Liebe C. K.
Alles Gute zu deinem Geburtstag der am 29.11 ist! Dies wünsche ich dir wirklich von ganzen Herzen. Ich hoffe du verbringst deinen Geburtstag fröhlich und ausgelassen. Hoffentlich findest du einige ruhige Momente, in denen du meinen Brief lesen kannst. Ich weiß – lange Briefe von mir langweilen dich. Dennoch würde ich es mir wünschen, wenn du etwas Zeit zum Lesen dafür hättest.
Diese Zeilen habe ich kurz nachdem wir uns am 31.10 in der Stadt getroffen haben, am nächsten Morgen geschrieben. Ganz bestimmt hast du in deinem Leben schon selbst gefühlt, wie es ist einen Menschen der etwas bedeutet, aber deine Zuneigung nicht erwidert, zu verlieren, indem er von dir nichts mehr wissen will. In den letzten Wochen hat mich der Trennungsschmerz oft zum verzweifeln gebracht. Du hast recht, Gefühle können nicht erzwungen werden, aber wieso sind diese Gefühle die einmal da waren verschwunden? Lange bevor ich aus Trauer, Wut und dem Gefühl von dir verlassen zu werden, dir versucht habe weh zu tun, weil ich verzweifelt war, hat sich mit dir etwas ereignet, das ich nicht verstanden habe und auch heute noch nicht verstehe.
Wenn ich mich an die tollen Momente mit dir in der Vergangenheit erinnere und die Bilder von uns ansehe, obwohl einige dabei sind auf denen ich keine gute Figur abgebe, werde ich immer traurig, weil mir dann bewusst wird wie schön es hätte sein können, wenn die Umstände anders gewesen wären. Gut – wir haben uns ab und zu gestritten, aber es waren immer die Kleinigkeiten. Ich denke wir hätten das in den Griff bekommen, wenn wir beide den Willen aufgebracht hätten gegenseitig mehr Verständnis füreinander aufzubringen. Ich glaube nicht, dass die unterschiedliche Lebenssituation bezüglich des finanziellen Aspekts die Hauptursache für ein Scheitern der Beziehung war. Zum Teil bin ich ein zu ruhiger, nachdenklicher Mensch, aber in mir steckt auch ein lebensbejahender Teil, der heraus will und nur einen Anstoß benötigt um sich befreien. Diesen Anstoß hast du mir sehr wohl am Anfang unserer Beziehung gegeben und er hätte auch dazu geführt, dass ich mich positiv verändert hätte, wenn nicht dein Sohn gewesen wäre. Ich wäre so gern für ihn ein Freund gewesen, wenn er mich nicht immer als Konkurrent gesehen und sein Vater ihn nicht gegen mich aufgestachelt hätte. Da ich selbst einen total autoritären Vater hatte, der mir nie ein Freund war, habe ich mir immer gesagt, so werde ich nicht. Ich hoffe, dass ich bis zum Zeitpunkt deines Geburtstages mich soweit psychisch stabilisiert habe, dass es mir nicht mehr weh tut, dir irgendwann zu begegnen.
Ich versuche Verständnis auch für deine Situation aufzubringen und nicht nur zu sehen, dass du mich verletzt hast, sondern versuche zu verstehen wie du fühlst. Hätte ich zu einem bestimmten Zeitpunkt unserer Beziehung den gleichen Schritt getan wie du es getan hast, dann hätte es dir vielleicht auch weh getan, wenn ich gesagt hätte: „Es ist ist Schluss“. Nur im Unterschied zu mir hättest du dich viel schneller gefangen, da du Gefühle viel besser verdrängen kannst als ich. Wie könnte ich mir sonst erklären, wie du mit den Lasten deiner Vergangenheit leben kannst, ohne diese aufzuarbeiten?
Mein Eintrag in deinen Kalender habe ich bereut. Aber warum war ich so dumm und habe die Auseinandersetzung mit dir provoziert, obwohl ich wusste, dass wenn ich dies nicht rückgängig mache, mit dir einen Streit am Hals habe? Vielleicht habe ich gehofft, dass du meinen durchgestrichenen Eintrag übersiehst.
Ich sitze gerade in meiner Küche, höre SWR 3 und im Hintergrund läuft Londonbeat mit „i've been thinking about you.“ Heute ist Feiertag (der 1.11.11) und dies wird bestimmt ein sehr langweiliger Tag für mich.Ich vermisse die Tage mit dir, an denen ich in der Sonne mit spazieren war. Deine Nähe und deine Umarmungen. Als du mir noch gesagt hast: „ich liebe dich“ und mich auch noch geküsst hast.
Es ist erstaunlich! Lange Zeit glaubte ich, dass ich dieses Gefühl richtig verliebt zu sein nie wieder erleben darf, aber als ich dich kennenlernte hat es mich erstaunt, dass ich dazu noch fähig war. Viel zu oft sprach mein Kopf mit dir, anstatt mein Herz. Aus Angst ich könnte es verlieren.
