All diese Gefühle und Situationen hatte ich auch. Auch ich bin den einen oder anderen Tag nicht mehr zu arbeit gegangen, weil es einfach nicht mehr ging; hing den ganzen Tag im Bett. Dann habe ich mir die Lauf- oder Wanderschuhe angezogen und bin einfach raus und losgezogen. Irgendwann kam ich dann wieder und hatte Lust auf etwas besonderes zu Essen, was ich ich mir dann gemacht habe. Es hat nicht so gut geschmeckt, wie ich es gewünscht habe, aber es war etwas Neues. Durch mein Umherirren im Ort und im Umkreis habe ich neue Leute kennengelernt und neue Rituale eingeführt, z.B. hole ich mir die Eier jede Woche von einem Bauern, gehe 1x im Monat zum Imker einkaufen, wandere zu meiner Mutter oder zu Arbeitskollegen mit einer Flasche Wein im Gepäck. Später konnte ich wieder mit zu Kneipentouren und auch mit meinen Kindern ins Kino, wo ich mit meiner Ex hunderte male war.
Die Gedanken sind oft in der Vergangenheit und oft habe ich mir die Frage nach dem Warum gestellt. Die Schmerzen waren da und auch die Antriebslosigkeit. Jedoch fühle ich auch eine Art Belohnung, wenn ich mir selber in den Ar. trete und lebe, ICH lebe ...
Je mehr ich lebe, desto intensiver wird die Zeit mit meinen Kindern, aber auch mit Freunden und Bekannten. Diese Intensität hatte ich lange Zeit nicht mehr und darum frage ich mich immer mehr, habe ich in der Ehe noch wirklich gelebt oder nur funktioniert?
Richtig zurück bin ich - wie gesagt - auf dem Jakobsweg gekommen. Dort haben auch einige eine ähnliche Geschichte. Aber dieser lange Weg, diese alltäglichen Rituale, die Landschaft, die Leute, ja auch die Schmerzen gaben mir etwas neues. Es hatte etwas wie eine Reinigung und viele sagten, ich bin als ein anderer Mensch zurückgekommen. Seit dieser Wanderung ist es mir egal, ob meine Ex bereut. Ich bin mittlerweile sogar manchmal dankbar, dass es so gekommen ist. Vielleicht wäre ich auch in der Ehe in eine tiefe Depression gerutscht und hätte die nächsten viele Jahre existiert, aber nicht gelebt. Zum Leben gehören wohl auch diese unerträglichen Schmerzen, aber auch der Blick für die kleinen schönen Dinge, die ich als Glück empfinde.
All das mag für viele hier kein Trost sein, aber haltet durch, verschließt Euch nicht, aber lebt die Trauer aus.
Die Zeit heilt wirklich einiges und auch dieses Forum hat mir oft geholfen, darum bin ich immer noch hier.
Ich weiß ja selber nicht, ob ich über´m Berg bin. Was wird passieren, wenn ich in ca. 6 Wochen die Scheidung einreiche, wenn ich meiner Ex dann den Ehering vor die Füße werfe, wenn meine Kinder aus dem Haus raus müssen? Ich weiß es nicht, aber das ist eine ungewisse Zukunft und ich lebe Jetzt.
Ich habe gerade spontan Coldplay-Karten gekauft und werde eine davon meiner Tochter unterm Weihnachtsbaum legen. Ich freue mich riesig darauf, ihr Gesicht zu sehen und dann mit ihr loszuziehen.
Davor hatte ich auch einen Tiefpunkt, als ich die Kinder zurück zur Ex gebracht habe und sie mir dann direkt geschrieben haben, dass der Next wieder im Haus sei. Sie können ihn nicht ausstehen. Überall sind geschmückte Häuser und gebastelte Sachen in den Fenstern. Das tat mir weh, aber es geht weiter.
13.12.2015 22:34 •
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