Hallo ihr Lieben,
nach langem Überlegen habe ich mich dazu entschieden, mich hier anzumelden. Ich habe das Gefühl, mein Umfeld, das sehr für mich da ist, wünscht sich mittlerweile, dass ich weitermache, aber in vielen Momenten bin ich einfach noch nicht so weit. Ich dachte, dieses Forum könnte ein guter Ort sein, um mich mitzuteilen, also: Hallo nochmal.
Ich bin 27 Jahre alt und bin 7 Jahre lang mit meinem Freund zusammen gewesen. Fünf davon haben wir zusammen gelebt. Wir haben nach 2 Jahren einen Hund adoptiert, der für uns beide wie ein Kind ist (Kinder wollen wir beide nicht, genau wie Heiraten nie eine Option für uns gewesen ist) - im Oktober lag ich krank im Bett. Covid. Ich spürte, dass etwas nicht stimmte und schrieb ihm eine Nachricht. Wir lebten natürlich in getrennten Räumen. Aus dem Nichts (es gab keinen Streit, alles war normal, er hatte mir auf das Tablett, das er mir mit meinen Medikamenten vor die Tür stellte, noch geschrieben, dass er mich liebe usw.) sagte er, er wisse nicht, ober mich liebe und er habe sich, als er angeblich mit dem Hund im Wald gewesen ist, mit seiner Kollegin getroffen. Das riss mir wirklich den Boden unter den Füßen weg. Mein Gesundheitszustand verschlechterte sich so extrem, dass ich für eine Nacht ins Krankenhaus gebracht werden musste. In diesen 24 Stunden hielten wir den intensivsten Kontakt unserer gesamten Beziehung. Er beantwortete jede meiner Fragen, egal wie schmerzhaft. Zwischen den beiden ist nichts passiert (beide in einer Beziehung), es gab Interesse, das er nicht benennen konnte, es ging von ihr aus und er habe einfach Ja gesagt, wisse selbst nicht wieso, er wirkte sehr unsicher und aufgewühlt. Ich fragte ihn, ob er mich für sie verlassen wolle, er sagte Nein. Im Rahmen dieser langen Unterhaltung sagte er, er habe sein gesamtes Leben das Gefühl, ein Mensch zu sein, der alleine sein wolle. Er messe Beziehungen nicht dieselbe Bedeutung zu wie alle in seinem Umfeld (bei uns heiraten gerade viele und kriegen Kinder), er wolle es aber unbedingt nochmal mit mir versuchen, denn er würde es sonst bereuen. Ich willigte ein und nachdem wir über alles gesprochen haben, ergab sich für mich plötzlich ein Bild, dass ich nie von ihm gehabt habe.
In sieben Jahren hat er kaum gesprochen. Er ist ein extrem in sich gekehrter ruhiger Mensch und das wertete ich (auch wenn es mich sicher manchmal nervte) als große Qualität. In den Monaten bis zur Trennung führten wir viele Gespräche, wir waren uns so nahe wie nie, er weinte oft. Er erzählte mir, dass er sich wertlos fühle, überhaupt kein Selbstbewusstsein habe (und ich erkenne erst rückblickend wie wahr das ist. Wieso konnte ich es nie sehen? Er hat mir so oft gesagt ich würde einen besseren finden usw.) und das Gefühl habe, er verpasse etwas, wenn er nicht mal alleine sei. Daraufhin bot ich an, auseinander zu ziehen. Man muss dazu sagen: ich bin ein sehr selbstständiger, reflektierter Mensch, der vor der Beziehung alleine gewesen ist, er war davor in 2 Beziehungen, ist Einzelkind und musste nie etwas tun. Er hat es nie gelernt und ich habe, unbewusst, dieses Muster fortgesetzt.
An Weihnachten hat er plötzlich nicht mehr mit mir gesprochen. Er wirkte auf mich schwerst depressiv, so sehr, dass ich anbot, seine Eltern anzurufen, zu denen ich ein einmalig gutes Verhältnis habe. Seine Mutter ist eine meiner engsten Freundinnen. Er sagte, wenn ich das machen würde, sei er weg. An viel mehr erinnere ich mich nicht mehr von diesem Tag, nur, dass ich das Gefühl habe, mit mir selbst Schluss gemacht zu haben, denn er sprach nicht, sagte nur, er müsse das für sich tun, er müsse alleine sein, er müsse an diesen Problemen arbeiten aber das würde in der Beziehung nicht gehen. Ich respektierte die Entscheidung nicht sofort. Ich kämpfe. Im Nachhinein kann man sich fragen, ob das richtig gewesen ist, aber es hat sich in diesem Moment richtig angefühlt.
