Ihr Lieben,
ich lese hier schon lange mit und bin oft beeindruckt über konstruktive Ratschläge der Forumsmitglieder.
Momentan befinde ich mich selber in einer Situation, in der ich versuche eine Entscheidung zu treffen und würde mich freuen, eure Meinung zu hören.
Bevor ich zur eigentlichen Frage komme, kurz zu meinem Hintergrund:
Aufgrund schwieriger Kindheit vertraue ich nicht so leicht, Selbstwert ist ganz ok, aber auch da ist definitiv noch viel Luft nach oben. Dennoch kann ich sagen, dass ich einiges in meinem Leben gemeistert habe, sowohl emotional als auch ganz praktisch, stehe voll im Leben, habe einen sehr guten Freundeskeis, einen wunderbar geratenen Sohn und lebe in einer schönen Stadt in einer schönen Wohnung.
Ich war 18 Jahre mit meinem Ex-Mann zusammen. Als unser Sohn noch klein war, verliebte er sich, zog aus, kam zurück (ich wollte es sehr, im Nachhinein betrachtet größtenteils aus Angst), das Vertrauen war hinüber, so richtig richtig gut wurde es nie wieder, S fand quasi nicht mehr statt (seine Unlust). Gespräche führten zu nichts, er wollte keine Paartherapie, ich kündigte irgendwann an, eine Affäre zu beginnen, wenn sich nichts ändern würde. Fühlte mich nicht begehrt, alt, energielos.
2014 fing ich eine Affäre an, verliebte mich Hals über Kopf, trennte mich von meinem Mann, begann ein neues Leben.
Für meinen Mann war es schwierig, er wollte es zunächst nicht akzeptieren. Wir führten viele gute Gespräche. Jetzt, ca. 4,5 Jahre später, verstehen wir uns sehr gut. Er ist seit ca. 3 Jahren in einer Beziehung, seine Freundin und ich mögen uns, machen auch mal alle zusammen (mit Sohn) etwas, es ist sehr entspannt.
Mit der Affäre war es ein ewiges Hin-und-Her, ich vergötterte ihn, es gab eine magnetische se.uelle Anziehung zwischen uns, ich fand ihn wunderschön, begehrte wie nie zuvor in meinem Leben. Er war ein schwieriger Mensch mit einigen Baustellen in seinem Leben. Er wußte nicht was er wollte, generell. Wollte mich, dann wieder nicht. Ich hing voll am Haken.
Viele on-offs, er betrog mich mehrmals. Immer wieder verzehrte ich mich vor Sehnsucht nach ihm, nahm ihn wider besseren Wissens zurück.
Sommer 2017 war dann endgültig Schluss.
Ich litt sehr, Höllenqualen. Fing eine Therapie an.
Nach ca. 6 Monaten überflutete mich eine Welle der Dankbarkeit für die Schätze in meinem Leben, wochenlang hielt es an.
Ich war zufrieden mit meinem Leben, teilweise auch glücklich. Hatte eine lockere Sache mit einem charmanten Kerl, der intellektuell überhaupt nicht zu mir passte, was es mir einfach machte, mich nicht emotional zu verstricken. Es war von beiden Seiten klar, dass es nichts Ernstes ist, und auch nicht wird.
Paralell schaute ich weiter. Ein Mann, der um den es geht, schrieb mich an. Er wirkte anders als die meisten, war ganz da. Ernst, offen.
Ich traf ihn. Mein erster Impuls war, dass er besser aussah als gedacht. Dann dass ich ihn nicht nochmal sehen will, er kam mir zu weichgespült vor (er ist ein sehr reflektierter Mensch, auch sehr emotional, hat manchmal eine fast pastorale Art zu reden, dabei vom Äußeren sehr männlich). Als er mich nach einem weiteren Date fragte bejahte ich zu meinem eigenen Erstaunen.
Es folgten weitere Dates, er war sehr schnell, fast zu schnell, ich bat ihn mir etwas Zeit zu lassen. Aufgrund meiner Erfahrungen mit der On-off Geschichte hatte ich Angst vor Verletzungen. Er hat nur ein kleines bißchen Gas rausgenommen, dann wieder Vollgas, er war sehr emotional, voll dabei, ich ließ mich mitreißen, fallen, mein Herz flog ihm zu.
