Hallo liebe Community,
ich bin hier seit einiger Zeit stille Mitleserin und habe schon einige Beiträge gefunden, die meine Gefühlslage absolut wiederspiegeln und auch Antworten, die trösten und Mut machen. Und irgendwie habe ich nun auch das Bedürfnis, euch meine Geschichte zu erzählen, um mir ein bisschen Rat und Aufmunterung zu holen. Auch weil ich heute schon mehrmals kurz davor war, eine mir selbst auferlegte Kontaktsperre abzubrechen, denke ich, es ist besser, wenn ich lieber hier nieder schreibe, wie ich mich fühle.
Also: am Ostermontag d. J. habe ich (47) in einem Biergarten überraschend einen Bekannten wiedergetroffen, den ich eigentlich schon 30 J. kenne, aber davon fast 20 J. nicht mehr wiedergesehen hatte. Es wurde ein sehr lustiger unterhaltsamer Nachmittag und Abend (wir saßen fast 6 Std. zusammen) und ich war nach diesen Stunden total verzaubert. Wir haben dann die Handynummern ausgetauscht, um uns nicht wieder so lange aus den Augen zu verlieren. Nach ca. 1 Woche habe ich ihn dann angeschrieben, gefragt wie’s ihm geht und wir haben uns verabredet, um was trinken zu gehen. Bei diesem 2. Zusammentreffen hat er mir dann ehrlich davon erzählt, dass er mit jemandem zusammen wohnt, allerdings jeder seine Wege geht, es keine gemeinsamen Unternehmungen gibt, er aber in einer totalen finanziellen Abhängigkeit ist. Ich weiß, dass das für Außenstehende sehr abgedroschen klingen mag, aber es ist viel Wahres dran, da es viele Leute gibt, die wir gemeinsam kennen. Die ihn kennen, die die Partnerin kennen, und die mir gesagt haben, wenn er ginge, ginge er mit nichts, außer seinen Koffern. Warum das alles so ist, würde hier jetzt aber den Rahmen sprengen und tut im Grunde auch nichts zur Sache.
Nachdem ich wusste, dass er nicht alleine lebt, hatte ich mir fest vorgenommen, ihn nach diesem Treffen nicht wiederzusehen bzw. es bei einer Freundschaft zu belassen. Aber was soll ich sagen….es blieb nicht dabei. Ab diesem Treffen kam er ca. 6 Wochen lang fast täglich zu mir, blieb unter der Woche manchmal bis Mitternacht, samstags kam er gegen Nachmittag und blieb oft bis 3 Uhr morgens und 2 Mal sogar bis zum nächsten Tag mittags. Es schien ihm eine Zeit lang egal zu sein, was daheim passiert. Er hat alles riskiert und mir mehrmals gesagt, wie sehr er sich in mich verliebt hat. Da wir so viel Zeit miteinander verbringen konnten, hab ich mich auch nie wie die klassische „Geliebte“ gefühlt und manchmal regelrecht verdrängt, dass er nicht alleine lebt. Wir haben oft von einer gemeinsamen Zukunft geträumt, aber schon damals hat er mir manchmal vorsichtig zu verstehen gegeben, dass er im Augenblick keine Perspektive sieht, weil er alles verlieren würde und er gab auch zu, dass er mit 53 J. nicht nochmal ganz unten anfangen will.