Nach Silvester sagte ich ihm, dass wir uns nur kaputt machen würden wenn wir aufeinander hocken und ging mit unserem Hund für eine Woche ins Hotel. In der Mitte dieser Woche trafen wir uns, weil er den Tag mit dem Hund verbringen wollten, in einem Cafe. Ich weinte viel, aber wir konnten auch reden. Er sagte, er spüre ein extremes Verantwortungsgefühl. Für den Hund, für mich, für alle wichtigen Menschen in seinem Leben. Wir verstanden uns gut, ich erhielt über diese Woche größtenteils no contact aufrecht, weil ich wusste, er braucht seinen Raum.
Nach der Woche holte er mich ab und zuhause sagte er, die Woche hätte ihm gut getan und er habe gemerkt, dass er genau das wolle. Natürlich das tat das sehr, sehr weh, aber es ist auch verständlich und war absehbar. Was nicht absehbar war, weil die Abmachung eine andere gewesen ist: er wollte, dass der Hund und ich schnellstens ausziehen. Ich bin finanziell wesentlich schlechter aufgestellt als er, das stellte mich vor ein Problem. Außerdem sagte er, er wolle den Hund nicht mehr und das hat mich vollkommen aus der Bahn geworfen. Er liebt diesen Hund EXTrEM, schreibt mir oft von der Arbeit, ob ich ein Foto schicke und dass er ihn vermisst, bezeichnet ihn als seinen Sohn, die gemeinsamen Spaziergänge der beiden waren ihm extrem wichtig, usw. ich übertreibe wirklich nicht. Das hat mich schockiert.
Er ist dann in seinen Urlaub gefahren (den ich organisiert habe, nach Amerika. Das wollte er sein Leben lang und als ich ihm das (aus dem KH raus) vorgeschlagen habe, hat er geweint und gesagt, dass niemand ihn so versteht und sieht wie ich) und wir hatten keinen Kontakt. Vor der Abreise hat er gesagt, er glaubt, ich schaffe es nicht alleine, ich sei für ihn im Moment kein richtiger Mensch und ob er mich noch liebe wisse er jetzt doch nicht mehr so sicher. Dann war er weg. In diesen 10 Tagen habe ich eine Wohnung gefunden und meinen auf drei Wochen später gelegten Umzug organisiert. Er schrieb mir aus dem Urlaub zweimal, weil er Fotos von Dokumenten brauchte, die er vergessen hat, was ich sehr ironisch fand nach allem, was er gesagt hat.
Dann war er wieder da. Zum ersten Mal in seinem Leben ging er mit seinen Arbeitskollegen in einen Club (er hasst es, er hasst Menschen die trinken usw.) und war erst um fünf Uhr morgens wieder da, ohne sich zwischenzeitig zu melden. Ich gebe zu, da habe ich die Nerven verloren. Er sagte, er probiere sich aus. Ich weiß, dass das irgendwie logisch ist, aber schwer zu begreifen.
Dann fuhr er mit dem Hund in den vor einem Jahr gemeinsam geplanten Urlaub. Ich wollte das so. Ich wollte eine freie Woche, wollte in Ruhe alles packen usw. - wie besprochen schrieb er mir jeden Tag um mich wegen des Hundes auf dem Laufenden zu halten.
Die 2 Wochen bis zum Umzug waren der Horror. Ich nahm 10 Kilo ab, bat ihn, mir wenigstens ein wenig zu helfen die Wohnung in Ordnung zu halten, aber er sagte, ihm sei alles zu viel, ihn belaste die Situation und dass ich so viel weinen würde und ständig das Gespräch suchte, aber ich brauchte das für mich und mache mir deshalb auch keinen Vorwurf. Ich war am Ende und alles, was mir irgendwie half, habe ich gemacht. Ich ließ meine Emotionen raus und das war mein gutes Recht, denke ich. Bis zuletzt schliefen wir jede Nacht nebeneinander.
Als der Umzug anstand, sagte ich ihm, entgegen der Vereinbarung, dass er weiter für den Hund bezahlen würde und ihn sehen könne wenn er wolle, habe ich mich für einen absoluten Kontaktabbruch entschieden. Er könne nicht sagen, dass er ihn nicht will und dann sein Gewissen auf diese Weise beruhigen. Ich fand und finde, dass er merken muss, was er getan hat und dass ihm das Vermissen nicht gelingt, wenn alles immer verfügbar bleibt. Er würde ja auch mich jedes Mal sehen und das ist etwas, das ich auch für mich nicht gekonnt hätte. Ja, ich wollte in diesem Punkt die Oberhand behalten. Ich wollte eine Entscheidung treffen, mir diese Macht zurücknehmen.