Sehr schnell war klar, dass es eine Beziehung wird, eine echte. Zufälle passierten, so dass Familie und Freunde schon sehr früh von uns erfuhren, alles kam mir vor wie eine Schicksalsfügung, es passten so unglaublich viele Sachen so gut, kleine Sachen passierten zu unseren Gunsten, es fühlte sich sehr richtig an. Wir entdeckten sehr viele Gemeinsamkeiten.Ich fühlte mich sehr aufgehoben.
Wir erlebten wunderbare Wochen und Monate, verbrachten eine Woche zusammen im Urlaub, es war wunderschön, auf allen Ebenen, filmreif. Ich war glücklich, fühlte mich angekommen, wir schmiedeten Zukunftspläne.
Dadurch dass auch er Kinder hat (mehrere, die auch bei ihm leben), wir beide arbeiten, nicht in derselben Stadt wohnen etc, konnten wir uns bei weitem nicht so oft sehen wie wir wollten.
Im Oktober kam es zu mehreren Absagen von seiner Seite, alle begründet und nachvollziehbar. Ohne dass ich es gemerkt hatte, machte das aber etwas mit mir. Als es dann an einem anderen Tag zu einem Treffen kommen sollte und es bei ihm zu Verspätungen kam, reagierte ich (an dem Tag war ich vollkommen übermüdet, leider bin ich dann manchmal nicht mehr so gelassen) über und teilte mit, dass ich genervt sei von dem Hick-Hack, dass ich das Gefühl hätte, er sei doch nicht so interessiert an unseren Treffen und ich ihn an dem Tag nicht sehen wolle. Er war ziemlich fassungslos, auch wütend.
Am nächsten Tag erst realisierte ich, dass ich total überreagiert hatte und entschuldigte mich aufrichtig. Seine Reaktion (WA und Tel) ließ mich denken, es sei verziehen und vergessen.
Als wir uns dann aber sahen, teilte er mir mit, dass mein Verhalten Zweifel in ihm ausgelöst hätten, ob wir wirklich zueinander passen. Ich war geschockt.
Wir redeten, es schien wieder gut zu sein.
Einige Wochen später kehrte ich von einer sehr anstrengenden Reise zurück, war unglaublich froh und dankbar wieder zu Hause zu sein, freute mich auch auf ihn, aber vor allem auf mein Leben.
Er holte mich vom Flughafen ab, wir verbrachten aus meiner Sicht eine schöne Zeit zusammen. Vielleicht nicht so sensationell wie manch anderes Mal, aber das erwarte ich auch gar nicht.
Er teilte mir aber 2 Tage später mit, dass er sich nicht wohl gefühlt habe, nicht verbunden, dass er nicht wisse, woher das Gefühl käme, aber es würde in ihm Zweifel bezüglich unserer Beziehung auslösen.
Ich hatte gedacht, die erste Zweifelattacke sei ein Einzelfall gewesen und hatte mich relativ gut davon erholt. Dieses Mal war ich vollkommen fertig, merkte dass mein Vertrauen in ihn, in seine Liebe sehr bröckelte. Wir fanden aber wieder zueinander. Ich machte klar, dass ich Sicherheit brauche, dass ich nochmal so etwas nicht so gut verpacken werden kann. Dass Liebe auch eine Entscheidung ist, dass Zweifel dazu gehören, dass wir aber soviel haben, was gut und wertvoll ist, dass wir Zeit brauchen, um Vertrauen wachsen zu lassen, einfach leben.
Ich merkte aber, dass ich mir seiner gar nicht mehr sicher war (wohl verständlich, oder?) und fühlte mich höchst verunsichert, hatte Angst, distanzierte mich etwas. Erwartete unausgesprochen von ihm, dass er sich mehr einbringt, um mein Vertrauen wieder zu gewinnen (was er nicht tat).
So war ich die letzten beiden Wochen nicht wirklich entspannt, unfrei in meiner Angst.
Als wir uns letztes Wochende sahen, teilte ich ihm das mit. Als ich sagte, dass ich ihm nicht mehr vertrauen kann war seine Antwort Dann ist die Beziehung beendet. Vertrauen ist die Basis, ohne geht es nicht. Ich war geschockt, das hatte ich damit nicht bezweckt, ich wollte dass ich wieder Vertrauen fassen kann.
Und wieder fanden wir zusammen.
Bis zum nächsten Abend. Ich war bei ihm, das erste Mal seit mehr als 2 Wochen und stellte fest, dass meine Kosmetika im Bad komplett verschwunden war. Normalerweise hätte mich das nicht so geschockt, aber in Anbetracht der zweifelsvollen Wochen davor war ich erschüttert, versuchte gefasst zu sein und fragte ironisch ob er meine Sachen schon entsorgt hätte.
