Ich mag, wie er aussieht. Vor allem, wenn er glücklich ist- dann hat er beim Lächeln Grübchen.
Wenn er mal wieder im Bann der wilden Hormongang ist, würde er mir gerne im Schuppen eine Töpferwerkstatt bauen und ich zöge dann einfach bei ihm ein, fertig. Das ist eine klasse Idee, hab ich gemeint, vor allem weil wir uns auch schon ewig kennen, hust. Und dann im Nordosten Englands, brr. Du könntest jeden Tag zum Strand radeln, meinte er.
Weißt du auf was ich mich freue, hab ich gefragt. Meine eigene Wohnung, mein Leben samt Scheidung mal ordentlich sortiert- und du kannst mich besuchen und mal wieder in der Rheinebene bei 35 Grad mal bisschen schwitzen. Und mich besser kennen lernen.
Wenn der Zeckerich jetzt vor der Tür stände, mit Entschuldigung und was nicht alles, würdest du wieder zu ihm zurück, hat er gefragt.
Ich war ja nie richtig bei ihm angekommen, meinte ich. Irgendwie hab ich ständig gewartet, dass wir richtig zusammen sein können.
Ich vermisse vielleicht manchmal eine Zukunft die nie machbar war für ihn und mich, macht das Sinn, hab ich gefragt.
Nicht so recht für mich, hat er gemeint.
Weil du nie eine Affäre hattest, hab ich gemeint.
Nee, hat er gemeint. Ich hab mit 18 geheiratet und war mit 50 geschieden und seitdem hatte ich zwei Freundinnen. Naja, und jetzt dich.
Wieviel Beziehungen hattest du eigentlich, hat er gefragt. Öhm, bisschen mehr, hab ich bescheiden erklärt.
Aber ich hatte noch nie einen riesigen Schotten mit rasiertem Schädel, Dreitagekratzbart und tollen Beinen. Und Hund!
Also bin ich nur etwas Exotisches für dich, hat er gemeint, wie ein Thaigirl oder so? Uaaah, hab ich gesagt, genau, das trifft es sooo haargenau. Depp.
Eine frühere Nachbarin hat mich besucht und neugierigste Fragen gestellt, wo ich so war und wie es mir geht und was ich so vorhabe. Sie war früher immer so bisschen neidisch auf unsere Ehe/ Familie/ Haus, glaube ich und meine Trennung hat sie damals schwer erstaunt.
Und ich hatte keine sonderliche Lust, ihr so von mir zu erzählen.
Und ich hab festgestellt, ich wollte nicht mit ihr tauschen- tolles Haus, Mann verdient Kohle ohne Ende, Urlaube hier und Kurztrips dort...
Ich glaube, ich bin eher gespannt auf das, was bei mir so kommt.
Und manchmal bin ich total nervös oder fühle mich überfordert oder auch mal einsam und all das neue Leben fühlt sich fremd und komisch an- aber ich möchte es nicht mehr hergeben, hab ich festgestellt.
Ich freu mich auf die Kollegen in der Töpferei am Montag und bisschen auf die neue Stadt. Auf die WE in denen ich hier das Haus auf Vordermann bringe. Auf den Schotten im Herbst. Auf Winter und Kälte und dass ich dann endlich wieder meine Lieblingsstiefel anziehen kann.
Auf Gerichte, die ich kochen will.
Auf Tage mit den Kids.
Auf neue Hörbücher.
Auf Bilder, die ich malen will und Skulpturen die ich modellieren möchte.
Auf Briefe die ich schreiben werde.
Auf neue Menschen in meinem Leben.
Am meisten auf all das Neue, auch wenn es mir oft noch ziemlich Angst macht.