Wichtig vielleicht: wir sind mit der Abmachung auseinander gegangen, und ich zitiere seine Nachricht ich werde dich nicht einfach ersetzen. Jeder nimmt sich die Zeit für sich und irgendwann setzt man sich nochmal zusammen und spricht darüber, wie es ist. Ich nehme mir die Zeit, die ich für mich brauche und gebe dir die Zeit, die du für dich brauchst. Bevor wir uns mit jemand anderem treffen, reden wir nochmal über uns.
Diese Nachricht löste bei mir ein wenig Verwirrung aus und ich suchte das Gespräch, daraufhin sagte er, ich wusste nicht, das du denkst, ich schließe eine Rückkehr zu 100% aus, das tue ich selbst jetzt nicht und auf meine Nachfrage bevor wir uns überhaupt nach anderen umsehen oder, falls du das jemals willst, etwas eingehen, reden wir über uns? Ich will nicht, dass ich das falsch verstehe und du mich irgendwann anrufst, nur um zu sagen dass es jemanden gibt woraufhin er mir zum 10000. Mal versichert hat, er will niemanden, ihm ist das alles zu viel, er will alleine sein und sein Ding machen. Und es sei kein Abschied für immer. Als er mir den Hund übergab, sagte er auch, er sei jetzt nicht am Boden zerstört, er wisse ja, es sei nicht für immer. Wir umarmten uns und das wars. Das ist jetzt zwei Wochen her. Ich habe das no contact einmal gebrochen, weil der Hund ein Magengeschwür entwickelt hat (da sollte ich mich melden, das war abgesprochen) und natürlich konnte ich nicht sofort auflegen, sondern fragte ihn, ob er sich das mit der Kollegin (die sich von ihrem Freund getrennt hat) wirklich mal hat durch den Kopf gehen lassen und er sagte, er habe mir das schon beantwortet, dass würde nicht passen und vor allem, viel wichtiger, er will das alles gar nicht. Die Abmachung bliebe bestehen. Ich sagte ihm, dass ich ihm vertraue und halte mich bisher an den von mir gewünschten Kontaktabbruch.
Ich weiß(!), es geht nur mit Geduld. Ich habe Angst, dass er mich niemals vermisst. Ich bin, wie gesagt, extrem reflektiert und kam für mich immer an erster Stelle, mir mangelt es nicht an Selbstliebe und deshalb konnte ich ihn auch immer lieben. Ich war nicht mit ihm zusammen, weil ich musste, sondern weil ich ihn wollte. Ich habe ihn unterstützt und viel in diese Beziehung gegeben. Ich würde sagen 70% kamen von mir, 30% von ihm. Ich bin ein lebensfroher Mensch gewesen, habe meine Probleme in einer Therapie aufgearbeitet, habe Sport gemacht, viel Zeit und Liebe in Freundschaften investiert, war auch alleine glücklich, fuhr alleine in den Urlaub, ging auf Veranstaltungen usw. Natürlich bin ich gerade in einer Phase, in der ich eher depressiv bin, aber ich möchte ja ein Bild von meiner normalen Version vermitteln. Und weil alle immer sagen: jetzt hast du mal Zeit, dich auf dich zu konzentrieren und ich weiß gar nicht, was ich mehr machen soll, ich war komplett zufrieden. Ich habe ihm immer denselben Freiraum gelassen, was er auch wieder und wieder gesagt hat, nur dass er sich selbst nicht erlauben konnte, ihn zu nehmen. Das kann er erst jetzt.
Was glaubt ihr, ihr lieben fremden Menschen im Internet, wie stehen die Chancen, dass er diese Zeit braucht (und definitiv auch kriegt, ich gehe von Monaten bis zu einem Jahr Minimum aus) und realisiert, dass ich gut für ihn gewesen bin? Er hat 100000 mal gesagt, ich sei nicht schuld, ich habe alles getan, er wisse das, er habe es nicht annehmen können. Wenn ich ihm Komplimente gemacht habe, sagte er: Danke, aber das kommt nicht bei mir an. Und wisst ihr, ich gebe mir auch mittlerweile keine Schuld mehr. Dennoch würde ich mich freuen, eine Chance zu kriegen. Die Zeit werde ich nutzen, an meinem Bindungsstil zu arbeiten und mich wieder zu finden. Und auch zu reflektieren, was an dieser Beziehung für mich vielleicht nicht gut gewesen ist. Siehe Kommunkation.
Ich würde gerne eine Einschätzung von Menschen hören, die außenstehend sind. Die mehr Lebenserfahrung oder Beziehungserfahrung haben als ich. Ich hoffe, es ist okay, wenn man so lange Texte schreibt, wenn nicht, tuts mir leid! Entschuldigt bitte auch die Rechtschreibfehler, ich bin heute eher aufgewühlt und auch nervös, das hier zu teilen.
Liebe Grüße und einen schönen Sonntag euch!
19.02.2023 14:32 •
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