Er konnte sich nicht erklären, wo die Sachen waren, wir suchten, fanden nichts, ich sagte, dass ich es schon krass finde, dass ausgerechnet meine Sachen einfach so verschwinden.
Er fasste das als Unterstellung auf, dass er oder seine Kinder die Sachen bewusst weg getan hätten. Er war sehr wütend merkte ich. Da ich Kontaktlinsen trage war das Verschwinden der Sachen auch faktisch ein Problem. Ich schlug vor, dass ich a) mit der Bahn nach Hause fahre, b) die Linsen wegschmeiße (Monatslinsen, wäre finanziell nicht so ein Drama) und meine Brille am nächsten Tag trage oder c) wir zusammen zu mir fahren. Wir waren an dem Tag beide ohne Kinder, waren also vollkommen frei in unserer Entscheidung.
Er wollte nichts davon, bestand darauf mich nach Hause zu fahren, wollte aber nicht bei mir bleiben.
Bei der Autofahrt fragte ich ihn nochmal, wieso er so wütend sei. Ich sei sehr abfällig und auf Krawall gebürstet gewesen (kam mir nicht so vor, aber Eigenwahrnehmung kann natürlich täuschen), und er fände es unmöglich, dass ich unterstellt hätte, dass meine Sachen bewußt entsorgt worden wären. Nach einer schweigsamen Autofahrt verabschiedete er sich kühl.
Um mir am nächsten Tag eine Sprachnachricht zu hinterlassen, um mir mitzuteilen dass das Eis dünn sei, dass unsere Beziehung nicht auf festen Beinen steht, dass wir beide großes Verlangen nach einer festen Beziehung hätten, uns voll uns ganz eingelassen hätten. Dass aber nun Frage sei, was unsere Bedürfnisse in der Beziehung sind, ob wir diese befriedigen können. Dass die Situation mit meinen Sachen ihn zum Nachdenken gebracht habe, meine Reaktion sei unverhältnismäßig gewesen, er erwarte Geduld und Gelassenheit von seiner Partnerin im Alltag. Meine Unterstellung sei absolut nicht tragbar und ziehe ihn weg von mir. Gefühlsmäßig. Achtsamkeit, Gelassenheit, wertschätzender Umgang spielten eine große Rolle für ihn in Beziehungen. Er will daher nun eine Beziehungspause, zum Nachdenken, eigene Fragen beantworten, das dünne Eis genauer betrachten.
Meine Gedanken dazu: Er übertreibt. Meine Reaktion war doch nicht so dramatisch. Und vielleicht auch irgendwo verständlich.
Das dritte Mal schon Zweifel, wir sind gerade erst 5 Monate zusammen. Mein Kopf sagt, er will nicht, warum auch immer. Es tut weh. Ich finde es unfair, schade, dass er sich nicht anstrengt, sondern eher eine Tendenz zum Hinschmeißen hat. Das sagt doch schon sehr viel aus, oder?
Er hat mich noch nicht richtig wütend erlebt, wenn so eine Kleinigkeit (oder sehe ich das falsch?) ihn aus der Bahn wirft, wie sollen dann größere Fehler (die man halt macht als Mensch) in der Beziehung getragen werden? Sind seine Erwartungen überzogen? Ich werde sie wohl nicht erfüllen können. Ich kann nicht 100% meiner Zeit gelassen, achtsam und wertschätzend sein. Und ist er es denn überhaupt?
Ich habe ihm gesagt, dass ich wütend und traurig über seinen Alleingang bin und mich in den nächsten Tagen melden werde.
Ich kann nur meine Sicht darstellen, die ist natürlich subjektiv. Mein Verhalten, als ich unser Treffen abgesagt habe, war wirklich blöd. Zickig. Von meiner Angst getragen, unreif. Überhaupt nicht nett ihm gegenüber. Und es tut mir unendlich leid.
Meinen Kommentar wegen der verschwundenen Sachen finde ich nachwievor nicht so drastisch, wie er es erlebt.
Entschuldigt bitte den langen Roman.
Mein Kopf sagt, dass es keinen Sinn macht. Mein Herz weint.
Bitte um konstruktive Ratschläge. Und etwaige Kritik bitte sanft verpacken, bin gerade etwas angeschlagen.
13.11.2018 11:58 •
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