Emmeline:
Das Spannende an Deiner Frage ist, dass sie letzten Endes durchaus richtig ist nur Deine Überlegungen zu den Ebenen vielleicht nicht ganz.
Ob Deine Beobachtungen, dass es mehr Frauen als Männer gibt, die sich als Geliebte/r hinhalten lassen oder sich schlagen lassen oder eventuelle Selbstoptimierungseingriffe an der Karosserie vornehmen lassen, tatsächlich faktisch so stimmen, ist natürlich die Frage, aber nehmen wir einfach mal für den Augenblick an, dem wäre so….
Emanzipation ist ein sehr vielschichtiges Konzept und neben dem gesellschaftlichen, politischen Prozess der Frauenbewegung gibt es eben auch den individuellen Begriff und genauso das individuelle Verständnis von Emanzipation, worauf ja einige VorschreiberInnen (dieses eine fragwürdige Binnen-„I“ konnte ich mir dann doch nicht verkneifen) zu Recht hingewiesen haben.
Deine Frage simplifiziert, scheint Folgende: wie kann es sein, daß wir unser eigenes Geld verdienen und trotzdem sogenannten „schlechten“ Männern nachrennen oder hinterher trauern?
Nun ja, die Frauenbewegung als politischer Prozesss hat dafür gesorgt, daß Frauen die Möglichkeit haben, ihr eigenes Geld zu verdienen (vielleicht noch nicht im gleichen Maße siehe equal payday, aber deutlich anders als dies noch vor 30 Jahren der Fall war).
Ob sich eine Frau, man beachte nunmehr den Wechsel von Plural zu Singular, dafür entscheidet, oder aber für einen anderen vielleicht liebevoll genannt traditionsbewussteren Weg, ist eine Frage des persönlichen Verständnisses von Emanzipation (für manche dürfte z.B. für eine Weile aus dem Beruf auszusteigen, um sich voll und ganz Kindern zu widmen, gerade auch Ausdruck von Emanzipation sein).
Was aber Menschen, und nun wechseln wir vom Genderspezifikum hin zu sowohl Frauen als auch Männer, dazu bringt sich, schlagen zu lassen (auch Männer werden geschlagen) oder in der Rolle der Geliebten zu enden, hat vielmehr etwas mit deren Geschichten, deren Prägungen und deren individuell-psychologischen Hintergründen zu tun. Natürlich spielen traditionell erlernte Geschlechterrollen im Wirrwarr mit, aber sie sind ganz sicher nicht Hauptgrund. Hier gilt es die eben genannten Prägungen, Kindheitserlebnisse (Stichwort Regression) und ungesunden Muster zu erforschen, um langsam im Rahmen von Selbst-wahrnehmung bei Selbst-Fürsorge anzukommen.
Ja, dafür braucht es Emanzipation, aber nicht die von Dir angedachte, sondern Emanzipation von dem was uns daran hindert, die Menschen zu sein, die wir sein wollen.
Kurzum, die Frauenbewegung hat die Möglichkeit (!) eröffnet, emotionale Entscheidungen abseits grundsätzlich wirtschaftlicher Erwägungen zu fällen, die persönliche Auffassung von Emanzipation bestimmt das individuelle Rollenverständnis, aber was wir darüber hinaus brauchen, ist Emanzipation von Mustern, die uns nicht gut tun… und das ist nicht geschlechtsspezifisch.
Und na klar, können wir unser eigenes Geld verdienen… Aber mal ehrlich, kennst Du irgendjemanden, der bei dem Blick auf den eigenen Kontostand sagt „juhu, ab heute lass ich mich nicht mehr mies behandeln?“… Ich kenn nur Leute, die sagen „Oh *beep*, die Scheidung kann ich mir nicht leisten“
26.03.2015 18:04 •
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