Liebe Mia,
emotional gefestigt? Naja, mal so, mal so. Es gibt immer noch Momente, wo ich wie aus heiterem Himmel einfach heulen könnte. Soll man auch zulassen. Es geht einem danach besser, als wenn man es unterdrücken würde. Hab sogar mal in einem Buch gelesen, dass man, wenn der Schmerz gar nicht mehr auszuhalten ist, sich so richtig sattheulen soll, richtig in den Schmerz reinsteigern, irgendwo im stillen Kämmerlein, notfalls auch mit der besten Freundin. Danach ist man so erschöpft, dass der Körper erst mal stopp sagt und du für eine längere Zeit Schmerzruhe hast. Hab es so noch nicht ausprobiert, aber trotzdem viel geweint, mich selbst bemitleidet, Wut rausgelassen. Hat mir gut getan. Bei mir war es etwas anders im Ablauf, denke ich heute, obwohl der Schmerz und die Phasen genau dieselben sind und genauso schlimm für mich waren. Meine Geschichte findest du im Forum Fremdgehen Affären unter Jetzt ist er bei seiner Geliebten. Ich will ja nicht in deinem Thema meine ganze Geschichte nochmal ausbreiten. Kurzfassung, um zu erzählen, wie der Liebeskummer bei mir ablief. Hab eine langjährige Affäre meines Mannes herausgefunden :Bombe auf mein Leben! Ich fühlte mich, als wäre ein LKW in mein Haus und mitten durch mich durchgefahren - die komplette Zerstörung. Es war der absolut tiefste Punkt meines ganzen Lebens. Er wollte sich nicht von mir trennen, einen Neuanfang. Ich verlangte die sofortige Beendigung der Affäre und gab uns eine Chance: ich glaube, ab da fing ich schon an, diese Liebeskummerphasen durchzumachen. Es war das emotional schlimmste Jahr meines Lebens: Wut, Schmerz, Misstrauen, Wunsch nach Neuanfang und Aufarbeitung in der Beziehung, Gefühlsausbrüche, ich kannte mich selbst nicht mehr, fühlte mich teilweise wie tot. Nichts war mehr wichtig, keine Freude mehr an Dingen, die mich sonst brennend interessierten. Ich kam mir vor wie eine Hülle, eine lebende Tote. Worte wie Freude, Vertrauen, Zufriedenheit usw. kamen mir wie eine Erfindung vor, in der Realität nicht existent. Ich hatte keine Angst mehr vorm Sterben, es war mir egal (hatte aber nie Selbstmordgedanken!). Lebte weiter ohne Essen und Schlaf über lange Zeit. Naja usw. Eben all das, was man eigentlich gefühlsmäßig durchmacht kurz nach einer Trennung. Heute denke ich, dass ich da schon die erste und schlimmste Zeit des sogenannten Trennungsschmerzes durchlebte, obwohl wir offiziell nicht getrennt waren. Als ich ca. 1 Jahr später herausfand, dass er die Affäre nicht beendet hatte, hab ich mich getrennt. Ich hatte trotzdem Liebeskummer, aber nicht dieses krasse Gefühl des Abgestorbenseins und der Orientierungslosigkeit im Leben. Wut, Schmerz, Weinen, Hoffnung, Sehnsucht, all das begleitet mich immer noch, von daher bin ich emotional sicher noch nicht so gefestigt, aber ich weiß (und das gibt mir Kraft), dass ich es überlebt habe und weiter überleben werde. Es dauert eine Weile, bis man an den Punkt kommt, wo man wieder Freude an Dingen hat, auch mal zufrieden sein und genießen kann. Ja, diese Momente habe ich schon. Es hält sich so die Waage zu den anderen Gefühlen. In der Anfangszeit hatte ich oft das Gefühl, dass nichts hilft. Was hätte ich dafür gegeben, einfach nur mal zufrieden zu sein, nicht mal glücklich, so hoch hinaus wollte ich gar nicht. Oder, dass einfach nur der Schmerz aufhört, ich war diesen Schmerz so leid. Ich glaube, diese erste Zeit muss man einfach nur durchstehen, Tag für Tag. Man ist dann schon froh, wenn man mal einen guten Tag hat. Das gibt Hoffnung, dass es möglich ist. Diese Tage werden langsam zunehmen. Es gibt lange Zeit immer wieder Rückfälle. Die muss man dann einfach auch als solche sehen und annehmen und immer denken, dass auch die vorbeigehen. Ich habe mir immer wieder gesagt:Ja, ich darf traurig sein, wütend sein. Egal, wie verrückt ich mich emotional verhalte, es ist normal. Und wenn du auf diese Weise gut zu dir bist, kommst du auch irgendwann an den Punkt, wo du auch aktiv Dinge tun willst, die dir guttun, also Freizeitgestaltung, neues Leben und so. Ja, ich kann mich wieder freuen an Dingen und Hobbys. Hätte ich letztes Jahr nicht für möglich gehalten. Und ich bin feinfühliger geworden, wenn Menschen nett zu einem sind und freue mich darüber. Du machst eine schwere Zeit durch. Für mich war es der Gang durch die Hölle. Aber zumindest kann ich schon mal sagen: man überlebt es. Und darauf bin ich schon mal stolz. Auch wenn ich noch nicht da bin, wo ich hinwill. Ich wünsche dir (und ich glaube auch, dass es so wird), dass du dich in deinem Leben wiederfindest, mit ihm oder ohne ihn. Dein Ziel sollte sein, dass du für dich selbst der wichtigste Mensch wirst, einen gesunden Egoismus entwickelst. Selbstliebe sozusagen. Ach ja und Tagebuch schreiben hat mir enorm geholfen.
Wünsche dir viel Kraft
LG Carlie
Srry, dass es so lang geworden ist.
20.08.2016 10:58 •
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