fällt mir folgendes ein.
Natürlich nimmt man als HSPler mehr wahr, das heißt aber nicht das ich jede Emotion meines Gegenübers auch immer treffsicher richtig einordnen kann. Weil es einfach zu viele Informationen sind.
Hinter jeder Gefühlsregung die sichtbar wird, steht ein irrsinnig komplexer, individuell, von tausend Erlebnissen geprägter Mensch. Hinter jeder Emotion verbirgt sich eine andere Emotion.
Lage um Lage um Lage... Schichten.
Bsp. Ich bemerke eine Unstimmigkeit, versuche sie ein zu ordnen, tausend weitere Informationen die NICHT ausgeblendet werden können wirken parallel weiter auf mich ein, versuche mich zu fokussieren, finde vielleicht Ablehnung im ersten Eindruck bei meinem Gegenüber.
Ablehnung von was? Von der Situation? Von mir? Seiner eigenen Unsicherheit? Finde dann vielleicht in meinem Gegenüber das Gefühl von Überforderung...
Er lehnt ab weil ihn etwas überfordert. Was überfordert ihn? Welcher Faktor führt dazu das er sich überfordert fühlt? Wie viel hat davon mit ihm zu tun? Wie viel davon vielleicht mit mir? Wie viel davon einfach nur mit einer vielleicht blöden Situation?
Okay, dann nehme ich Angst wahr. Er ist überfordert weil ihm etwas gerade Angst macht.
Es macht ihm nicht bewusst Angst, läuft unbewusst, sein gut funktionierender Selbstschutz schützt ihn durch Ablehnung. Was macht ihm Angst?
Und weiter geht die Suche, es läuft einfach weiter, weil ich nicht immer aufmerksam genug bin das aktiv zu unterbinden, weil ich mich eigentlich gerade darauf konzentrieren sollte das ich gleich einen Vortrag halten muss, das ich noch einkaufen muss, das ich nicht vergessen darf Zahnpasta zu kaufen, das das das... aber da sind ja auch noch die ganzen vielen schönen Blumen... durch die leicht transparenten Blätter scheint Licht, man kann die filigrane Blattstruktur so wunderbar sehen... der Wind der dreht, die kühle Luft die plötzlich ganz weich und warm wird, die so angenehm über meine Haut streicht, ein Gefühl das ich liebe und in dem ich gerne verweile... da ist das entfernte Tatütata, vielleicht ist was schlimmes passiert... da kommt der Geruch von Lavendel mit dem warmen Wind, Lavendel... meine Großmutter... ihr Parfüm, die Bilder ihrer Wohnung tauchen auf, die Erinnerung an den Geruch dort... ich wollte mir doch auch noch neues Parfüm besorgen, nicht vergessen, die Zahnpasta auch nicht!
Warum hatte mein Gegenüber gerade nochmal Angst? Moment, stop, ich habe gerade Angst, weil ich den Vortrag halten muss... der Vortrag! fokussiere dich!
Das geht ewig so weiter, bis ich am Ende ganz vielleicht dahinter komme was der wahre Grund für diese kleine Unstimmigkeit ist... die nicht wirklich relevant ist, die mich nichts angeht...
Für mich persönlich ist HSP ein Abgrenzungsproblem, mich von den Emotionen anderer abzugrenzen.
Ein Filterproblem, relevantes von unrelevantem zu filtern.
Ein Overload an Informationen.
Der mich immer wieder dazu zwingt mir ganz bewusst reizarme Räume/Zeiten zu schaffen damit ich mich auf mich konzentrieren kann.
Es bedeutet dass ich mir meiner viel selbst bewusster sein muss, selbstbewusster sein muss!
Je mehr du von außen wahrnimmst desto leichter passiert es das man sich selbst in Frage stellt, je weniger man sich einen Kopf macht desto einfacher ist es bei sich zu bleiben.
Probleme Probleme Probleme...
So schlimm ist es nicht, habe mit den Jahren gut lernen können damit gut zu leben, konnte mir das bewusste abgrenzen/fokussieren antrainieren. Durch wiederholtes unterbrechen der Prozesse, irgendwann hat selbst mein Hirn das halbwegs verstanden.
Daraus entstand die wunderbare Fähigkeit messerscharf differenzieren zu können... das bist du, das bin ich...
Und es bleibt ein Leben in dem ich neben den ganzen unangenehmen Emotionen wie Angst, Hass, Wut, Ablehnung auch furchtbar viel Freude und Liebe und Glück und Spannung und Vorfreude und Begehren und Schönheit und Lebendigkeit und Entwicklung und und und... wahrnehmen darf.
Wahnsinnig intensiv, es gibt nichts schöneres.
Partnerwahl:
Mein Partner dürfte auch gerne HSPler sein, nicht weil ich dann nicht mehr mit ihm kommunizieren muss, weil wir uns ja gegenseitig lesen, sondern weil er wüsste wie unglaublich anstregend es ist dauernd lesen zu müssen, sich darüber selbst zu verlieren, weil er wüsste das gerade in Beziehungen die so nah wie Liebesbeziehungen sind ein ausdifferenzieren nicht immer möglich ist... und auch nicht gewünscht ist... ( je weniger ich emotional involviert bin desto treffsicherer ist meine Deutung, je tiefer ich involviert bin desto größer werden meine blinden Flecken) UND er deshalb so nett ist und ganz klar und offen mit mir kommuniziert und nicht von mir erwartet das ich immer alles richtig deute.
Er dürfte auch gerne NichtHSPler sein! Es dürfte ihm nur nicht unangenehm sein das ich vielleicht mehr mitkriege als ihm lieb ist. Es müsste einfach ein Mensch sein der sich seiner Selbst bewusst ist und sich nicht schämt wenn ich Unsicherheiten/Lügen/Ängste entdecke, weil die eben so normal sind...
01.06.2015 13:22 •
x 6 #32