Guten Morgen, Cube, du ziemlich coole Socke,
also, ich sag's nicht gerne, aber ich bin wohl eine Variante deiner Holden...
Niemals in unserer Wohnung... um Gottes Willen, ich wäre gestorben vor schlechtem Gewissen, wenn mein Mann sich danach ahnungslos neben mich in unser Bett gelegt hätte , und das Körperliche stand sowieso nie an erster Stelle, kam nur wenige Male vor, aber das macht es nicht besser, denn ich war emotional völlig neben der Spur.
Ich liebe zwei Männer, das habe ich damals so empfunden und geglaubt.
Als es dann mit Pauken und Trompeten aufflog (mein Heini hat mit Suizid gedroht und angekündigt, seiner Frau einen Abschiedsbrief zu schreiben, in dem er seine Liebe zu mir aufdeckt), stand ich also da als die Böse.
Davor habe ich die vier Monate damit verbracht, in den Spiegel zu schauen und damit klarzukommen, dass mir eine Frau entgegenschaut, mit der ich nie hätte befreundet sein wollen. Ich, die ich mich als immer ehrlich empfunden habe und auch so wahrgenommen wurde, konnte plötzlich lügen. Ein doppeltes Spiel spielen. Immer in dem Wissen, dass bald alles auffliegen kann, und trotzdem wollte ich nicht damit aufhören.
Dann endete es in dem Desaster, und ich musste mit all diesen widersprüchlichen Gefühlen klarkommen. Hatte Schuldgefühle meinem Mann und unserem kleinen Sohn gegenüber, vermisste meinen Heini, denn eine totale Kontaktsperre folgte, musste mir diverse Standpauken meiner Familie und von unseren Freunden anhören, ach, das war so ätzend.
Mein Mann blieb. Immer wieder war er kurz davor, das Handtuch zu schmeißen.
Ein weiterer Unterschied zu deiner Holden: Wir redeten. Ich versuchte mich zu erklären. Es war schmerzhaft, ich schämte mich, ich tat ihm mit der Wahrheit weiter weh, auch wenn er es genau so wollte. Ich war auch gereizt und wütend, weil ich mich natürlich überhaupt nicht wohl fühlte in der Rolle der Täterin, ich war doch immer so lieb und so nett und wieso durfte ich nicht lieben, wen und wie ich wollte? Ich war oft wie ein bockiges Kind, dem sein liebstes Spielzeug weggenommen worden war.
Wir blieben zusammen, der Riss heilte nicht.
Die ganze Geschichte mit meinem Heini ging fast 6 Jahre. Immer wieder monatelange Kontaktsperre, während der ich ihn vermisste, was mein Mann spürte. Immer wieder nahm Heini Kontakt zu mir auf, der je nachdem einige Tage, Wochen oder Monate hielt. Nie mehr körperlich, wir gingen spazieren oder was essen. Wie schlimm das für meinen Mann und die Frau von Heini war, dämmerte mir, aber ich fühlte mich so zerrissen. War so was von bedürftig und projizierte alles Mögliche auf Heini. Weit entfernt von jeglicher Realität.
Mein Mann warf irgendwann das Handtuch und läutete das Ende unserer Beziehung mit einer eigenen Affäre ein. Und verließ mich. Absolut berechtigt.
Vielleicht hätte ich, wäre er wie du sofort ausgezogen, mich schneller mit meinen Defiziten auseinandergesetzt. Wenn ich plötzlich eine Alleinerziehende gewesen wäre.
So machte ich während dieser Jahre eine Therapie und nahm Antidepressiva. Aber wirklich voran brachte mich das nicht.
Als es dann endgültig vorbei war, konnte ich es endlich klar sehen: meinen Egoismus. Meine Egozentrik. Die lange Weigerung, mich mit meiner Verantwortung auseinander zu setzen, dass ICH meinem Mann so weh getan habe, dass ICH unsere Ehe zerstört habe, dass es immer nur um MEINE Bedürfnisse ging. Meine Unreife. Mein Selbstmitleid.
Ich räumte endlich in mir auf.
Ich habe es all die Jahre mit meinem Mann zusammen versucht und bin ihm unendlich dankbar dafür, wie er durchhielt. Aber es gelang mir erst im Alleinsein nachhaltig.
Und jetzt?
Wir leben immer noch getrennt. Telefonieren täglich. Es geht nicht nur um unseren Sohn. Wir sprechen über seine Gefühle zu seiner Freundin Plus (seine Affäre ist schon lange Geschichte) und über meine mit meiner lockeren (treuen, aber nicht sehr engen) Beziehung.
Heini verließ irgendwann seine Frau für ein junges Ding, das genauso alt wie seine Tochter war und ihm die Hölle heiß machte. Wohnt jetzt in einer Art WG wieder mit seiner Frau. Auch wenn es unglaublich klingt, bin ich mittlerweile mit ihm und seiner Frau befreundet.
Vielleicht... ganz vielleicht... kommen mein Mann und ich irgendwann wieder zusammen. Vielleicht bleiben wir auch nur die besten Freunde, die wir gerade sind.
Lieber Cube, bleib bei deiner Linie. Und bleibe es für Monate. Vielleicht nutzt deine Frau die Zeit, eine gnadenlose und für sie nicht sehr schmeichelhafte Bilanz zu ziehen. Sich über ihre Unterwäschebildchen und süßen Selfie-Schnuten hinweg blickend ihrer eigenen inneren Hässlichkeit zu stellen. Das tut weh. Das ist peinlich. Wer will sich schon freiwillig als A..loch bezeichnen. Wir wollen alle unsere Handlungen als gut und richtig rechtfertigen.
Sie kann dadurch reifen. Oder sie bleibt oberflächlich und lässt sich lieber von Heini oder einem anderen Horsti trösten und ihr Ego aufpumpen, weil sie eine höllische Angst vor dieser Selbstabrechnung hat.
Die Zeit wird es zeigen. Du machst jedenfalls alles, wirklich alles richtig. Ich wünsche dir viel Kraft für die nächste Zeit. Ich bin mir sicher, dass auch dein Weg eine Menge Schätze der Selbsterkenntnis bereithält.
Lieber Gruß von Aprilrose
29.04.2017 07:41 •
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