Irgendwann gab es dann aber offenbar Krach daheim, weil seine Partnerin (verständlicherweise) das Gefühl hatte, dass es evtl. jemand anderen in seinem Leben geben könnte. Sie hat ihm dann gedroht, ihn vor die Tür zu setzen, wenn sie etwas herausbekäme. Ab diesem Zeitpunkt ist er vorsichtiger geworden bzw. hat in Ruhe mit mir darüber gesprochen, dass er nicht weiß, was er nun machen soll. Er könne nun nicht mehr täglich zu mir kommen, möchte mir aber auch nicht das Gefühl geben, dass er hier 1 x pro Woche für ein paar gestohlene Stunden vorbei kommt, wir möglicherweise S. haben, und er dann wieder gehen muss. Das hätte ich nicht verdient und dafür sei ich ihm zu wertvoll. Und ich wusste nicht, was ich ihm antworten sollte, denn natürlich wollte ich ihn nicht verlieren. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass nun alles von heute auf morgen vorbei sein soll. Und gerade, weil ich wirklich das Gefühl hatte, ihm etwas zu bedeuten, war es schwer, die Dinge nur aus Vernunft sein zu lassen. Also habe ich ihn weiter getroffen.
Seit Mitte Juni haben wir uns dann also im Schnitt 1 x pro Woche gesehen, an einem Tag des Wochenendes, aber dafür blieb er dann immer viele Stunden, meistens von nachmittags bis spät in die Nacht. Wir haben oft auch was zusammen unternommen, waren essen, zu Besuch bei meiner Freundin, usw. Bzw. gesehen habe ich ihn öfter, denn er ist Busfahrer und fuhr damals eine Stadtlinie auf der Strecke meines Arbeitsweges und ich bin zusätzlich zu unseren Treffen dann 2 oder 3 x pro Woche nach meinem Feierabend noch 1 Stündchen mit ihm durch die Gegend „getourt“ und wir konnten zumindest plaudern und flirten.
In all den Monaten hat er mir zwischendurch jedoch immer wieder vorsichtig gesagt, dass er aus verschiedenen Gründen leider keine Perspektive sieht, einfach keinen Ausweg aus seiner Situation weiß. Ich sagte irgendwann mal zu ihm (und ich habe versucht, es irgendwie lustig rüber zu bringen): „Ich glaub, du willst mich einfach nicht.“ Daraufhin meinte er: „Glaub mir, mit Wollen hat es nichts zu tun. Ich kann nicht.“ Trotzdem haben wir uns weiterhin getroffen.
Am 15.10. hatten wir noch ein schönes Treffen. Er kam so gegen 14 Uhr überraschend vorbei und blieb wieder bis tief in die Nacht. Wir waren abends schön essen, alles war – wie all die Monate – zärtlich und liebevoll. Freitags darauf, also am 21.10., rief er mich abends an, wir haben ein bisschen telefoniert und er meinte noch, dass wir uns samstags voraussichtlich sehen werden. Als dann samstags morgens schon kurz nach 9 Uhr mein Telefon geklingelt hat und seine Nr. auf dem Display erschienen ist, hatte ich mich noch gefreut, weil ich dachte, nun wird er mir sicher sagen, dass wir uns an diesem Tag sehen werden. Aber stattdessen kam völlig überraschend: „ Ich glaube, es ist besser, wenn wir uns nicht mehr sehen.“ Es war wie ein Faustschlag ins Gesicht, weil ich in dem Moment kein bisschen damit gerechnet hatte. Ich war absolut perplex, wusste gar nicht, wie mir geschieht. Ich hab ihn dann gefragt, ob er sich nach all den Monaten nun tatsächlich einfach so am Telefon von mir verabschiedet und was eigentlich seit gestern Abend passiert sei, denn zu diesem Zeitpunkt wollte er mich ja eigentlich noch treffen und schien relativ guter Laune zu sein.
Auf meine Bitte hin kam er dann vorbei, blieb 4 Stunden. 4 Stunden, in denen seine Stimmung auf und ab ging. Erst sagte er nochmal klar und deutlich, dass es besser sei, wenn wir uns nicht mehr sehen würden. Er habe im Augenblick 3 Baustellen: seinen Job (mit dem er nicht glücklich ist), seine Partnerin, die ihm Druck macht, und mich. Im Laufe der Stunden nahm er mich dann aber wieder in den Arm, hat mich einfach nur minutenlang wortlos gedrückt und ich hab mich hilflos gefühlt, wie ein kleines Kind und ihn gebeten, doch nicht einfach alles aufzugeben. Und letztendlich meinte er dann auch, dass er die Dinge zwischen uns nicht lassen möchte. Er schien in diesen Stunden absolut aufgewühlt und durcheinander, viel geraucht, nichts gegessen, Kaffee getrunken.