Heute gebe ich in deinen Augen ein jämmerliches Bild ab und du fragst dich wie bei fast allen anderen Männern auch, die du hattest, wie konntest du dich mit so einem abgeben. So hattest du dich über den Vater deines Sohnes auch geäußert. Bestimmt gibt es auch den ein oder den anderen, dem du nachtrauerst. Leider bin ich da nicht dabei. Ich frage mich immer, warum du nie so ehrlich sein konntest und mir rechtzeitig sagen, was dir an mir und meiner Entwicklung nicht gefallen hat. Du hättest doch dein Gefühl in Worte fassen können und zu mir sagen: „Du wünschst dir eine liebevollere Beziehung. Du wünschst dir einen Freund, der kontinuierlich einen Job hat und sich mehr Mühe gibt im „Wir“ zu denken.“ Ganz sicher hätte ich mir mehr Mühe gegeben, diese Ziele zu erreichen. Ich hätte dich nicht verlieren wollen.
Der fehlende S. in unserer Beziehung war mir am Schluss nicht mehr so wichtig. Die Zärtlichkeit, das Küssen und die Umarmungen haben mir am meisten gefehlt. Der Umstand, dass du nicht mehr bereit warst vor anderen zu sagen: „Das ist mein Partner und ich liebe ihn.“ Dass du nicht mehr Hand in Hand mit mir auf der Straße gehen wolltest.
Meinen inneren Frieden bekomme ich nur, wenn ich die Ereignisse der Vergangenheit mit dir aufarbeite. Durch meinen Kontakt mit deinem Ex-Mann hast du so verletzt reagiert, da ich deine Vergangenheit aufgewühlt habe, die du begraben hast, da dir die Erinnerung an deine Kindheit, deinen Vater, die Gemeinheiten deines Stiefvaters und die Erfahrungen durch die Ehe mit deinem Ex-Mann seelische Schmerzen bereitet, wenn du darüber nachdenkst. Inzwischen kann ich das verstehen. Dieser Schmerz trägst du aber weiter mit dir herum, und nur solange du ihn unterdrückst, bleibst du davon verschont. Aber irgendwann wirst du wieder mit ihm konfrontiert. Gerade deshalb, weil ich gespürt habe, dass du so eine Last mit dir herum trägst, habe ich mich mit dir stark verbunden gefühlt und hätte gern mit dir alles geteilt. Dir etwas von deiner Last genommen. Ich selbst trage ebenfalls eine beträchtliche unangenehme Kindheitserinnerung mit mir herum. Diese wiegt sicherlich eben soviel wie deine. Ja – ich bereue es immer wieder diesen Schritt getan zu haben, deinen EX zu kontaktieren, aber hätte ich wenn ich dies nicht getan hätte noch etwas retten können? Hast du nicht schon im Urlaub oder davor den Entschluss gefasst, dich vollkommen von mir zu trennen? Hätte eine freundlichere Begrüßung, als ich euch vom Reisebus abholte, etwas ändern können? Hätte sich etwas geändert, wenn ich die Spielchen deines Sohnes bis zum Ende mitgemacht hätte und nicht davongelaufen wäre, wenn es mir zu viel wurde? Hätte sich etwas geändert, wenn wir öfters abends weg gegangen wären?
Geändert hätte sich etwas wenn ich beruflich mehr Glück gehabt hätte und eine Frau hinter mir stehen gehabt hätte, die mich gehalten und mir Mut zugesprochen hätte. Glaube mir, ich leide ganz sicher unter dem Umstand, dass ich keine sinnerfüllte Tätigkeit ausübe und dass ich so wenig Freunde habe. Gern hätte ich mit dir zusammen einen gemeinsamen Freundeskreis aufgebaut. Leider haben mich deine bisherigen Freunde nicht akzeptiert. Selbst S. +J. haben Abstand genommen, obwohl ich glaube, dass du auch dazu beigetragen hast, dass die beiden nichts mehr mit uns unternehmen wollten. Ich hätte mir gern Freunde gewünscht, die etwas gebildeter als Menschen wie J. oder C. sind. Deren Lebensinhalt nicht nur arbeiten und trinken gewesen wäre.
Dass ich mich in dem letzten Jahr so grießgrämmig, traurig, auch humorlos verändert habe, dass ich mein Lachen verloren habe, ist auch die Folge des Umstandes, dass ich deine Liebe verloren habe. Dass mich die Auseinandersetzung die du immer mit deinem Sohn geführt hast und in die du mich hineingezogen hast, ausgelaugt hat.
Ich würde dir gern etwas schenken, aber du würdest von mir nichts annehmen wollen. Was ich dir geben kann, ist der Wunsch, dass du genug Zeit findest über deine Vergangenheit und vielleicht auch etwas über mich nachzudenken. Du hast einmal gesagt, du erträgst es nicht mein missmutiges Gesicht anzusehen. Dies war ja nicht immer so. Ich erinnere mich, dass wir viel zusammen gelacht haben und wir auch eine Menge freudige Momente erlebt haben. Ich werde mich sehr gern daran erinnern. Ich hoffe du auch. Ich würde mich freuen wenn es kein Abschied wäre. Wenn es die Möglichkeit gäbe, dass du bereit wärst zu akzeptieren, dass Menschen sich verändern können, dass mein Wunsch mich zu ändern von Herzen kommt und ich in deinem auch einen Platz hätte.
05.11.2011 14:07 •
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