Lieber Zira,
nein, mein Kopf schüttelt sich überhaupt nicht .
Da versuchen hier zwar ´ein paar nette Onkels und Tanten´, ´den kleinen´ Zira davor zu bewahren, auf die heiße Herdplatte zu fassen, aber patsch!, das hat ´Väterchen´ timeless sehr wohl vorausgesehen: Jedes Kind muss einmal drauffassen, um zu WISSEN, dass es heiß ist (ich hoffe, Du/Ihr verzeihst/verzeiht mir dieses Bild).
Wenn die Menschen nur nach dem Verstand und der Vernunft handeln würden, dann würde ja auch niemand rauchen, weil wir alle wissen, dass das die Lebenserwartung um 15 Jahre senkt und für sämtliche nur erdenkliche Krebsarten mitverantwortlich ist. So sind Menschen nun mal einfach nicht. Man kann andere nicht davor bewahren, ihre ´Fehler´ selbst zu machen.
Ehrlich gesagt tut es mir auch gerade ein bisschen Leid für all die Verlassenen, die wegen eines anderen gerade verlassen wurden und die das hier grade mitlesen ´müssen´ und sozusagen eine Geschichte live miterleben, die dann vielleicht genau zu dem führt, was sie selber als Leid-Tragende gerade erleben. Ich kann mir gut vorstellen, dass das schwer zu ertragen ist, wenn man gefühlsmäßig gerade auf der anderen Seite steht. Und aus vielen Worten höre ich auch raus, dass es offensichtlich sehr schwer ist, nicht nach einem Sündenbock zu suchen (ich will mich da gar nicht ausnehmen). Da die Frau hier selbst nicht zu Wort kommt - ich bin mir sicher, sie wird die Situation wieder auf ihre ganz eigene Weise erleben und es sich sicher auch nicht leicht machen, das klingt ja schon aus Deinen Worten heraus -, ist es leichter, sie zum ´Buhmann´ zu machen. Sie kann sich ja hier nicht ´wehren´ / hier nicht Stellung beziehen. Vielleicht ist Deine Geschichte ja auch eine Chance, einen Einblick in die andere Seite zu bekommen. Bringen Schuldzuweisungen überhaupt etwas?
Aus den wenigen Worten, die Du über sie schreibst, kriege ich ein Bild, als wenn sie eher ein gefühlsbetonter Mensch ist, der mehr aus dem Bauch heraus handelt ... und vielleicht erst im zweiten Schritt reflektiert. Meine beste Freundin hat sich pengwum nach über 20 Jahren Beziehung - und sie liebt ihren Mann wirklich! - im Urlaub in jemanden verliebt und plötzlich wurde alles in Frage gestellt. Wer ist davor gefeit?
Ehrlich gesagt glaube ich noch nicht, dass das bei Dir schon das letzte ´Wort´ war. Und ich habe auch den Eindruck, dass ´unsere´ Worte noch so weit von Deiner eigenen Realität entfernt sind, dass Du Dir das gar nicht recht vorstellen kannst, wohin das führen kann. Deswegen kann ich es mir nicht verkneifen, doch noch ein bisschen dazu zu schreiben:
Ich kann Musics zwar sehr appelliernde, aber auch sehr anschauliche Worte ganz gut nachvollziehen. Wenn für Dich ein kurzes ´Techtel´ auch okay wäre ... nun denn. Aber wenn Du für Dich selbst wirklich an eine Beziehung denkst, das Dein Wunsch ist, dann finde ich stellt Music genau die richtigen Fragen, die Dir vielleicht im Moment noch sehr fern sind: Als ich geschrieben habe, dass uns der Alltag irgendwann eingeholt hat, bedeutete das zum Beispiel, dass es manchmal zwei Wochen oder länger keinen Abend gab, wo wir uns auf Grund der ganzen Alltagsverpflichtungen inklusive Kind mal als Paar alleine sehen konnten. Ich habe mich mit dem Kleinen supergut verstanden. Trotzdem konnte ich mich damals nicht für ein Leben voll integriert mit Kind entscheiden. Und ich denke, das ist notwendig, damit es überhaupt funktionieren kann. Sonst wird es immer Eifersüchteleien geben (´Warum hast Du nicht mehr Zeit für mich?´ ´Warum geht das Kind immer vor?´ etc.).
Ich kenne Patchwork-Familien, in denen das nach anfänglichem Zusammenraufen ganz gut klappt, weil beide eine Familie wollen. Aber das ist die Voraussetzung. Deswegen ist diese Frage so wichtig und wenn Du für Dich eine Antwort darauf finden würdest, könnte es vielleicht eine Hilfe sein, mit der Situation umzugehen ... und einiges Leid ersparen (Jazzys Missionierungseifer ist wirklich nicht zu bremsen ). Nachdem ich diese Erfahrung gemacht hatte, konnte ich diese Frage beantworten. Ich habe danach noch mal einen Mann mit Kind kennen gelernt und diese Erkenntnis hat mich von der Situation gleich Abstand nehmen lassen, weil ich wusste, dass es nicht funktionieren wird. Damit habe ich auch mir selbst Leid erspart.
Und auch hier wiederhole ich nur Musics Worte: Ein Paar, das gemeinsam ein Kind in die Welt setzt, hatte eine gemeinsame ´Vorlaufzeit´ für sich allein. Es konnte eine gewisse Zeit als Paar alleine verbringen, viele schöne Dinge miteinander erleben (Urlaube etc.), sich kennen lernen, zusammenwachsen. Du wirst diese Chance mit dieser Frau nie haben! Du purzelst da in eine ´fertige´/ schon bestehende Situation hinein. Das ist viel schwerer und von Anfang an eine Zerreißprobe für die gerade erst beginnende Beziehung. Wärst Du bereit, sie von Anfang an mit so vielen Menschen zu teilen? Ich war dazu zu egoistisch. Ich glaube, das muss man wirklich wollen. Man muss Bock auf Kinder und all das bunte Treiben rundherum haben. Es ist nett und macht Spaß, mit den Kleinen zu spielen, wenn man die gern hat. Du bist ja auch anfänglich in der Situation, dass du wieder gehen kannst . Aber es werden eine Menge zu organisierender Dinge / Herausforderungen auf Dich zukommen, immer wieder unvorhergesehene Dinge passieren, die Eure gemeinsame Planung zunichte machen. Ihr werdet wenig Zeit für Euch haben. Auch wenn Du nicht der Vater bist ... Du wirst viel Zeit mit den Kindern verbringen und dabei auch an Deine eigenen Grenzen stoßen, die Kinder werden über Deine Grenzen latschen. Du musst einen Weg finden, damit umzugehen. Du bist nicht der Vater und hast eine andere Rolle. Trotzdem hast Du ein Recht, für Deine Grenzen zu sorgen. Es wird vielleicht Auseinandersetzungen geben, weil es Deiner neuen Freundin nicht passt, wie Du mit den Kindern umgehst / Ihr vielleicht eine unterschiedliche Art habt, mit Kindern umzugehen. Es gibt von Anfang an viel Konfliktpotenzial.
Wie wirkt das auf Dich, wenn Du das liest und versuchst, es Dir vorzustellen?
So, ich mach mal ´nen Punkt
Es wäre schön zu hören, wie es bei Dir weitergeht.
Viele Grüße
Jazz
04.01.2005 13:12 •
#40