Heupferd nach der Trennung

E
Morgens um 7h kann die Welt so gar nicht in Ordnung sein! Und dann auch noch Montag!

Rückblick:

Sonntag abend kurz vor Mitternacht:

Durch Tür- und geöffnete Fenster faucht der aufkommende Wind, erste Blitze zucken ... also mache ich eine Runde durch die Wohnung um die gekippten Fenster zu schließen bevor es allzu laut wird ... im Bad fällt dabei etwas vom oberen Fensterrand auf die falsche Seite ... irgendetwas Braunes liegt in der Badewanne und bewegt sich! Um diese Uhrzeit bin ich mit solchen Ereignissen überfordert, ich flüchte und verkrieche mich ins Bett ... morgen früh ist früh genug sich damit auseinanderzusetzen.

Vor der Trennung wäre ich auch ins Bett gegangen ... hätte meinen Partner angestupst und ihm erklärt ‚dass da was im Bad ist’ und das Problem wäre nicht mehr meines gewesen. In manchen Situationen bestehe ich darauf eine wehrlose Frau zu sein!

Als um halb sieben das Handy klingelt fällt mir wieder ein dass mein Bad bewohnt ist. Gedanken schießen mir durch den Kopf ... es war groß, es war braun, es ist lebendig! Schmetterling, Heuschrecke, Fledermaus? Mein Mut sinkt ... ich rufe den Kollegen an dass es später wird heute bis ich komme weil in meinem Bad etwas ist was ich nicht kenne und was da raus muss bevor ich rein kann.

Da ein rettender Prinz der mit seinem Schwert gegen diesen Drachen kämpft nicht zu erwarten ist schlüpfe ich in Jeans und T-Shirt (Schutzkleidung) und hole mir mutig den Staubsauger. Muss ich erklären WIE ich die Tür zum Bad öffne und WIE ich da hineingehe? ... mir war k...übel! Im Bad ist nichts zu sehen und nach ein paar Minuten komme ich mir reichlich albern vor ... Tiere die nachts riesengroß aussehen sind am Tag vielleicht nur noch ganz winzig. Vorsichtig suche ich an den Wänden, schichte Handtücher um ... nichts zu sehen ... den Staubsauger lege ich erst mal vor der Tür ab ...

DA ... da spaziert etwas auf dem Fensterbrett entlang ... mindestens 7cm groß! (oder 15? Kreisch) ... lange Sprungbeine die verdammt kräftig aussehen und das alles in hellbraun ... ein Heupferd! Na prima ... fasziniert bis angeekelt trete ich den Rückzug an, steige über den Staubsauger und rufe den Ex an ... der kommt ohnehin innerhalb der nächsten Stunde um die Tochter zurückzubringen ... Ex ist nicht wirklich begeistert, verspricht aber sich drum zu kümmern uff ...

Noch gebe ich mich nicht ganz geschlagen ... ich gehe wieder ins Bad ... das Untier sitzt mir gegenüber an der Wand ... es scheint besser geschlafen zu haben als ich ... wir schauen uns sozusagen in die Augen ... plötzlich springt es mich an ... ich fange an zu kreischen, renne nach hinten, falle über den Staubsauger und begreife dann im Liegen dass es mich verfehlt hat ... genauso schnell wie ich nach hinten geflüchtet bin renne ich nun zurück und schließe diese verdammte Tür!

Weiterer Anruf beim Kollegen ... ich werde nicht innerhalb der Gleitzeit im Büro sein!

Irgendwann, nach endloser Zeit kommen Kind und Ex ... Kind verzieht sich mit den Worten: ‚Ich geh dann mal’ in ihr Zimmer. Ex fragt nach einer großen Dose und dem aktuellen Standort des Untiers. Aber ein Badezimmer kann auch mit 3qm sehr groß sein wenn sich dort etwas in einer Größe von 7 cm versteckt. Selbst dem Ex ist es nicht wohl als er vorsichtig mit Regenschirm (um den Duschvorhang zur Seite zu schieben) und Tupperdose das Terrain erkundet ... wieder bin ich es die das Vieh erblickt ... es läuft gemächlich über die Fensterscheibe ... wird vom Ex unter der Tupperdose eingefangen und von der ehemaligen Familie noch gemeinsam auf dem Balkon ‚bestaunt’ ... freigelassen fliegt es in den nächsten Ginsterbusch ... aber auch dort wirkt nicht viel kleiner, was da in meinem Bad schon so groß aussah.

So ... und jetzt gehe ich ins Büro!

Dank an den Retter !

21.07.2003 07:26 • #1


E
Liebe Lilac!

Danke für dein Heupferd!  ;) Ich kann mir schon vorstellen, dass dir im besagtem Moment nicht so wohl war, aber ich musste herzhaft lachen beim Lesen deiner Zeilen.

Weisst du? Auch ich hatte solcherlei *Anfälle* von arme, hilflose und schwache Frau. Niemand da, der mir hilft...
Nur der Haken war, ich wollte mir gar nicht helfen lassen.
Habe im ersten Jahr des Alleinseins alles, aber auch wirklich alles allein gemacht. Habe mich regelrecht geweigert Hilfe anzunehmen, und sei es vom Vater gewesen. Er ist schliesslich ein Mann, und von Männern lass ich mir nicht mehr helfen. Ich bin stark, ich kann allles allein!!!  ;)

Ich habe nach dem Umzug meine Möbel allein aufgestellt, Teppich verlegt, Spülmaschine und Waschmaschine allein angeschlossen. Habe allein gemalert, allein mit meiner Höhenangst auf der riesigen Leiter balanciert und die Decke gestrichen usw. usf.
Bis, ja bis dann....

Mein Kaffeefilterhalter fiel mir hinter die Waschmaschine und ich bin in Heulkrämpfen zusammen gebrochen.
schei.. Also die Waschmaschine krieg ich allein doch nicht von der Stelle, da kann ich mich noch so sehr bemühen und alle Tricks und Hebel anwenden. Sie steht wie sie steht.
Also, ich verzichte ein paar Tage auf meinen Kaffee, mein Grundnahrungsmittel, aber ich frage niemanden um Hilfe.

Irgendwann dann hatte ich von mir selbst so den Hals voll und ich endlich haben einen Freund angerufen. Flugs hatte ich meine Filtertüten wieder, mein Stolz war geknickt, aber ich war auch froh, endlich wieder meinen Kaffee zu bekommen.  ;)

Seitdem ging es Stück für Stück.
Sei es eine Wespe am Küchenfenster: HILFE!!! Meine Allergie und der Nachbar *entsorgt* sie fachmänisch.
Mein Bad müsste gemalert werden... Ein Anruf, es kostet mich keine Überwindung mehr, nur etwas Einsatz meines weiblichen Charmes ud ich habe am Sonntag in der grössten Hitze jemanden hier, der mir perfekt mein Bad so gestaltet, wie ich es mir vorgstellt habe.

Nein, ich bin keine hilflose Frau, Frauchen schon gar nicht. Aber ich kenne meine Genzen, seelisch und auch körperlich mittlerweile zum Glück sehr gut.

Es wird mir nicht mehr passieren, dass ich auf meinen heissgeliebten Kaffee verzichten werde. Schon gar nicht freiwillig.  :D

Also, wir sind Menschen, frauliche Menschen. Ich bin weder Herkules noch Mary Poppins. Und weisst was? Heute komme ich leichter durchs Leben. Nur bin ich noch am Lernen *angebotene* Hilfe anzunehmen. Bisher erbitte ich sie mir lieber noch....

In diesem Sinne!

Viele liebe Grüsse Nicole

21.07.2003 11:38 • #2




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