Diese Erfahrung von mir liegt auch schon 10 Jahre zurück, aber seine Verhaltensweisen, seine Aussagen haben sich eingebrannt, als wäre es erst gestern gewesen.
Diese permanente Angst verfolgte mich. Ich hatte Angst, er könnte abdriften, weil ich ja schon längst uninteressant geworden war mit meiner kuhähnlichen, dümmlichen Anhänglichkeit. Ich hatte Angst, er könnte sich ganz abwenden. Ich hatte Angst, nicht gut genug für ihn zu sein. Ich hatte Angst, wenn ich zu ihm fuhr, weil ich nicht wusste, welch bindungsvermeidende Manöver er dieses Mal wieder aus dem Ärmel schütteln könnte. Ich hatte Angst davor, ich zu sein. Aber trotzdem, hätte mir Jemand gesagt, fahre nicht, ich wäre heulend zusammen gebrochen.
Ich fühlte, dass ich mich verloren hatte, dass ich keine innere Stabilität mehr hatte, ich fühlte sogar, dass ich mich selbstschädigend verhielt, aber ich beendete es nicht. Wie ein Vieh ging ich gefühlt immer wieder zur Schlachtbank und holte mir neue Verletzungen ab, die schmerzten, aber mich nicht umbrachten.
Was für eine Energieverschwendung! Ein Kampf, um ihn bei der Stange zu halten, die kindischen Bemühungen, wieder Boden gut zu machen. S x war irgendwann das einzige Mittel so was wie Nähe zu bekommen.
Ich habe damals, als ich noch mittendrin war, ein Buch gelesen: Jein! Bindungsängste erkennen und bewältigen von Stefanie Stahl. Und was fand ich? Meine Beziehung eins zu eins! Dabei hatte ich gedacht, nur wir hätten diese einzigartigen Probleme. Aber auch meine Beziehung folgte nur einem Muster, das immer gleich abläuft. Es gab den da oben und es gab mich da unten. Später habe ich mich dafür geschämt und tue es heute noch, weil ich das zugelassen habe und weil ich so feige war. Ich lernte unbekannte Facetten von mir kennen, die ich erst in mir einordnen musste. Ja, so war ich und ja, so habe ich mit mir umspringen lassen. Lieber so als gar nicht!
Er sprach die Trennung per Mail aus. War auch schön. Dann rief ich ihn an und ich bot ihm die Freundschaft an. Lieber so als gar nicht mehr, so dachte ich. Ich kann diesen einzigartigen Mann doch nicht ganz verlieren. Tja, wenn sonst nichts da ist, frißt der Mensch halt Stroh! Damit habe ich mir wieder nicht gut getan, denn keiner kann von Liebe auf Freundschaft umswitchen. Ein halbes Jahr später war es dann endlich ganz zu Ende, denn er hatte eine Neue. Nicht dass er es mir ehrlich mitgeteilt hätte. denn ehrlich und offen war er selten bis nie, aber ich las es aus einer verklausulierten Mail. Damals hätte ich ihn umbringen können! Und ich wünschte ihm unheilbare Krankheit oder einen schweren Unfall mit anschließendem Leben im Rollstuhl oder noch besser, den Tod!
Auf die Beerdigung wäre ich nicht gegangen, aber später hätte ich mich an sein Grab gestellt und hätte gesagt: Siehst Du nun, Du liegst da unten, aber ich bin noch da! Ich habe überlebt, Du nicht!
Nichts davon passierte. Er lebt, sieht sogar gesund aus, aber ich sehe ihn sehr selten. So einmal im Jahr und nur dienstlich. Wir grüßen uns und gehen aneinader vorbei. Keiner hat mehr ein Bedürfnis nach Smalltalk oder gar einen Austausch.
Und das Beste ist, er interessiert mich einfach nicht mehr! Wie schön!
Ich habe mein altes Leben wieder gefunden und finde es tausend Mal schöner als das damals. Ich kann nur jeden beglückwünschen, der sich aus der inneren Gefangenschaft befreit hat. Das Leben ist viel bunter als mit ihm, der doch nur immer lauwarm auf Sparflamme lebt. Heute tut er mir leid, denn er kann tiefe Gefühle nicht empfinden. Er lebt tatsächlich auf Sparflamme, denn da rührt sich nichts in ihm.
Dieser Mann konnte nicht lachen und nciht weinen, er war allenfalls lauwarm, eher aber kalt. Was wollte ich nur von ihm?
Heute weiß ich es. Ich wollte ihn erwärmen, ihm helfen, denn ich spürte seine innere Einsamkeit, aber er machte mir die Hölle heiß.
Wie gut, dass alles vorbei geht!
Wie Knutschi sagte, es dauert, solange es dauert. Manche brauchen Monate zur Einsicht und manche Jahre. Und das wiegen die paar schönen Wochen und Monate von der Anfangszeit einfach nicht mehr auf.
Mr. Taurus, pass auf Dich auf und begib Dich nicht in eine Endlosschleife aus Annäherung und Distanz. Lass sie keine Macht über Dich gewinnen und gib auf Dich Acht.
03.12.2020 14:19 •
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