Wie viele Steine
geschluckt
werden müssen
als Strafe
für Glück
und wie tief
man graben muss
bis der Acker
Milch gibt und Honig.
Erich Fried
Hallo ihr alle da draußen,
der Beitrag von Das Verzeihen, oder die Zeit danach hat mir letztlich den Anstoß gegeben, diesen Beitrag im Forum zu schreiben. In deinem Beitrag, , klang viel Verbitterung durch. Und die Verbitterung ist es, die es uns so schwer macht, mit der Vergangenheit abzuschließen und voller Kraft und Optimismus in die Zukunft zu blicken.
Heute Mittag um 13.30 habe ich innegehalten, denn vor genau einem Jahr hat mich die Liebe meines Lebens um genau diese Uhrzeit verlassen. Für immer. Unwiderruflich. Plötzlich, konsequent, es war ein schneller glatter Schnitt.
Wenn ich das letzte Jahr Revue passieren lasse, bin ich sehr unschlüssig, ob die Trennung gut oder eben schlecht für mich und mein Leben war. Das ich jetzt ohne ihn weiterleben muss, das habe ich akzeptiert. Ich kann damit umgehen, dass er nicht mehr zu Hause ist und auch nie wieder zurückkommen wird. Mein Leben läuft wieder glatt, ich habe es mir neu eingerichtet, ohne ihn. Mein job macht mir wieder Spaß, ich schaffe es, den Alltag zu bewältigen, bin wieder viel unterwegs, treffe Freunde, lerne neue Menschen kennen, erlebe viel und es fehlt mir nichts. Äußerlich. Ich bin nie alleine und es gibt Menschen, die mich lieben, denen ich wichtig bin und die tief und innig mit mir verbunden sind. Ich genieße manchmal die Freiheiten eines Singlelebens, ich verliebe mich immer wieder neu und zwei Menschen haben sich in diesem Jahr bis zur Oberkante in mich verliebt. Und ich genieße es, Bestätigung und Zuneigung zu erhalten, ich freue mich sogar schon wieder, wenn ich morgens erwache und das Wetter schön ist. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist die, dass es immer und immer wieder diese Momente gibt, wo alles aufbricht, all die Wunden fangen wieder an zu bluten und dann tut es furchtbar weh. Die Sehnsucht in mir wird dann unerträglich, mein Herz zerspringt und dann laufen die Tränen. Aber ich lasse dies Emotionen zu, ich fühle mich angenehm erschöpft nach dem weinen. Schlimm ist es für mich immer noch, abends ohne ihn ins Bett zu gehen, ihn nachts nicht mehr neben mir atmen zu hören oder am Wochenende morgens aufzuwachen und er liegt nicht neben mir. Keine Runde kuscheln oder streicheln.
Und immer wieder die Fragen, wie es ihm gehen mag, was er jetzt wohl gerade macht, ob er noch manchmal an mich denkt, ob er jetzt glücklich ist oder ob er es bereits bereut hat, sich von mir zu trennen. Antworten darauf werde ich nie erhalten. Aber das schützt mich auch. Mir hat mal jemand gesagt, wenn man einen Menschen tief und innig liebt, dann möchte man, dass er glücklich ist. In diesem Sinne wünsche ich ihm dass er es geschafft hat und jetzt ein neues zufriedenes Leben führt.
Was nach einem Jahr bleibt, ist die Erkenntnis, dass ich immer noch nicht durch bin mit der Trennung, dass ich, trotz allem was gewesen ist, nie aufgehört habe ihn zu lieben und dass er die Liebe meines Lebens war. Ganz sicher. Jede neue Beziehung wird zweitklassig sein. Entschuldigt bitte dieses unfaire Wort.
Ich weiß nicht, wie lange es noch dauern wird, vielleicht werde ich niemals mit unseren gemeinsamen und wunderschönen 6 Jahren abgeschlossen haben. Vielleicht, vielleicht, vielleicht...
Ich wünsche uns allen, dass das neue Jahr anders und vor allem mit weniger Verlusten verlaufen wird. Vielleicht wünsche ich mir sogar, dass unsere Expartner zurückkommen werden, eines Tages klingelt es an der Tür und sie/er steht davor. Wer sich dies wünscht, dem wünsche ich die Erfüllung von ganzem Herzen. Ich würde sofort meine Arme öffnen und ihn hereinbitten. Ich würde vergeben und verzeihen.
Das Leben geht immer weiter, ob wir es wollen oder nicht. Ob mit oder ohne die Liebe des Lebens, es geht immer weiter.
Suche in den Leiden die Bedeutung,
die sie für dein geistiges Gedeihen haben,
und die Bitterkeit deiner
Leiden wird vergessen.
Leo Tolstoi
In diesem Sinne alles Gute für den Rest eures Lebens
Lukas
13.01.2002 21:04 •
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