Irgendwann mussten wir uns verabschieden, weil ich an diesem Tag eine Verabredung mit einer ehemaligen Kollegin hatte, die ein Baby bekommen hat. Und auch wenn ich dafür überhaupt keinen Kopf hatte, wollte ich ihr nicht kurzfristig absagen, da wir den Termin über Wochen ausgemacht hatten.
Also ist er irgendwann gegen Nachmittag gegangen. Und wir waren verblieben, wie immer, wenn er gegangen ist. Wir haben uns lange geküsst, versprochen, dass wir smsen und telefonieren und als er ein paar Schritte von meiner Haustür weg war, hat er mir noch eine Kusshand zugeworfen. Und ich ihm auch. Unmittelbar danach bin ich dann völlig kopflos zu meiner Kollegin gefahren und habe den Nachmittag mit ihr verbracht, konnte mich aber im Grunde kaum konzentrieren. Und irgendwas hat mir gesagt: „Wenn du dich nicht mehr meldest, wird er es auch nicht tun.“ In der Nacht gingen mir dann all seine Worte durch den Kopf, seine vielen lieben Worte, unsere zig schönen Momente, aber gleichzeitig auch dieses mir immer wieder Klarmachen, dass er keine Perspektive sieht. Und vor allem die Tatsache, dass er sich eigentlich morgens am Telefon von mir verabschiedet und unsere „Affäre“ (ich hasse dieses Wort) somit beendet hätte, wenn ich ihn nicht gebeten hätte, nochmal persönlich vorbeizukommen.
Und ich habe in diesem Moment schweren Herzens beschlossen, mich nicht mehr von mir aus zu melden. Das war am 22.10., vor ca. 6 Wochen, und wenn ich ehrlich bin, bestand am Anfang die Hoffnung, dass es ihn wundert und er vielleicht irgendwann von sich aus nachfrägt, denn überhaupt nichts von mir zu hören….das kennt er normalerweise von mir nicht. Aber: auch er hat sich seither nicht wieder gemeldet. Irgendwie habe ich es bei unserem damaligen Abschied gespürt, aber je mehr Zeit vergeht, umso mehr macht es mir zu schaffen.
Ich war jetzt 6 Wochen tapfer, 6 Wochen in denen kein Tag vergangen ist, an dem ich nicht von morgens bis abends an ihn denke, und ich weiß es ist wohl besser so, denn er hat sich klar gegen mich entschieden. Aber ich frage mich: Heilt die Zeit wirklich? Ich vermisse ihn jeden Tag ein bisschen mehr, obwohl ich alles tue, um mich abzulenken. Ich gehe viel weg, treffe mich mit Freunden, lerne neue Menschen kennen….aber nichts hilft.
Es ist dieses „offene Ende“, was mir zu schaffen macht. Nicht zu wissen, wie es ihm geht, ob er noch an mich denkt, wie er es empfindet, dass ich nichts mehr von mir hören lasse, obwohl wir uns eigentlich nicht offiziell verabschiedet haben. Und inzwischen frage ich mich leider auch, ob ich mir seine Zuneigung nur eingebildet habe, ob er wirklich je in mich verliebt war… obwohl ich mir all die Monate so sicher war, dass sein Gefühl echt ist.
Ach je, ich könnte noch ewig weiterschreiben, aber es ist sowieso schon ein Roman geworden und ich hoffe, jemand von euch macht sich die Mühe, alles durchzulesen, mir seine Meinung mitzuteilen und mich seelisch-moralisch ein bisschen aufzubauen.
Ich danke euch schon mal vorab.
06.12.2011 20:26 •
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